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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 22.1904

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Die Franzosen in Waldsee und Umgegend im Jahre 1796
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https://doi.org/10.11588/diglit.18334#0067

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von Wein und befrachtet mit Bellte ver-
ließen sie Waldsee am Abend; eine
andere Pationille erschien schon wieder am
kommenden Morgen. Fünf Mann von
derselben eilten sogleich ans den Lieb-
frauenberg, erbrachen die Sakristei der
Kapelle daselbst, zertrümmerten die Kästen
und stahlen drei Kelche nebst den Patenen :c.
Dann zogen sie über Steinach in das
Reichsstist-Weingartensche Dorf Möllen-
bronn, plünderten dort einige Häuser
ans und schössen 15mal auf den Müller
Becht inger, der als Mann sein Eigen-
tum verteidigte, doch ohue ihn zu treffen.
Ueberdrüsfig dieser barbarischen Mißhand-
lung, ergriff endlich der Müller sein Haus-
gewehr, schoß einen der Plünderer tot,
einem andern aber ein Bein ab und jagte
die übrigen in die Flucht. Indessen hausten
jene, welche in der Stadt zurückgeblieben
waren, kaum besser, schwelgten im Ueber-
flusfe, stahlen den Vorübergehenden die
Uhren aus den Tasch^i, zwangen unter
dem Verwände, für bares Geld einzu-
kaufen, einige Handelslente zur Eröffnung
der Läden, wählten, was ihnen gut dänchte,
und warfen dann Mandate und Assiguate
dafür hin. Bis zum 7. August streiften
täglich bald republikanische, bald Conteesche
Patrouillen durch die Stadt. Endlich ve>-
ließen die Legionen der Emigranten diese
Gegenden, und der Vortrab der Kolonne
des Divisionsgenerals Feriuo rückte
unter der Anführung des Generals Abba -
tncci d. j., 4V0O Manu stark, in
Waldsee ein. Nicht nur diese, sonder»
anch die zahlreichen Vorposten mußten jetzt
von der Stadt verpflegt weiden. Eine
Lieferung von 15 OVO Pfund Brot, 4gv()
Flaschen Wein?c. eröffnete die Reihe der
Lieferungen, die nun Schlag auf Schlag
folgten und desto drückender waren, da
die Ränbereien der Franzosen selbst jede
Zufuhr au Schlachtvieh, Getreide:e. ans
der Nähe hiuderteu. Wer in die Hände
der Vorposten fiel, ward ausgeplündert.
Den Landleuten, welcke in die Stadt gehen
wollten, riß mau die Schuhe uud Strümpfe
vou deu Füßen und die Kleider vom Leibe.
Sogar jene Pferde und Wagen, welche
Wein uud audere Lebensbedürfnisse znr
Verpflegung der Truppen selbst brachten,
wurden beraubt, hinweggeuommen, und die
Eigentümer waren gewöhnlich gezwungen,

dem Heere mehrere Wochen zu folgen uud
dann erst noch mit barem Gelde sich los-
zukaufen. Nicht zufrieden mit der ge-
wöhnlichen Bewirtung, forderten die halb-
nackten Nüter der Freiheit noch nach der
Mahlzeil Fische, Butter, Käse?c. in reich-
lichem Maße, sielen, wenn man ihnen
dieses nicht zu geben vermochte, über die
Wirte und Anfwärter her, mißhandelten
sie mit Schlägen, Stößen, drohten ihnen
mit dem Tode und endeten mit der Plün-
derung der Küchen und Keller. Die Füt-
terung ward so sehr verschwendet, daß
manche Familie an diesem einzigen Tage
den ganzen Wintervorrat verlor. Am
8. August verließ der zügellose Vortrab
die Stadt, uud Feriuo erschien selbst mit
dem Hauptkorps. Früher schon war der
Generaladjntanten-Adjnnkt Bert hold an-
gekommen, um die Quartiere für den Ge-
neralstab zu besorgen. Die Roheit, mit
welcher d'.eser unzestalte Schacher sich be-
trug, hatte keine Grenzen. Dem Bürger-
meister drohte er den Kopf zu spalten,
bloß, weil dieser ihm zur Aufnahme ein
Quartier angezeigt hatte, welches nicht nach
seinem Geschmack war, obgleich man kein
besseres in der Stadt finden konnte. Jedes
Wort war mit den Flüchen eines Troß-
bnben und mit den Gebärden eines Toll-
häuslers begleitet. Erst da änderte er den
Ton, als man ihm ein Opfer von
15 Louisd'or brachte, welche sein Be-
dienter, ein Kerl mit einer wahren Galgen-
physiognomie, auf eine eben nicht sehr feine
Weise negoziiert hatte. Der Troß der
anderen Offiziere erpreßte ohne Umstände
Beinkleider, Schuhe, Stiefel, Strümpfe,
weiße Wäsche zc., und der Stadtkomman-
dant Priuy versprach, nicht eher gute
Maunszncht zu halten, als bis mau ihn und
seinen Bedienten, der in die tiessteu Ge-
heimnisse der Kunst, zu prelleu und zu
grippeu, eingeweiht war, beinahe ganz ueu
gekleidet hatte. Audere requirierten eine
große Menge von Kochgeschirren, Schüsseln,
Glasern, mitunter anch von Lebensbedürf-
nissen für Korps, welche in der Nähe der
Stadt gelagert seien, taten aber ans die
Lieferung Verzicht, wenn mau, was eigent-
lich ihr Zweck war, die Gegenvorstellungen
mit einigen Goldstücken oder Talern be-
gleitete. Unerachtet die Unterhaltung der
schwelgerischen Truppe» und ihrer Pferde
 
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