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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 22.1904

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Die Franzosen in Waldsee und Umgegend im Jahre 1796
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https://doi.org/10.11588/diglit.18334#0070

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Oberamt Altdorf vom 30. Januar 1797
cinen Beleg, des Inhalts : „Joh. Hund,
zum Spie gl er (ein Weiler in der Ge-
meinde Schindeldach), ist einer von den-
jenigen, welche von den Franzosen am
meisten gelitten haben. Sie raubten ihm
alle Pferde, fast sämtlichen Früchtevorrat,
Schmalz, Hausfahrnis und 3000 fl. Geld"
(grast. KönigSeggfches Aich v in Anten-
dorf; s. auch „eine Episode aus der fran-
zösischen Invasion :c." im „D. A." XIII,
1895, S. 167—169). Entsetzlich hausten
sie in der Prämonstratenser-ReichSabtei
Schn^senried, in deren Nähe — so
am Federsee, dann am Olzrenter See
(nach anderen am Niclas-See) — sie
hauptsächlich an dem deshalb in ganz Ober-
schwaben heute noch wohlbekannten „Nosen-
kranzsonntag" (2. Oktober 1796) ver-
schiedene Gefechte, zum Teil auch gegen
die „Condeer", lieferten (f. anch Günthert-
Pflug, „Erinnerungen zc.", I, S. 49<50)>
— Pflng hat auch verschiedene dieser Ge-
sechtsscenen im Bilde festgehalten, so
namentlich ein im Besitze des Grafen
Nenttner v. Weyl in Achstetten befind-
liches Stück: „Rückzug der Franzosen aus
Schwaben i. I. 1796"; wohl aus der
Bussengegend (?). Der Prälat Siard II Berch-
told war wohlweislich schon einigeZeit vorher
nach Tirol geflohen; nun trieben sie in
den Klosterräumen greulichen Unfug. U. a.
mußten die Mouche ihneu „Bock stehen",
in den großen Kellern ließen sie, nachdem
sie sich toll nnd voll gesoffen, mutwilliger-
weise den Wein lausen. Diese Ortschaften
uud Kämpfe finden sich wohl meist alle
bei Thiers', »lüstoire cie revolution
fr!m?aise etc.«, 22. Ausgabe, tom. II
S. 334 u. s. w., IZiuxelles, soc.

Ad. Wahlen u. Komp.,
erwähnt, aber vou deu zahllosen, dnrch
seine Landslente in Oberschwaben verübten
Schandtaten steht natürlich nichts darin!
In dem nahen, damals dem Benediktiner-
kloster St. Georgen in Villingen gehörigen,
in der Jurisdiktion der Landvogtei Schwaben
gelegenen Pfarrdorf Ingoldingen plün-
derten sie vom 2. bis 4. Oktober und ver-
brannten den größten Teil der geranbten
Kleider, Betten, Gerätschaften. Dann be-
gingen sie, meist in der Trunkenheit, Aus-
schweifungen aller Art, vor welchen die
Natur sich entsetzt, schändeten Kinder und

Greisinnen. U. a. drangen sechs bis acht
Volontäre in das Haus des Bürgers Jakob
Fürst ein, griffen die Gattin desselben
an nnd drohten, sie zu ermorden, weun
sie sich weigern würde, ihrem Willen sich
zu unterwerfen. Allein die rechtschaffene,
wackere, unerschrockene Bäuerin schlang die
Arme um ihren Mann nnd sagte: „Diesem
habe ich Treue geschworen. Mit diesem
will ich leben und sterben. Hauet zu!
Eher sollt ihr mich töten, als mich un-
treu macheu." Mit nervigem Arme
schleuderte sie dann die Wüstlinge hinweg
und eutsloh. Aber jetzt beschlossen diese,
sich zu rächen. Sie züudeten das Haus
an, und schnell ward es mit allen Ge-
rätschaften, allein Segen der Ernte ein
Raub der verheerenden Flammen. Nur
das Vieh konnte gerettet werden. Drei
andere Hänser hatten das gleiche Schicksal,
und der Schaden, welchen diese Gemeinde
nebst dem dazu gehörigen kleinen Dorfe
T(D)egernan erlitten, beträgt an Re-
quisitionen 3932 fl., an Plündernngen
29 086 fl. 4 Kr., an Verheerungen dnrch
Brand 9755 fl. 2 Kr., zusammen
44 824 st. 6 Kr. Keine Spnr von Sitt-
lichkeit, von Menschengefnhl war über-
hanpt nnter diesen Wilden zu finden!
Aehnlich trieben sie ihr Unwesen in dem
nahen Mittelbiberach, einem frei-
herrlich v. Ulmischen Pfarrdorf bei Bi-
berach an der Riß. Als der Ober-
general Morean daselbst sich be-
fand, gab er dem Oberamtmann Herz er
mit einen Handschlage die feierliche
Versicherung, „daß das Eigentum der
Herrschaft, des Beamten uud der Be-
wohner nicht verletzt werden sollte". Meh-
rere Stabsoffiziere -waren Zeugen dieser
Versichernng. Sie ward im kleinen er-
füllt, wie die Waffenstillstandsverträge im
großen. Denn nach dem Treffen am
Federsee am 2. Oktober 1796 stürzten die
französischen Räuberbanden abends nm
6 Uhr iu das Dorf, plünderten alles,
vom Schloß bis auf die Hütte des ärmsten
Landmanns, rein aus, verbrannten von
der geraubten Habe das, was sie nicht
mit sich fortschleppen konnten, zwangen
Kinder von 10 und Greisinnen von
72 Jahren, ihrer unmenschlichen Wollnst
sich preiszugeben, und zeigten sich über-
haupt als Ungeheuer, die die Hölle über
 
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