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Beck, Paul [Editor]; Hofele, Engelbert [Editor]; Diözese Rottenburg [Editor]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 24.1906

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Neher, Alfons: Gegenreformation in der Propstei Ellwangen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18485#0034

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die Fastenzeit Simon Granlokins und
Mathias Friccinö, in, Advent wieder
Friccins und Felix Walserus. So oft
Jesuiten kamen, Pflegte Wvlfgang ihnen
zu beichten und mit ihm auch seine sämt-
lichen Verwandten, Beamten, Geistlichen
und die vornehmsten Bürger der Stadt. Wie
notwendig diese Missionen waren, beweist
allein der Umstand, daß viele, die 16 Jahre
und darüber zählten, noch nie gebeichtet
halten. Doch war der Zulauf ungemein
zahlreich. Den Eltern, die ans irgend
einem Grund die Predigten nicht anhören
konnten, erzählten es die Kinder, was sie
heute gehört, wenn sie nach Hanse ge-
kommen. Erstaunt über diese herrlichen
Erfolge, versprach der Stadtpfarrer dem
Propst, nie mehr zu ruhen, Christi Geist
in den ihm untergebenen Seelen zu
pflegen.
Ans Wvlfgang von Hausen folgte
C h r i st vph v o n W est er stetten, 1602
bis 1610, Dekan der Eichstädter Kathedrale,
der der Liga angehörte. Alsogleich schrieb
er eigenhändig an den Rektor zu Dil-
lingen, man möchte ihm auf Allerheiligen
zwei Patres senden. Dieser Propst war
es übrigens, der den Grund legte zum
ständigen Aufenthalt der Jesuiten in ElU
wangen, bevor er znm Bischof von Eich-
städt postuliert wurde. Als eben die
Jesuiten in Ellwangen sich anfhielten,
da ward eines Tages der betagte Vater
des Propstes ohnmächtig im Sessel ge-
funden. Schnell wurde der Propst ge-
rufen, der mit den Jesuiten zu Tische saß.
In der Aufregung vergaß alles ob der
Sorge für des Patienten körperliches Wohl
ans das Heil seiner Seele bedacht zu
sein, bis bald darauf auch die Patres
eintrasen und sich bemühten, den Greis
mit den heiligen Sakramenten zu ver-
sehen. Doch genas er bald wieder, so-
weit es bei solch alten Leute» möglich ist.
Dieser Dienst, den die Jesuiten seinem
Valer erwiesen, gefiel dem Propst so
wohl, daß er jährlich nach dem Bei-
spiel seiner Vorgänger 200 Gulden nach
Dillingen sandte zur Bestreitung der
großen HanshaltnngSkostcn der dortigen
Jesuiten. Von einer anderen Mission in
der Fastenzeit 1603 wird uns ein weiteres Er-
eignis erzählt, das von kulturhistorischem
Interesse sein dürfte.

Ein Mädchen hatte sich dein Teufel ver-
schrieben, wofern er den Freier töte, der ihre
Schwester vergewaltigt hatte. Kaum hatte sie in
ihrem Zorn dies getan, kam der Böse als Bauer
verkleidet. Er gab ihr Geld in Papier einge-
wickelt und forderte von ihr nur, daß sie damit
Fleisch kaufe und damit das Fastengebot breche;
alles andere solle sie nur ihm überlassen. Doch
Gott erbarmte sich ihrer; als sie das Papier
öffnete, fand sie kein Geld. Auch ließ Gott zu,
daß sie vom Bösen so sehr mit Geißelhiebeu
traktiert wurde, daß sie ob ihres blaugeschlagcneu
und augeschivolleneu Gesichtes die Gesellschaft der
Leute zu meiden gezwungen war. So sollte sie die
Sklaverei dieses grausamen Tyrannen deutlich füh-
le». Da endlich kam sie zu den Jesuiten, um dort
Hilfe zu suchen. Sie bereute ihren Fehltritt und
beichtete; doch bedürfte es »och mehrerer An-
strengungen, um sie der Gewalt der Hölle zu
entreißen und ihr die Seelenruhe wiederzugeben.
Ebenso halfen die Väter einer anderen aus der
Verzweiflung, die fälschlich wegen eines Diebstahls
angeklagt war. Natürlich hielten die Missionare
wieder Predigten und Katechesen, die sehr gut
besucht waren. Am Karsamstag ward die Pas-
sion beschlossen durch ein Pnssionsspiel von sechs
Knaben, das einen guten Eindruck machte auf
die Zuschauer. Im Jahre 1606 lieh der Propst
wiederum zwei Patres kommen. Sie waren sich
dessen bewußt, daß ihre Mühen nicht durch-
schlagenden Erfolg hätten, solange häretische
Schriften sich noch unter den Katholiken ver-
sanden. Sie behandelten deshalb diese Ange-
legenheit in einer Katechese; belehrt hierüber,
führten die Zuhörer die Patres in ein Haus, wo
nicht wenige häresieverfechtende Bücher dalagen.
Sämtliche sielen den Flammen anheim. DemHerrn
dieses Hauses schenkte der Pater ein geweihtes
Wachsbild, welches das Lamm Gottes darstellte.
Dieser Mann ging eines Tages auf ein Dorf,
wo ein plötzlich ausgebrocheuer Brand schon
dreißig Hütten vernichtet hatte. Der Mann hatte
nun eine große Ehrfurcht gegen das geweihte
Wachsbild. Auf den Kuieeu betete er zuvorderst
und warf alsdann dies Bild in die Flammen,
die eben in ein weiteres Haus eindraugen, und
alsbald legte sich der Flammen Glut; natürlich
stieg infolge dessen die Achlung vor dem Ge-
weihten der Kirche.
In die Regierung dieses Propstes und
seines Vorgängers fallen die berüchtigten
Hexenprozesse, die jedoch innerhalb der
Propstei Ellwangen in vereinzelten Fällen
bis in das Jahr 1588 znrückgreifen.
Dazu ein Beispiel aus dem Jahre 1606.
In eben diesem Ort, wo der Brand
wütete, lag ein krankes Weib darnieder;
diese hatte aber kein Geld, um sich einen
Arzt rufen lassen zu können. Sie sprach
mit ihrer Nachbarin, von der sie nicht
wußte, daß sie eine Kartenschlägerin und
Giftmischerin sei. Diese versprach ihr,
bald einen Arzt zu schicken. Derselbe
traf bald ein, dockst sein ganzes Aenßere
 
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