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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 24.1906

DOI Artikel:
Beck, Paul A.: König Friedrichs Versuche einer Neuordnung der katholischen Kirche in Württemberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.18485#0129

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121

behufs Abschlusses eines ueueu Konkordats
mit dem katholischen Deutschland, ganz
ebenso wie die dortigen Vorverhandlungen
im Frühjahr 1804, ergebnislos verlaufen
worein und dabei auch der feierliche
Protest des römischen Hofes gegen die
Säkularisation nicht einmal entgegen-
genommen wurde, wandte sich Genaa noch
von Negensbnrg ans im Jahre 1806 an
das wnrttembergische Ministerium des Ans-
wäriigen mit dem Wunsche, mit dem württ.
Hofe direkt in Unterhandlung zu treten,
welchem Anträge Württemberg, übrigens mit
dem Verlangen persönlicher Verhandlungen,
gern entgegenkam. Endlich, nachdem der
Nuntius sein Eintreffen am 10. September
1807 in Stuttgart angekündigt, kam der-
selbe am 25. dort an, wo er im damaligen
„König von England" auf dem alten
Schloßplatz sein Absteigequartier nahm
und sogleich mit den königlichen Bevoll-
mächtigten (Minister v. Mandelslohc und
Präsident v. Linden) in Unterhandlung
trat.') Schon bei der ersten Konferenz
einigte man sich dahin, daß der König
als protestantischer Fürst nur eine
Konvention, kein Konkordat mit Nom
schließen könne; der Nuntius entwarf nun
elftere. Schon am 28. Oktober konnte
man zum vorläufigen Abschlüsse der Ver-
Handlungen gelangen und versprach der
Nuntius auf 1. Novxmiwr die Unterzeich-
nung der Konvention, welche dann, wie
ausgemacht, durch einen Spezialgesandten
dein hl. Vater in Nom überbracht werden
sollte. Dieser Konventionscntwnrf, dessen
Wortlaut noch nie veröffentlicht worden
ist, muß sich noch im württembergischen
Staatsarchive finden; im selben waren
u. a. zwei Bistümer, eines in Ellwangen
und eines in Rottenburg, ebenso zwei Priester-
seminare vorgesehen. Wie groß war aber
das Erstaunen, als statt der Unterschrift
Gengas dessen Absage bezw. Erklärung ein-
lief : „durch neue Befehle seien seine Voll-
machten erloschen und er müsse unverzüg-
lich nach Paris abreisen", was große Er-

') Hier besuchte Genga, nebenbei bemerkt,
auch das Atelier des berühmten Bildhauers
Dannecker. Verwundert blieb er vor der
kurz vollendeten Lavater-Büste stehen und
fragte den Meister, ob das ein Kardinal wäre,
worauf ihm die Antwort wurde: „Nein, aber er
hätte verdient, einer zu sein!"

bitterung in den maßgebenden Kreisen
hervorrief. Der empörte König erklärte
dem Nuntius, daß er nunmehr, ohne
andere Rechte und Interessen als die-
jenigen, welche er als König und Souverän
seiner Untertanen zu berücksichtigen habe,
zu Rate zu ziehen, solche Maßregeln
trrffen werde, welche er für das Wohl
seiner katholischen Untertanen für not-
wendig und angemessen finden werde.
Man sprach in Stuttgart ziemlich laut
davon, daß der König nicht übel Lust ge-
habt, den NnntinS nicht abreisen bezw.
anfheben und festmhmen zu lassen. Der
Nuntius ließ sich ans keine weiteren Er-
örterungen ein, ignorierte Noten, Ver-
wahrungen und Proteste und reiste in der
Tat bei Nacht und Nebel rasch von
Stuttgart ab. ES ist dieses Verhalte»
des Nuntius bezw. des hl. Stuhles öfters
gegen letzteren als ein starker Affront und
als eine treulose Handlung n. dergl. ans-
gebeutet worden, ohne sich über den Grund
des plötzlichen Abbrechens der Unterhand-
lungen aufznklären. Es kan» aber darüber
kein Zweifel mehr bestehen, daß diese Ver-
handlungen in Stuttgart durch einen
Machtspruch Napoleons, welcher für den
Rheinbund ein gern ei n s a mes Konkordat
wollte, abgebrochen bezw. die Konvention
ans Befehl Napoleons vereitelt wurde
(was auch Golther a. a. O. S. 37 kurz-
weg zngibt), wie dies ans einer charakte-
ristischen bei Gams, Kirchengeschichte,
a. a. O. S. 423 abgedruckeen Note des
Ministers Champagny an den Kardinal
Caprara vom 21. September 1807 klar
hervvrgeht, wo sich der Kaiser geradezu
solche (ihm nicht vorher vvrgelegte) Se-
paratnnterhandlungen verbittet und aus-
drücklich verlangt, daß das Konkordat
mit Deutschland unter seinen
Augen verhandelt werde. In der
am 7. Oktober erfolgten, ebenfalls bei
GamS a. a. O. veröffeinlichten Erwiderung
des Kardinalstaatssekretärs heißt es aus-
drücklich, Monsignore Genga sei ange-
wiesen, daß er sich unverzüglich nach
Paris begebe, und wird der Ansicht
der Kurie Ausdruck gegeben, „das Kon-
kordat werde weit schneller und mit
größerem Vorteile für die Religion zu
Paris unter den Auspizien Sr. Majestät
als in Deutschland selbst zu stände kommen,
 
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