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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 24.1906

DOI Artikel:
Hetzinger, ...: Zur Geschichte der Pfarrei Weigheim, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18485#0194

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186

Die Schulverhältnisse waren freilich damals
recht arniselig. Der Lehrer bekam nach der
Chronik nichts weiter als das Schulgeld, das
kümmerlich auf 20—24 fl. zu stehen kam. Es
wurde allerdings nur voll Martini bis Ostern
Schule gehalten. Hatte der Lehrer eins eigene
Wohnung, so wurde in ihr der Unterricht erteilt;
wenn nicht, sorgte die Gemeinde für eine Schul-
stube.
2. Von 1761 an versah den Schuldienst der hie-
sige Bürger BenediktRiegger. Wie dis Schul-
chronik sagt, unterrichtete er im Lesen des Ge-
schriebenen und Gedruckten, im Schreiben für das
männliche Geschlecht und in, Religionsunterricht.
Ohne erlernte Lehrmethode erteilte er Unterricht
unter der Leitung des damaligen Pfarrvikars
Anima und bediente sich der Gebet- und Haus-
bücher, der Zeitungen, der Heiligenlegenden ic.,
je nachdem sie ihm die Willkür der Eltern seiner
Zöglinge oder der Zufall in die Hände spielte.
Nach 7 Winterschulen trat er endlich von der
Schaubühne seiner Lehrstelle ab. Auf ihn folgte
3. Jo ha uii es Baier, damaliger Bürger
und Bauer hier. Mehr auf Bitten und Zureden
der Gemeinde als aus eigenem Antrieb übernahm
er die Schule und war ihr Lehr- und Zucht-
meister 3 Jahre. Er bekannte später, als die
Schulverhältnisse sich gebessert hatten, daß er
nichts welliger als zu seinem Amt qualifiziert war.
4. Im Jahre 1771 trat an dessen Stelle
Johannes Burri, Bahnwart, auch dieser war
zum Schulstnnd nicht tauglicher als sein Vor-
gänger. Was ihm an Wissen und praktische
Tüchtigkeit abging, suchte er tapfer durch Straf-
mittel zu ersetzen. — Schon im folgenden Jahr
1772 wurde sein Nachfolger
5. der Weber Ignaz Burri; auch er war
gewandter, seinen Webstuhl zu treten und dessen
Schiffchen zu schießen als die Feder zu regieren
und den Verstand und die Herzen der Kinder
auszubildeu und ihnen dis rechte Richtung zu
geben. Dessen ungeachtet gab ihm dieser neue
Wirkungskreis wie seinen früheren Kollegen nicht
viel zu schaffen. Gewöhnlich trat er von seinem
alltäglichen Geschäft weg ohne Vorbereitung in
die Schulstube ein, gab fleißig mit der Zuchtrute
das Signal zum Lernen und suchte dadurch seinen
Zöglingen das Lesen und Schreiben faßlich und
begreiflich zu machen und die Religion einzuprä-
gen und sie daun wieder im Frieden zu entlassen
(Chronik). — Ignaz Burri war geboren 1740,
Sohn des Matthias Burri, P 1816.
6. Im Jahr 1773 kam durch Stimmenmehr-
heit der Gemeinde auf die Schulstelle Joseph
Burri, geb. 1748, Sohn des gleichnamigen Vaters,
verehelicht 1773 mit Magdalena Baier, hatte
11 Kinder, P 6. Mai 1792. Er war nach der
eigenen Angabe seines Sohnes und späteren
Lehrers ein armer Mann, der sich kümmerlich mit
seiner Familie nähren mußte und nur ein wenig
lesen und schreiben konnte. Mit seiner Anstel-
lung erhielt er zu dem erwähnten Gehalt von
20 bis 24 fl. als Zulage 1 Scheffel Dinkel vom
Ortsheiligen und 2 Scheffel Dinkel als Mesner-
gehalt, dazu gab ihm die Gemeinde Ls Mansmath
Wiesen. So wenig als seine Vorgänger geeigeu-
schaftet, stand er der Schulstslls 12 volle Jahre

als ungeprüfter Lehrer vor. Anstatt die zu er-
lernenden Gegenstände den Kindern ihrem Verstand
gemäß anschaulich zu machen,suchte er nusMangel
an Sachkenntnis schlagfertig (d. h. durch Schläge
auf den Hintern) zu beweisen und schmerzlich
einzuprägen.
Endlich ging 1786 für die arme Schule in
Weigheim eine erleuchtende und erwärmende
Sonne auf. Nach einer Verordnung der Malteser-
Ordensregierung zu Heitersheim (1305—1805
Sitz des Großpriorats der Johanniter in Deutsch-
land) wurde die Normalschuls eingeführt. Lehrer
Burri wurde auf Kosten der Gemeinde in die
Musterschule nach Villingen geschickt, wo er nach
einem Jahr sich einer Prüfung unterwarf und dann
als wirklicher Trivial-Lehrer (Grammatik, Rhetorik,
Dialektik) ernannt und angestellt wurde. Mit dieser
Anstellung geschah es, daß die Malteser-Regierung
den Ertrag des Mesnerdienstes mit dem Schul-
dienst vereinigt und die Summe von 150 fl.
als Schul- und Mesnergehalt zugleich festsetzte,
der jährlich auf Martini fällig abgereicht werden
sollte. Nebenbei bewilligte die Herrschaft aus den
herrschaftlichen Waldungen dem Schuldienst 1 Klaf-
ter Holz. Weiter erging von der Malteser Ne-
gierung der Befehl an die Gemeinde auf ihre
Kosten nach vorgelegtem Riß ein geräumiges
Schulhaus zu bauen. Der Bau wurde 1786
begonnen und vollendet. Die Schulaufsicht über-
nahm das Kommendeamt in Villingen und visi-
tierte die Schule alljährlich im Frühling.
Nun bekam dis Schule eine andere Gestalt:
Eine Schulordnung setzte fest, wie die Winter-
und Sommerschule eingerichtet sein müsse, welches
die Pflichten der Lehrer und Schüler und deren
Eltern seien.
Winters werden täglich 4 Stunden (2 morgens
und 2 nachmittags) mit zwei halben Vakanztagen
vorgeschriebe». Unentschuldigte Versäumnisse sollen
je mit 15 Kr. Strafe geahndet werden. Im
Sommer soll wöchentlich an drei halben Tagen
unterrichtet werden; zur Saat-, Heuet- und Ernte-
zeit soll Urlaub bewilligt werden.
Dieser Normalschule stand Jos. Burri bis zum
6. Mai 1792 unter Leitung des Pfarrvikars
Lorenz Arnold vor, wo er in ein besseres Jen-
seits einging. Er hinterließ eine Witwe mit
sechs unerzogenen Kindern.
7. Aus Rücksicht auf die arme Familie lieh
man dem ältesten Sohn Joha n ne s Burri den
vereinigten Lehr- und Mesnsrdieust im 17. Jahr
seines Alters unter der Bedingung zukommen,
daß er sich einen Lchulprovisor so lange halten
müsse, bis er im stände sei, das Lehramt selbst
versehen zu können. Nachdem er bei dem Muster-
lehrer -bav. Buk in Dürrheim Unterricht genom-
men und eine Prüfung bestanden, wurde er 1794
förmlich als Lehrer ernannt und angestelll und
sollte es 50 volle Jahre hindurch bleiben. Den
10. Sept. 1808 kam die neue württ. Schulord-
nung. Da diese von den Lehrern neue Kennt-
nisse verlangte, wurde Lehrer Burri im gleichen
Jahr ein Semester ins Institut nach Rottweil
eiuberufen, muhte sich einer abermaligen Prü-
fung unterziehen und kehrte als Lehrer zu seiner
Schule zurück.
Die allgemeine Schulordnung brachte eine Ver-
 
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