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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 24.1906

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Beck, Paul A.: Humor im Kloster: die letzte Prälatenwahl im Stift Wettenhausen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18485#0198

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190 —

Sommer 1788 auf den Hinlritt des am
5. Juli 1788 1' Prälaten Ambrosius
Zesch eine Abtwahl. Au dessen Stelle
trat nun als letzter Prälat Friedrich II.
Raab (geb. 1736 zu Wembding, st 1813
in Wettenhausen). Der Titel des AbleS
war: „Der hochwürdige Herr, des hl.
römischen Reiches deutscher Nation Prälat
und Herr des Reichsstiftes und Gottes-
hauses Wetten Hausen, der römisch-
kaiserlichen und königlichen Majestät per-
petuirlicher Rath und Erb-Erzhofkaplan".
Die Anzahl der Mönche betrug im 18.
Jahrhundert durchschnittlich 20—30. Ein
hnmoristisch angelegter Klosterinsasse, Wil
— wie es scheint, ein geborener Tiroler —,
berichtete nun an einen in der Nähe, viel-
leicht in Elchingen, befindlichen Freund
über das Wahlergebnis und über die
sich hieran anschließende Aemterbesetzung
„v.Mutation" in folgender Weise: Als einem
alten Tiroler Scharfschützen st kann ich
eben nicht umgehen, um Ihnen nicht auch
so was von unserem letztgehaltenen kano-
nischen Freischießeu zu vermelden.
Den 30. Juli 1788 hatten wir den Herrn
Kurfürstkit von Trier, den bekannten Prinzen
Clemens Weuzeslaus von Sachsen, Bi-
schof von Trier und Augsburg, zu unserem
Freischießen (d. i. Prälatenwahl) feierlichst
eingeladen, welcher aber weiterer Entlegen-
heit und Geschäfte halber seinen deputierten
Herrn Statthalter (Freiherrn v. Umgelter)
nebst seinem Büchsenspanner Nigg (bi-
schösl. geistlicher unv Professor in
Augsburg) zu uns sandte. Der Anfang
wurde also den 30. früh 8 Uhr mit einer
herrlichen Rede au 22 gegenwärtige Scharf-
schützen (d. s. Kapitularen) gehalten; als-
dann ging das Schießen an. Es wurde
alsogleich die Stechscheibe ohne Probier-
schüße aufgehangen, die weiß mit einem
starken Schwarzen war, und da man zwar
auch mit Ferngläsern schießen konnte, doch
freier Hand mit fliegenden Riemen anbei
nur ein einziger Stechschuß zugelassen
wurde, so endigte sich das Festschießen in
kurzer Leit. Die Schüße wurden abgezogen
und fand sich, daß unser Herr Deka»
Friedrich Raab einen 11-Lauser ge-
macht, hat zwar den Punkt ziemlich be-
st Der Schreiber war wohl ein aus Tirol
stammender Chorherr.

rührt, oder gar auf die Seite gebogen;
ein anderer machte einen 5-Laufer, zwei
andere einen 2-Lanfer; wieder einer einen
Stangenschuß mit einem ULanfer, und
noch einer hat das Schwarze berührt oder
einen Bruuzer (?) gemacht. Die übrigen
aber haben wegen allzustarkem Wind nichts
als Seitenschüße ins Weiße gemacht. Weil
aber bei diesem Freischießen ein 12-Laufer
notwendig und folglich der Punkt hinans-
zuschießeu war, so wurde eine frische
Scheibe aufgehängt und neuerdings ge-
stochen, wo anbei alle fremden Zieler
und Zetteltrager verboten waren. Es
ging ungemein glücklich und vergnügt vor-
bei, denn in einer halben Viertelstunde
wurde ganz abgeschoßeu, obwohl es man-
chem zweimal aufgebrennet hat, als wenn
ihm der Engel auf die Zündpfaun gethan
hätte. Es fand sich, daß das bayerische
Pulver um etliche Grad dem ^Burten-
bacher Pulver vorgeschlagen und also
unser lieber Herr Dekan Friedrich Raab
den Punkt hinausgeschossen, als wenn er
gekehrt gewesen wäre. Die Schützenge-
sellschaft war dann ungemein vergnügt
und schrieb gleich folgende Zistirworte
auf die'Stechscheibe, die^Herr Ladenmeister
Werner gemacht:
IHi6enico II neo-pnuepo5ito b'elix
I^eAÜmeir pmecuntrrn VVettenIru3Lni!
Alsdann gieng der Zug in feierlichster
Ordnung in die Kirche, wo das T'e Oeum
unter Schall derHTrompeten abgesuugen
wurde. Zu Mittag war offene Tafel bei
geschlossenen Thüren, wo sich auch eine
Feldmusik unter Abfeuruug der nassen
Handpöller hatte hören laßen; und so
wurde dieses herrliche Freischießen be-
schlossen. Alleluja!
1VIZ. Gespeist wurde in dem neuen
Gasthof zum Naben. (Anspielung auf den
Namen des Gewählten: Raab.) Nachdem
wurden die Kriegsartikel vorgelesen. Am
Samstag nachmittag 1 Uhr hielt also
unser König Friedrich die erste Musterung
unter seiner Hauskavallerie zu Fuß, wobei
auch einige promotiones vorgegaugen.
Zu Stabsoffizieren sind ernannt worden:
Herr Konrad als Major oder Dekan,
Herr Dominikus als Platzmajor oder
Snbdekau, Herr Werner zur Kriegskanzlei
und zum Feldarchiv, Herr Ignaz als
Feldkassier oder Procurator, Herr Ubald
 
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