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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0042

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in Deutschland" nach einer längeren historischen Einleitung
sich folgendermaßen über die Mittel zu diesem Zweck aus-
sprach:

„Es drängt sich uns und Jedem, der es mit der Kunst
ehrlich meint, die Lebensfrage auf, ob es denn gar keine
Mittel gebe, die Historienmalerei wieder in Flor zu brin-
gen?— So schwierig es sein mag, gerade in unscrm Va-
terlande Deutschland wegen seiner Zerspaltung die histo-
rische, ideale Kunst zu heben, weil dazu vor Allem die
Blüthc des nationalen und ideellen Elementes gehört, so
dürfen wir doch keineswegs an der Möglichkeit verzweifeln.
Regt sich doch gerade jetzt wiederum in der Künstler-, wie
in der übrigen deutschen Kunstwelt ein so guter Geist, ein
so offener und empfänglicher Sinn, daß es eben nur eines
geeigneten Impulses bedarf, um dieses ideelle Bedürfniß
auf dem Gebiete der Kunst zu Thaten uud Werken zu be-
geistern. Vor allen Dingen kommt es darauf an, daß
wir jedes partikularistische und Partei-Interesse gänzlich
fallen lassen, daß wir nicht darnach fragen: bist du Ka-
tholik oder Protestant? wohnst du am Rhein, an der We-
ser, oder an der Donau? bist du Düsseldorfer, Münchener
oder Berliner Künstler? — sondern daß wir uns als das
fühlen, was wir sind und sein müssen, wenn wir unfern
hohen Kunstzweck erreichen wollen, nämlich als — D e n t s ch e.
— Die Idee des Schönen überspringt alle staatlichen
Klassifikationen und politischen Differenzen, und an diese
Idee wollen wir uns hier einzig und allein-halten, um
für ihre Verwirklichung zu handeln. Umfassen wir uns
also Alle, die zur Hebung der Historienmalerei in Deutsch-
land beitragen wollen, Künstler und Kritiker, Kunstgelehrte
und Kunstfreunde, als Patrioten eines Stammes und Blu-
tes, die wir das Beste und Größte in der Kunst anstreben:
Dies ist der Grundsatz, von dem wir ausgehen müssen,
soll das Werk gelingen. Kann man sich zu diesem Grund-
sätze nicht anfschwingen, so ist die Sache, soll sie aus dem
eigentlichen Fruchtboden, dem des Volkes, erwachsen, von
vorn herein verloren. Also keine Parteistellung, kein Oben
und Unten, sondern nur ein Nebeneinander und ein Für-
einander. Ebensowenig ein burcankratisches Element, denn
wenn irgend Etwas nachtheilig und hemmend auf die freie
Kunstentwickclung einwirkt, namentlich hinsichts der Aka-
demien, so ist es die bureaukratische Administration, welche
durch ihre centralisirende Form mehr oder weniger zu einer
Patronage der Mittelmäßigkeit führt und dadurch dem
freien künstlerischen Genius die Flügel bildet.

Der einzige Patron und Protektor eines „Vereins zur
Hebung der Historienmalerei in Deutschland sei das
deutsche Volk selber, und die Verwaltungsbehörde des
Vereines bestehe aus frei von ihm zu erwählenden Mit-
gliedern. Nur so kann man der deutschen historischen Kunst
nützen, nur so ihre edlen Zwecke erreichen in innigster Ueber-
cinstimmung mit dem Wesen der Kunst selber, nur so den
vom Materialismus überwucherten Idealismus wieder frei
machen und auf's Schild erheben.

Doch die gesammte deutsche Kunstwelt ist ja bereits so
glücklich, einen solchen Verein unter dem Namen „Verein
zur Beförderung deutscher historischer Kunst"* *)

*) Der Titel lautet etwas anders, nämlich: „Verbindung
deutscher Kunstvereine für historische Kunst", aber die-

zu besitzen. Welche Pflichten dem Vereine obliegen, brau-
chen wir im Besonderen hier nicht auseinandersetzen, sie
gehen theils aus dem Gesagten im Allgemeinen hervor,
theils beziehen wir alles Weitere auf den genannten Ver-
ein, da er entweder ein solches allgemeines Organ der
deutschen Kunst und Kunstwelt schon ist, oder, will er
seinen eigentlichen Beruf erfüllen, werden muß. Doch wie
auch dieser Verein beschaffen, welches auch bis jetzt sein
Wirken sei» möge, unser Wort gilt ihm so gut wie jedem
andern; den Zweck, die „historische Kunst" in Deutschland
zu heben, wird er sicherlich ans keinem anderen Wege er-
reichen, als auf dem von uns angegebenen. Ist die Asso-
ciation im Allgemeinen eine der ersten Kultur-Bedingungen
unserer Zeit, so ist auch durch sie allein, d. h. durch eine
vollkommen freie, nationale Vereinigung dieser neue Auf-
schwung zu ermöglichen. Ein unabweisbares Bedürfniß
ist es ferner, daß die Künstler*) nicht eine Cotterie für sich
bilden, sondern daß alle passenden, freien Elemente, welche
der Kunst und Kunstwissenschaft, ob als Gelehrte oder
blos als Freunde, huldigen, in diesen Kreis und Verein
zur Hebung der Historienmalerei sich zusammcnschließen,
da sie, die Künstler vor Allen, durch eine freie und ver-
ständige Diskussion nur gewinnen können. Ferner ist recht
dringend zu wünschen, daß die Künstler ihre feindselige
Stimmung gegen die Kritik endlich einmal aufgeben möchten
und wohl bedenken, welchen ideellen und materiellen Vor-
theil sie durch die Kritik, durch die Besprechung ihrer
Werke und Angelegenheiten u. s. w. erreichen. Ein tüch-
tiger, talentvoller, poetischer, durchgebildeter Künstler, dem
die Kunst und ihre heilige Weihe vor Allem gilt, wird
den Kritiker nie zu fürchten, wohl aber zu achten haben,
schon als Interpreten seiner Werke, der seinen Ruf und
Ruhm durch die Presse ausbreitet, im Besonderen jedoch
als freundlichen, unparteiischen, principiellen Rathgeber,
der ihm oft viel Mühe und Zeit erspart und von ver-
derblichen Bahnen ableitet, aus die ihn oft eine unklare
Phantasie bewußtlos hindrängt.

ser scheinbar unbedeutende Unterschied ist insofern von Wichtigkeit,
als dadurch statt des deutschen Volkes es nur einige Kunstver-
einsvorstände sind, welche die Leitung in die Hand genommen
haben. Daß aber die Kunstvereine nur partikuläre Zwecke ver-
folgen und sich niemals mit der Ausführung eines großen natio-
nalen Plans befassen können, liegt in der Natur solcher Vereine
selbst. Die Hoffnungen, welche der Vers, auf den genannten
Verein bant, scheinen uns demnach sehr problematisch.

(Damalige Bemerkung der Redaktion.)

*) Auch hier müssen wir berichtigend den Vers, unterbrechen:
Wäre der Verein von Künstlern gebildet oder bestände er aus
Künstlern, dann würden auch wir die Hoffnungen des Verfassers
theilen. Allein die Mitglieder sind, wie bemerkt, Deputirte der
Kunstvereinsvorstände, welche wohl eine Patronage über die Künst-
ler ausüben möchten, aber im Entferntesten nicht daran denken,
die Künstler mitreden oder gar mithandeln zu lassen. Und daher
können wir auch nicht mit der Aeußerung des Berf's. überein-
stimmen, daß es „schon als ein Gewinn zu betrachten sei, baß
ein solcher Verein überhaupt cxistire." Wir halten ihn im Gegen-
theil für ein Hinderniß gegen die Erstrebung dessen, was der Ver-
fasser als den Zweck eines solchen hinstellt, da er die Gründung eines
wahrhaft ersprießlichen „Künstlervereins zur Hebung der historischen
Kunst Deutschlands", wenn ein solcher beabsichtigt würde, er-
schweren möchte. (Gleichfalls eine dam. Bemerkung d. R.)
 
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