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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0087

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„Abend an der Mosel", welches, obgleich nicht mit der
Meisterschaft gemalt, wie das Leu'sche Bild, dennoch alle
Beschauer durch den ungemein gefälligen Gedanken und die
schöne milde Farbe fesselt. — Talent in stellte das „In-
nere einer Dorfkirche" aus. Trotzdem, dass das Bild recht
brav gemalt ist, kann cs doch kein tieferes Interesse ein-
slösten, weil das psylologische Element, was bei einem
solchem Gegenstände doch die Hauptsache ist, zn wenig Be-
deutung hat. Dagegen erwähne ich mit großer Freude

ein Bildchen von Kindlar „Reisende in einer Sennhütte
bei Regenwetter", das stets von Gruppen Zuschauer um-
lagert ist. Man könnte wirklich stundenlang an diesem
Bildchen studiren und würde stets Neues darin finden.
Hier ist Seelenleben, Humor, Wahrheit und künstlerische
Vollendung. Fährt der noch junge Künstler auf dem bis
jetzt betretenen Wege fort, so wird sein Name bald unter
den ersten seines Faches genannt werden. — #

Kunstgeschichte und Antiquitäten.

Ein bisher unbekanntes Blatt von Wenzel Hollar.

Bei der Herausgabe der „Nachträge und Verbesserungen"
zn meinem Hollarvcrzeichnisse sprach ich im Jahre 1857 die Ver-
muthnng aus, daß keine neuen, bisher unbekannten Blätter anf-
tauchen würden. Diese Vermuthung hat sich nicht bestätigt: denn
jetzt nach 5 Jahren findet sich hier in Berlin, in dem Nachlasse
des Hoflieferanten Herrn Thiermann ein neues Blatt des
unvergleichlichen Meisters, das »ns wiederholt zur Bewunderung
seiner unerschöpflichen Thätigkeit auffordert. Es ist hinter Nr.
1025 (p. 216) einzuschalten.

1025a. „Innere Ansicht des Mittelschiffes der Paulskirche

in London", lleberschrift: Navis Ecclesiae Cathedralis.

inferior. Links oben ein Wappen, worin Lola Virtns invicta.

Rechts oben ein Schilskranz, worin Philippus Howardus.

pereat pietas. Breite 8 Z. 3 L, Höhe HZ. 3 L.

Auf dem vorliegenden Abdrucke ist unten in der Mitte mit
seiner Feder und blässerem Pigmente hinzugefügt IV. Bollar del.
et sculp., welches vielleicht nicht auf der Platte gestanden hat.

Dieses Blatt ist um so merkwürdiger, da cs ganz dieselbe
Ansicht wie Nr. 1025, von demselben Standpunkte aus genommen,
nur in etwas kleineren Verhältnissen giebt. Man sieht in das
Längenschiff der alten gothischcn Panlskirche hinein, welche später,
aber noch bei Hollars Lebzeiten, durch den großen Brand von
1666 zerstört wurde. Das Licht kömmt von links, auf Nr. 1025
von rechts her. Der Fußboden ist in kleinen Vierecken getäfelt,
aus Nr. 1025 mit größeren Platten bedeckt. Der Einblick in
den hintern Chor ist von weit feinerem Luftton als auf Nr. 1025.
Beide Blätter sind ohne Figuren.

Die Aechtheit des Stiche« ist ganz unzweifelhaft, und trägt
in allen Theilen das Gepräge von Hollars Hand.

Ueber die Entstehung des schönen Blattes lassen sich nur Ver-
muthungen ausstellen. In Ongdal« History of 8. Pauls, woraus
Nr. 1025 genommen ist, gehört es nicht: denn in diesem Werke
sind die cingeheftelcn Kupfertafeln wie Druckseiten weiter paginirl,
und hinter pag. 167 (Nr. 1025) findet sich keine Lücke. Es
wäre auch gar nicht abznsehcn, warum ganz dieselbe Ansicht, von
demselben Standpunkte genommen, in demselben Buche zweimal
Vorkommen sollte.

Man kann daher nur annehmen, daß Hollar nach Vollendung
der größeren Platte Nr. >025, mit der ihm eignen, fast unbe-
greiflichen Schnelligkeit die vorhandene Zeichnung noch einmal
zn einer etwas kleineren Platte angeweudet. Vielleicht diente
sie zu einer andern, unbekannten Beschreibung der Panlskirche
oder zn einem Wegweiser durch London Das uns vorliegende,
bis jetzt einzige Exemplar zeigt deutliche Spuren, daß cs auf
halber Höhe in der Mitte gebrochen, und auf einen Falz ge-
klebt war.

Berlin, im Januar 1862. G. Parthey.

Bei dieser Gelegenheit kann ich noch einige Nachträge bekannt
machen, welche mir von dem Herrn Ober - Regiernngsrath von
Tettau in Erfurt glltigst mitgethcill worden sind.

Nr. 269. „Inno". Es giebt Exemplare des sul> n erwähn-
ten Nachstiches, wo die I oben in der Ecke des Randes nicht be-
findlich ist.

Nr. 514. „Vier Kinder sc." Es cxistircn Abdrücke mit der
Adresse: /invers eher. F. Haest.

Nr. 518. „Sechs Kinder:c." Es cxistirt von diesem Blatte
eine gegenseitige Kopie.

Nr. 535. „Belagerung von Casale." Es giebt hiervon eine
verkleinerte Kopie mit der lleberschrift: Belagerung der Stadt
Cazal.

_ Nr: 622—625. „Jahreszeiten" als Straßburger Ansichten.
Die ersten Abdrücke sind vor Hollars Namen und blos bezeichnet:
Zu Straßburg bei Jac. v. d. Heyden.

Nr. 723. „Straßburg." Es existiren Abdrücke ohne den
Buchstaben links unten und mit Nr. 2 rechts unten.

Nr. 821. „Ansicht von Anspach und Coburg." Es giebt
besondere Abdrücke von der Platte Coburg, jedoch mit den in
den späteren Abdrücken von beiden Platten fehlenden zwei Ko-
stllmfigurcn; darunter Text in Typendruck (zu Hogenberg).

Nr. 863. ,0p de Maeze.“ Die ersten Abdrücke haben die
Adresse von I. Meyßen (I. Mcyßen exc.).

Nr. 937—942. „Ansichten von Albnry." Nicht nur von

der Nr. 937, sondern auch von den übrigen Blättern dieser Folge
giebt es Abdrücke mit Nummern, so 940 mit der dir. 8, 941
mit der Nr. 6 und 912 mit der Nr. 7. Welche Nummern 938
und 939 tragen, kann nicht angegeben werden, da sie in dieser
Abdrncksgattung nicht vorliegen, doch werden auch sie unzweifel-
haft dergleichen haben.

Nr. 953. „Englische Ansichten." Es ist angegeben, daß diese
Blätter zuni Theil mit Nummern versehen waren; das Richtige
ist wohl, daß die ersten Abdrücke dieser Folge durchgängig ohne,
die zweiten dagegen sämmtlich mit Nummern sind, wenigstens
sind Nr. 950 und 953 in beiden Abdrucksgattnngen in meiner
Sammlung befindlich.

Nr. 1213. „Rinder- und Schweinehirt"' Von diesem Blatte
giebt es spätere Abdrücke mit der Adresse von Drevet.

Nr. 1216. „Die drei Windmühlen." Es existiren Abdrücke,
die in der linken unteren Ecke de» Buchstaben d. tragen.

Nr. 1257. „Gefecht sc." Es giebt Abdrücke, welche am
Unterrande die Vcrlagsnnmnier 36 tragen.

Nr. 1553. („Lady BulS"). Die zweiten Abdrücke haben
rechts unten Nr. 7.

Nr. 1560. „Titel zu den Genrebildern." Ist bereits 1666
erschienen und 1677 nur neu abgcdruckt. Die Adresse in jener
'Ausgabe lautet: 8o!d by J. Overton 1666 ad the white horse
in Giltspnr-Street. London 1666.

Nr 1610. „Zwölf Köpfe." Die Platte ist später in der
Mitte durchschnitten, und sowohl die linke wie die rechte Halste
besonders abgedrnckt

Nr. >745 „Die Alte mit hoher Kopfbedeckung." Von dieser
Darstellung existiren zwei verschiedene Bearbeitungen, beide von
Hollar selbst. Die eine ist die erwähnte, welche 2" 3"' hoch n.
I" 4",' breit ist. Die andere ist etwas größer und zwar 2"
6"' hoch und l" 7'" breit. Sic zeigt auch sonst manche Ver-
schiedenheiten. So ist die Nase regelmäßiger, die hohe Kopf-
bedeckung links ohne Schalten, wogegen der Hintergrund theil
weise eine Schattirung hat.

Nr. >748. „Sieben meist verzerrte Köpfe." Auch die Platte
dieses Blattes ist später in der Mitte durchschnitten und jede
Hälfte besonders abgcdruckt.

Nr. >942. „Fünf Muffe". Die in den Nachträgen er-
wähnte Kopie, von der das früher HerrnApell gehörig gewesene
Exemplar sich jetzt in meinem Besitze befindet, hat keineswegs
ein einfaches II, vielmehr ein, wie mir scheint ans B und G
zusammengesetztes Monogramm, was aber möglicherweise auch O
bedeuten kann.

Nr. 2009. „Nakter Amerikaner." Es existiren zweierlei
Abdrücke, die einen mit einem Sternchen nach der Jahreszahl, die
anderen, anscheinend die früheren, ohne ein solches.

Nr. 2041. „Titel zur Folge der Jagdhunde." Es giebt Ab
drücke, welche statt der Dedikatton: Nobili ac generoso ete. die
Aufschrift: Livre de plnsieurs animatix ä dessiner par Hollar
und die Adresse Gallays ete. tragen.

Nr. 2671. „Hollar varie figure.“ Von der Ausgabe mit
der Adresse von Car. Allard giebt eö Abdrücke mit der Nr 1
rechts unten und ohne dieselbe.
 
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