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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0183

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des Schlafgottes entsprechend Nachweisen zu können. Gegen die
Echtheit des Reliefs wnrden einige Bedenken laut, die jedoch,
wie von den gedachten Herrn Herausgebern desselben, auch im
übrigen Theil der Gesellschaft nicht anerkannt wurden. — Hr. Ger-
hard berichtete über den neuerdings erfolgten Ankauf zweier aus
Praneste herrührenden broncenen Eisten mit eingegrabener Zeich-
nung für das hiesige Kgl. Antiquarium. Obwohl der Kunstwerth
beider Gefäße hinter dem berühmten Musterstück dieser Gattung der
Jccoronischen Lista weit zurückbleibt, so sind die selbstständigen
Vorzüge beider Denkmäler doch augenfällig in mehr denn einer
Beziehung- Die eine jener beiden Eisten, Figuren des troischen
Sagenkreises darstellend, ist durch ihre altitalischen Inschriften
ausgezeichnet, von denen beispielsweise die einer Reitcrfigur zu-
getheilte Beischrift Oinumama von Garrucci (zu Lion. dell’
Inst. VT. 55) auf Oenomaos, von Otto Jahn überzeugender als
„ einbrüstige" (unimamina) Amazone gedeutet, hervorgehoben
ward. — Ueber die zweite dieser Eisten hielt Dr. Set ule einen
Vortrag, in welchem die darauf befindliche, durch bessere Aus-
führung und glänzende Kunstmotive empfohlene Vorstellung aus
dem Sagenkreis des Meleager eingehend erklärt ward. Beson-
ders anziehend erwies sich hierbei die Uebereinstimniuug einiger
Figuren jener Cista mit andern Kunstwerken, namentlich zwei
berühmten des hiesigen königl. Museums, indem sowohl die den
Ebcrkopf als Jagdbeute einschlagende Siegsgöttin, wie auf dem
Oddischen Spiegel, als auch die in dem vorzüglichsten Exemplare
vorhandene Marmorstatue des Meleager auf jenem etruskischen
Werk sich findet. — Prof. Friederichs besprach ein schönes
Marmorfragment der königl. Skulpturenfammlnng (Nr. 468.),
darstellend den Kampf eines Kriegers zu Roß gegen einen be-
reits zu Boden gesunkenen Fußkämpfer mit den darüber befind-
lichen Schlußzeilen zwei griechischer Distichen. — Im Zusammen-
hang paläographischer Gründe, laut welchen Hr. Kirchhofs die
Schrift zwischen 01. 94 und 100 setzt, ward das Fragment den
besten Zeiten der attischen Kunst beigelegt. Daß es dem Inhalt
der Schrift zufolge nach aller Wahrscheinlichkeit einem Grabdenk-
mal gehörte, veranlaßte den Vortragenden auch den Reiterkampf
eines berühmten albanischen Reliefs auf Gräberbestimmung zurück-
zuführen, zumal es an Beispielen von Grabreliefs in lebensgroßer
Dimension auch sonst nicht fehle. — Dr. W. Helbig sprach über
den durch Longperier (Revue numismatique 1861, Decembre)
bekannt gewordenen zu Myt-Rahineh erfolgten ägyptischen Fund
sehr alter griechischer Münzen und erläuterte dessen Wichtigkeit
aus dem Zusammenhang altgriechischer Münzkunde. — Aus Athen
waren an Hrn. v. Olfers und au Hrn. Baumeister Adler befrie-
digende Nachrichten über die Reise der Herren Bötticher, Curtius
und Strack eingegangen, die Gesellschaft ward hiervon in Kennt-
niß gesetzt. Außer den auf die Bauwerke der Akropolis, das
Theater des Dionysos, die Lage der Pnyx, den Lauf der städti-
schen und Verbingungsmauern und die zerstreuten bildlichen Ueber-
restc bezüglichen Untersuchungen der gelehrten Reisenden kommt
von dorther auch manche neucntdeckte griechische Inschrift, und
selbst eine wichtige römische, für die Lebensgeschichte Hadrian's
lehrreiche, in Betracht, mit deren Erläuterung Prof. Heuzen in
Rom beschäftigt ist. — Anziehende Nachrichten antiquarischer Funde
waren aus mehreren Hauptplätzen Spaniens Herrn Hübner
zugegangen. — Hr. Waagen zeigte ein sehr gefälliges, Sr. kgl.
Hoheit dem Prinzen Albrecht von Preußen gehöriges Erzfigllr-
chcu, einen mit Maske bedeckten Komiker darstellend, welcher
auf einem Schlauch sitzt. — Hr. Bartels zeigte mehrere neu
erworbene Glaspasten seiner Sammlung, unter denen eine vielleicht
auf Herkules und Jolaus bezüglicke Gruppe, und, einem Dichter
beigesellt, die Herme eines ungeflügelten Eros auffiel. — Vom
Staatsrath Merckli» zu Dorpat waren Bild und Erklärung
eines unedirten griechischen Grab-Reliefs, von Colonel Opper-
mann zu Paris das vermuthlich als Konstellation zu deutende
Bild einer vom Frühlingswidder getragenen Venns, auf einer
irdenen Lampe befindlich, eingegangen. Von neuen Schriften
ward der jetzt im Druck vollendete Text zu Gerhard's etruskischen
Spiegeln (bis Tafel 240) und desselben Verfassers Abhandlung
über zwei Spicgelzeichnungen, die Geburt der Kabircu darstellend,
vorgelegt; ferner Stark's Festprogramm über ein berühmtes
Nivbidcnrelief^), zugleich als Probeheft für des Verfassers reich-
haltiges Werk über den Sagen- und Bilderkreis der Niobe be-
achtenswerth — sodann eine vielfach (zum Theil gewaltsam) auch
in die Denkmälertündc eingreifende Monographie von Ähre ns
über die Göttin Themis und eine gelehrte Schrift des Professor *)

*) Ueber das Niobidcnrelief Campana von K. B. Stark
(als Inhalt der von der philosophischen Fakultät zu Heidelberg
zu Rau's Jubiläum verfaßten „Denkschrift"). Heidelberg 1862.
25 Seiten mit einem Stahlstich.

Piper'), in welcher die Grundsätze monumentaler Philologie
auch für die christliche Denkmälerkunde benutzt worden sind. Nock-
andere Schriften der Herren Cafiaux, G^otefend, Hultsch,
Kortegarn, Eh. Petersen und S. B. L-mith (Kopenhagen)
wurden vorgelegt und dankbar entgegengenommen.

*) Einleitung in die monumentale Theologie von Ferdinand
Piper, Doctor und Professor der Theologie an der Universität
zu Berlin. Gotha 1862. (Aus der theologischen Realencyklopä-
die S. 752—807.)

Hrofzyerzoglich-Säch/ische Kunstschule zu Weimar.

Ueber die Einrichtung und den Stand derselben ist kürzlich
eine officielle Denkschrift des Sekretairs, Dr. O. von Schorn,
erschienen, welche das Statut der Kunstschule sowie einige Ab-
änderungen desselben mittheilt. Genannte Schrift ist uns zur
Veröffentlichung zugesandt worden? Sie lautet:

Die durch den hohen Kunstsinn Seiner Königlichen Hoheit des
Großherzog von Sachsen in's Leben gerufene Kunstschule zu Wei-
mar wurde, nachdem die Herstellung und Einrichtung des für
dieselbe bestimmten Gebäudes vollendet war, in der ersten Hälfte
des Monats November 1860 eröffnet. Die Organisation der
Anstalt erhielt ihre Feststellung durch nachstehendes „Statut",
dessen Höchste Genehmigung am 1. Oktober desselben Jahres er-
folgt war. Dasselbe lautet:

Wir Karl Alexander von Gottes Gnaden Grostherzog
von Sachfcn-Wcimar-Eifenach, Landgraf in Thüringen, Mark-
graf zu Meisten, gefürsteter Gras zu Henncbcrg, Herr zu Man-
stenhayn, llcustodt und Tautenburg rc. rc.

Indem Wir Unfern Entschluß, in Unserer Haupt- und Resi-
denzstadt Weimar eine Kunstschule zu errichten, zur Ausführung
bringen, treffen Wir über deren Einrichtung nachstehende Bestim-
mungen.

1. Zweck der Kunstschule. Die Kunstschule, eine höhere
Lehr- und Bildungsanstalt, hat den Zweck, junge, mit Talent be-
gabte Leute zunächst in der Malerei, und zwar in der Historien-,
Genre- und Landschastsmalerei bis zur vollkommenen künstlerischen
Selbstständigkeit heranzubildcu.

2. Umfang des in der Kunstschule zu ertheileudeu
Unterrichts. Der Unterricht in der Kunstschule umfaßt:
1) In der Abtheilung für Historienmalerei (welche die Genre-
malerei mit cinschließt): Zeichnen nach der Antike und nach
dem lebenden Modell; Malen nach der Antike und nach dem
lebenden Modell; Uebungen im Komponiren; Ausführung von
Cartons und von Gemälden in der Mcisterklaffc. 2) In der
Landschaftsschule: Zeichnen und Malen nach Studien und nach
der Natur, letzteres bei regelmäßigen Ausflügen unter Leitung
des betreffenden Lehrers. 6) Den Unterricht in der Perspektive,
Anatomie, Proportionslehre und Kunstgeschichte.

3. Schule der Historienmalerei. Die Abtheilung der
Historienmalerei wird durch den ersten Professor vertreten, wel-
cher im Einverständniß mit den übrigen in diesem Fache ange«
stellten Lehrern die Entwickelung der Schüler überwachen wird.

4. Schule der Landschastsmalerei. Für die Schule
der Landschastsmalerei wird ein Lehrer hinreichend gefunden,
welcher seine Zöglinge vom Anfänge bis zur letzten Ausbildung
fortführt.

5. Unterricht in der Perspektive, Anatomie und
Kunstgeschichte. Mit den Vorlesungen über Perspektive, Ana-
tomie und Kunstgeschichte werden besonders dazu befähigte Män-
ner betraut, welche für jedes Schuljahr neu bestimmt werden
können.

6. Eintheilung der Zeit. Das Schuljahr beginnt mit
dem 15. Oktober und endet mit dem 15. August jedes Jahres.
Aufnahmen finden jeder Zeit statt. — Die Arbeitsstunden der
Schüler find täglich, im Sommer von 8—12 Uhr Vormittags
und 2—6 Uhr Nachmittags; im Winter von 9—12 Uhr Vor-
mittags und 2—4 Uhr Nachmittags. Das Aktzeichen findet nur
im Winter und zwar von 5—7 Uhr Abends statt. — Die für
Perspektive, Anatomie und Kunstgeschichte bestimmten Stunden
werden durch Anschlag besonders bekannt gegeben. —

7. Kosten des Unterrichts. Für den Unterricht an der
Kunstschule haben zu entrichten: a. die Inländer halbjährlich
4 Thlr.; b. die Ausländer halbjährlich 8 Thlr.; c. Hospitanten
nach dem Ermessen des Direktors halbjährlich bis zu 12 Thlr.
— Bedürftigen Schülern kann nach Ermessen des Direktors Er-
mäßigung oder Befreiung von diesen Beiträgen bewilligt werden.
 
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