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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0210

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genug sahen, um des Sohnes aufkeimendes Talent zu be-
merken, auch hoch genug, um dies Talent zu nähren und nach
Kräften zu fördern, ja sie suchten ihren Stolz darin, der
Vaterstadt in ihrem Sohne einen künftigen Künstler zu
erziehen. So erhielt denn der Knabe schon frühzeitig neben
dem herkömmlichen Schulunterrichte Anweisung im Zeich-
nen. Sein erster Lehrer hierin war der Guache- und Aqua-
rell-Maler von Bemmel, einer der letzten Sprösslinge
der bekannten Künstlerfamilie dieses Namens, welche auf
den Landschaftsmaler Wilhelm von Bemmel zurück-
führt. Im Jahre 1802 trat er in die Nürnbergische Zeich-
ncnschule ein, der damals Zwinger als Direktor Vorstand,
und worin er drei Jahre verblieb. Er übte sich dort
hauptsäcklich im Figurenzeichnen, wobei er sich streng an
das Preißler'sche Zeichnenbuch und die von verschiedenen
Mitgliedern der Familie Preijßler herrührenden Hand-
zeichnungen zu richten hatte. Aber während er diese Schule
so ziemlich bis zu Ende durchmachte, fühlte er sich ganz
besonders von Nidinger's Pferden und anderen Thieren
angezogen und er studirte dieselben mit solcher Sorgfalt
und Gewissenhaftigkeit, daß seine mit der Feder hergestellten
Kopien derselben nicht blos den Originalien täuschend
ähnlich waren, sondern durch den unverkennbar darin aus-
gesprochenen Geist schon damals darauf hindeuteten, es
werde sich Klein's Talent ganz besonders für dieses Fach
entwickeln.

Nach seinem iin Jahre 1805 erfolgten Austritte aus
der Zeichnenschulc übernahm der treffliche Kupferstecher
Ambrosius Gabler in Nürnberg die Fortbildung Klein's
im Zeichnen und führte ihn zugleich in die Kunst des Ra-
direns und Knpferstechens ein. Ihm verdankte der Jüng-
ling, daß er von ihm auf die rechte Bahn gelenkt ward,
auf jene Bahn, welche ihn zu einem so schönen Ziele führen
sollte. Zunächst ward das strengere Figuren-Zeichnen
fortgesetzt, und erst dann, als des jungen Mannes Hand
und Auge sicher gcuug erschienen, wies ihn der Lehrer,
dessen umfassende Kenntnisse ganz geeignet waren, um ein
Talent wie Klein's richtig zu bilden, zur Nachbildung
der Natur an. Bald war der Schüler denn auch im Be-
sitze von sorgfältigen Studien nicht blos landschaftlicher
Details sondern auch kleinerer Partien aus der Umgebung
seiner Vaterstadt, und der wachsenden Uebung genügte bald
das an Naturschönheiten nicht sehr reiche Terrain um
Nürnberg nicht. Bald übte er mit schnellem, sichtlichem
Erfolge in weiter entfernten Gegenden. Fußwanderung
reihte sich an Fußwanderung, und von jeder kehrte Klein
zurück reich versehen mit Studien aller Art, welche, mit
Geist aufgefaßt, mit Treue und Leichtigkeit zugleich aus-
geführt, als anziehende Proben mächtig sich entwickelnder
Anlagen betrachtet werden durften. In der Sammlung
des Kunsthändlers Frauenholz in Nürnberg lernte er
Wilhelm Kobell's große Aquarellzeichnungen kennen und
erhielt von ihm die Bewilligung hiervon Kopien machen
zu dürfen.

Aber dabei verlor er die Natur nicht aus den Augen.
Allerorten sammelte er Thierstudien, wozu sich ihm in sei-
ner Vaterstadt die beste und bequemste Gelegenheit bot.
In ihren Straßen und auf ihren Plätzen bot die Gewohn-
heit der Landleutc aus der Umgebung, ihre Zugthiere zum

Zwecke der Stattgebühr-Ersparniß unter freiem Himmel
abzufüttern, dem jungen Künstler manchen brauchbaren
Stoff. War es hier stehendes oder liegendes Vieh, an
dem er seine Kraft prüfte, so wagte er sich bald auf seinen
Ausflügen in die Umgebung der Stadt an größere und
bewegtere Gruppen, und fügte die Personen und Geräthe
hinzu, welche sich ihm dabei darbotcn.

Diese zahlreichen, bald mehr bald minder reichen Stu-
dien schienen ganz dazu gemacht, durch die Nadir-Nadel
für die Vervielfältigung behandelt zu werden. Gabler
verstand sie mit Sicherheit und Geschmack zu führen, und
Klein folgte seinen Anleitungen mit gespanter Aufmerk-
samkeit, unterstützt von dem innewohnenden Talente. Der
Tag, an dem er sich zum erstenmale im Gebrauche der Na-
dir-Nadel versuchen durfte, war für Klein ein wahrer
Feststag. Zunächst waren es landschaftliche Gegenstände,
welche er hiezu wählte, denn in ihnen hatte er sich die
meiste Erfahrung und Sicherheit erworben, zwei Momente,
deren der Nadirer vor allen andern besonders dringend
bedarf. Bald folgten aber kleine Pferdestücke und dazwi-
schen Köpfe u. dgl.

Unterrichtete ihn auch sein trefflicher Lehrer mit gleicher
Liebe im Gebrauche des Stichels, und eignete sich der junge
Mann auch früh genug die Vortheile an, welche derjenige
inne haben muß, der auf diesem bedeutenden Kunstzweige
Tüchtiges leisten will, so sagte Klein doch die Nadir-
nadel weit mehr zu, und er studirte mit Hingebung die
Werke eines Van der Velde, Heinrich Noos, Karel
Dujardin und andrer ausgezeichneter Künstler dieses
Faches, deren leichte und ansprechende malerische Manier
ihm ganz besonders zusagte.

Es dauerte nicht lange, so wurden Klein's Arbeiten
in weiteren Kreisen bekannt und erwarben sich in demselben
Grade mehr und mehr Freunde, als sie nicht blos der
Zahl nach anwuchsen, sondern auch an innerer Bedeutung
Zunahmen. Dazu gesellte sich ein neues äußeres Moment,
welches auf den inneren Entwickelungsgang des Künstlers
lebhaft einwirkte. Europa wagte unter der brutalen Ge-
walt des Soldaten-Kaisers kaum zu athmen, des Korsen
Machtwort war Gesetz geworden für die Fürsten und Völ-
ker, das heilige römische Reich deutscher Nation war durch
die Schwäche und den Eigennutz seiner eigenen Söhne
in sich zusammengebrochen und auch Klein's uralte Va-
terstadt hatte ihre Selbständigkeit verloren. Heer um Heer
durchzog Deutschlands Gauen und sog an seinem innersten
Marke, der Soldat galt allein noch etwas. Natürlich
blieb auch Nürnberg bei seiner geographischen Lage nicht
von diesen Bewegungen unberührt, und wenn auch seine
Umgebungen nicht wie im dreißigjährigen Kriege der Schau-
platz blutiger Gefechte wurden, so litt es doch an immer
wiederkehrendcn Truppcndurchmärschen schwer genug. Aber
gerade diese malerischen Scenen und Gruppen, welche die
Trains der verschiedenartigen Heere darboten, die Soldaten
der mancherlei Nationalitäten und Waffengattungen, das
bunte Leben und Treiben im Lager und auf der Beiwacht,
regten unseren Künstler zur emsigsten Thätigkcit an. Sein
beobachtendes Künstlerauge fand mit raschem Blicke alle
die lebendigen Details aus dem bunten Gewirr leicht her-
aus und sein Stift hielt die Eindrücke mit Sicherheit fest.
 
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