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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0211

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Seine Studienbücher aus jener Zeit bergen Schätze, deren
kleinsten Theil nur er in seinen späteren Bildern und ra-
dirten Blättern erschloß.

Bis zum Jahre 1811 hatte Klein seine Vaterstadt
nur zu Ausflügen in die Umgebung verlassen. Der in
dieser Zeit erfolgte Tod seiner Mutter, an der er mit
besonderer Zärtlichkeit hing, gab mit andren Verhältnissen
den Anstoß, daß er sich in die Welt warf. Der Kunst-
händler Frauenholz, der unfern Freund hock, schätzte,
und mit dem derselbe fortwährend im engsten Verkehr
stand, wies oft auf Wien, woselbst damals ein nicht un-
bedeutendes Kunstleben sich regte. Dort waren ihm die
ersten unter den Künstlern, wie Füger, Bartsch, Rahl,
Molitor und Andere, theils persönlich befreundet theils
durch Geschäfte näher getreten. Mit den wärmsten Em-
pfehlungen an sie versehen, machte sich Klein auf den Weg.

Damals war eine Reise von Nürnberg, die man heul
in achtzehn Stunden zurücklegt, noch etwas, wovon man
mit einer gewissen Genugthuung sprach. Unser Freund
brachte damit eine ganze Woche zu und bedurfte seines
ganzen Jugendmuthes, um nicht zaghaft zu werden, als er
in dem kaum geahnten Gewühle der großen Kaiserstadt
allein sich fühlte, ans sich und sein Talent angewiesen.

Um äußeren Halt zu gewinnen, trat er zunächst auf
der kaiserlichen Akademie als Zögling ein und widmete
sich den dort vorgeschriebenen Studien mit allem Eifer.
Daneben aber zeichnete und sammelte er nach Herzenslust,
wo er ging und stand, auf Straßen und Plätzen der volks-
reichen Stadt Studien und Scenen nach dem Leben, das
ihn brausend umgab. Allerorten traten ihm neue Typen
entgegen, boten ihm die malerischen Gestalten der Un-
garn und Slovaken, der Italiener und Illyrier, der Mäh-
ren und Kroaten eine kaum zu bewältigende Fülle des
brauchbarsten Stoffes. Dazu kamen militärische Scenen,
Thierstudien und landschaftliche Gegenstände, die er mit
unermüdlichem Fleiße, mit sicherem Berständniß und schar-
fer Charakteristik wiedergab.

Bald trat er mit Bartsch, Molitor, Rechcnber-
gcr, Mansfeld und andern wiener Künstlern in leb-
haften und freundschaftlichen Verkehr, erwarb sich unter
dem Adel der Kaisersladt bedeutende Gönner und fühlte
sich in kürzester Zeit daselbst heimisch am großen Do-
naustrome.

Von Wien aus unternahm er theils allein theils in
Gesellschaft von befreundeten Künstlern manche Ausflüge,
die sich endlich bis Steyermark und Ungarn ausdehnlen,
und von denen der fleißige Künstler mit trefflichen Stu-
dien beladen heimkehrte. Auf diesen Wanderungen be-
diente er sich auch mit großer Gewandheit der Wasser-
farbe, um das fcstzuhaltcn, was er dann später nach Muße
ausführte. Aus dieser Zeit stammt eine bedeutende An-
zahl jener radirten Blätter, welche den Namen des Künst-
lers den besten seines Faches beigeselltcn. So kamen die
Jahre 1813 und 1814 heran, mit ihnen der Kongreß und

sein bewegtes Leben und Truppenmärsche ohne Ende, was
alles Klein neues schätzbares Material gab.

Wie er von Nürnberg aus durch die Frauenholzqche
Kunsthandlung fortwährend beschäftigt ward, so trat er
nun auch mit der Kunsthandlung von Artaria et Comp,
in Wien in Geschäftsverbindung, welche dem geschätzten
Künstler viele Aufträge zugehen ließ.

Im Jahre 1815 führten ihn Familien-Verhältnisse
in seine Vaterstadt zurück. Doch dauerte der Aufenthalt
daselbst nicht lange; ein Auftrag des Grasen Erwin von
Schvnborn führte ihn über Frankfurt an den Rhein
und schon im darauf folgenden Jahre kehrte er nach dem
ihm so lieb gewonnenen Wien zurück. Die Reise am
Rhein aber blieb für den Künstler, dem es im bunten
Leben der Beiwacht ganz behaglich war, nicht ohne Aben-
teuer. Ein paarmal ward er über seinem Notizensammeln,
da die Soldaten wenig Unterschied fanden, ob er schreibe
oder zeichne, für einen Spion gehalten. Der Jrrthum
ward jedoch immer rechtzeitig genug entdeckt, um ihm grö-
ßere Unannehmlichkeiten zu ersparen.

Während seines zweiten Aufenthaltes in Wien machte
er sich auch mit Pinsel und Palette vertraut und verschaffte
sich in kürzester Zeit eine große Gewandtheit in der Be-
handlung der Oelfarbe. Im daraus folgenden Jahre (1817)
ging sein Vater in dem Alter von 74 Jahren mit Tod
ab, vom Sohne tief betrauert.

Mit dem nehmlichen Jahre trat ein »euer Wendepunkt
in seinem Leben ein, indem er vom wiener und ungari-
schen Adel, sowie vom damaligen Gesandten Frankreichs
am wiener Hofe, Marquis von Caramann, und vom
allmächtigen Staatskanzler Fürsten von Metternich man-
nigfach beschäftigt ward. Der Letztere, dessen besonderer
Gunst sich der Künstler erfreuen durste, schickte ihn, um
ihm Gelegenheit zum Malen von Pferdestudien zu geben,
auf das kaiserliche Hofgestüt Coptzän in Ungarn. In
dieser Zeit war es auch, als König Max Joseph auf
ihn aufmerksam wurde und ihn in seinem gnädigen
Schutz nahm.

Das Jahr 1818 führte Klein nach dem Alpenlande
um Salzburg und Berchtesgaden, woselbst er sich höchst
werthvolle Studien sammelte. Diesmal reiste er nicht
mehr allein, in seinen Freunden Erhard, Welker und
Reinhold fand er ihm verwandte Naturen und genoß
die Schönheiten der Natur doppelt in ihrem Kreise. Nach
einigen Monaten Aufenthalt in Salzburg ging Klein
nach München und verblieb dort im Kreise der rasch ge-
wonnenen Freunde Wagenbauer, P. Heß, Quaglio
u. A. sieben Monate im vollen Genuß der Künstschätze
und reichen Sammlungen der Königsstadt. Aber nicht
dem Studium allein lebte er, manches schöne Blatt ward
damals in München radirt und manches treffliche Bild be-
wies, wie sicher er mit Pinsel und Palette umzugehen
gelernt hatte.

«Schluß folgt.)
 
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