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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0228

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212

Die ritterliche Gegenseitigkeit endlich, welche der Vertrag sti-
pulirt, vermag nutz nur ein zweifelvolles Lächeln abzugewinnen.
Das Einträgen unserer artistischen und literarischen Erzeugnisse
in die Register des Ministeriums zu Paris führt in den mei-
sten Fällen voraussichtlich zu Nichts; nimmer wird es der ern-
sten deutschen Kunst gelingen, sich einen nachhaltige» Einfluß in
Frankreich zu verschaffen, oder gar eine Reaction gegen die Pa-
riser Frivolitäten herbeizusühren. . Die Sprache der deutschen
nationalen Kunst wird dort nicht verstanden. Die pariser Kunst-
sammlungen, private wie öffentliche, zeigen von deutscher Kunst
so viel wie nichts auf; begegnet man da oder dort einem deut-
schen Namen, so sind es Arbeiten solcher Künstler, welche sich
bequemt haben, den Accent der französischen Malerei u. s. w.
vollständig oder doch so viel wie möglich anznnehmen.

Das Vorige in kurzen Worten: der Vertrag übt seine Wir-
kung nur von Frankreich nach Deutschland ans, er will uns
französiren.

Die Künstlerversammlung vom 19. Mai hat eine Kommission
erwählt, welche hauptsächlich die materiellen Für und Wider zu
prüfen hat. Das Ergebniß dieser Untersuchungen, gestützt auf
die Urtheile zu Rathe gezogener Fachmänner, muß abgewartet
werden. Schon jetzt dürften sich übrigens mehrere Erscheinungen
Voraussagen lassen, welche in's Leben treten. Der Kunsthandel
diesseits des Rheines wird vielfach in die Hände der gewandteren
Franzosen gerathen und dies um so leichter, als der große Han-
delsvertrag (Art. 25) die Freizüglichkeit anbahnt. Unsere Kup-
ferstecher, Lithographen, Tylographen, kurz alle vervielfältigende
Künstler werden den mit den Mitteln äußerer Virtuosität reicher
ausgestatteten französischen Künstlern weichen müssen. Unsere
Kunstvereine werden nach und nach den gefälligen effektreichen
aber innerlich bohlen und häufig frivolen französischen Bildern
ihre Pforten erschließen müssen, denn diese sind ja, einmal in
Berlin eingetragen, in allen Beziehungen gleich berechtigt mit
den deutschen. In der Literatur werden ähnliche Erscheinungen
hervortreten; die Lorettenlitcratur, die bekanntlich hoch oben in
der modernen französischen Literatur beginnt, die Bühnenstücke
der cksmi-monäe werden sich (versehen mit der Signatur eines
deutschen Kultusministeriums!)> aus unseren Lesetischen, Leihbi-
bliotheken und Theatern immer breiter machen; selbst das Recht
und die Handhabung der deutschen Uebersetzung dieser pariser
Blüthen bleiben nach Art. 6 fünf Jahre lang in der Hand der
französischen Autoren, mit denen unsere dramatischen Schriftsteller
insbesondere die Tantiemen unserer Theater zu theilen haben
werden u. s. w., ohne jenseits des Rheins einen entsprechenden
Entgelt zu finden. Nur die deutsche Musik wird im Bortheil
sein und der Ueberlegenheit genießen, die sie bekanntlich schon
längst behauptet.

lieber die Reihe materieller Nachthcile, wie wir sie aufge-
zählt haben, könnten wir uns übrigens immerhin leicht trösten,
nimmer aber vermochten wir es über die Einbuße an Charakter,
Ernst und Sittlichkeit, welche die Kunst, die Künstler und mit
ihnen das deutsche Volk unter der breiten Ueberfluthung der be-
zeichneten Pariser Propaganda erleiden müßten.

Frägt man uns nun nach unseren positiven Ansichten und
Wünschen, wenn sich das Zünglein der Waage für den Abschluß
des Handelsvertrages neigen sollte, so antworten wir einfach:
„gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, aber laßt Literatur und
Kunst ans dem Spiel!" Alles was der Handelsvertrag von zeich-
nenden Künsten in seinen Bereich ziehen kann, ist die Erfindung
der Muster; der Musterschutz ist ein natürliches Element des
Handelsvertrages und kann und muß in diesem gesichert werden,
aber Literatur und Kunst und alle übrigen Stützen der geistigen
Physiognomie beider Nationen sollten von dem Vertrage unbe-

rührt bleiben und zum mindesten in in der bisherigen Entfer-
nung von einander gehalten werden.

München, im Mai 1862. F. Dietz.

Wissen schaftsicher Knnssvcrein in 'gikrfin.

(Sitzung vom 16. Juni.)

Es wurden die Herren Professor Molin in Stockholm zum
auswärtigen, die Herren Knaus und Th. Wagen er hier zu
ordentlichen Mitgliedern gewählt. Der Schriftführer machte Mit-
theilungen aus einem an ihn gerichteten Brief des Professors
M,olin, welcher in Gesellschaft des Hrn. Geiß von hier nach
London gereist ist, wo seine „Ringergrnppe" die ausgezeichnetste
Aufnahme gefunden hat. Der in Stockholm erschienene Volks-
kalender Svea vom Jahre 1862 wurde vorgelegt, in welchem sich
eine Abbildung der Ringergruppe und Hedberg's Romanze „Bälte-
Spännere" befinden. — Prof. Kiß legte drei Photographien
nach dem unlängst von ihm vollendeten Grabdenkmal der Gräfin
Henckel vor, auf welchem wir die in zartester Marmorarbeit
ausgeführte lebensgroße Figur der Verstorbenen erblicken, welche
nur'von dem Genius des Schlafes, nicht von dem des Todes
sanft berührt, in jugendlicher Schönheit von den Mühen de« Le-
bens auszuruhen scheint. Die auf Befehl des hochseligen Königs
von Kiß ausgeführten Modelle zu den beiden Reitergruppen,
welche die Bestimmung haben, als Schmuck des Einganges des
KLnigl. Schlossparks in 'Charlottenburg ausgestellt zu werden,
befinden sich zur Zeit ebenfalls noch in derselben Werkstatt. —
Ein für die mittelalterliche Kriegsverfassung, Waffenkunde und
Kleidung des deutschen Heeres interressautes Werk war ausgelegt:
„Das Kriegswesen des heiligen römischen Reichs deutscher Na-
tion unter Maximilian I. und Karl V. Historischer Entwurf
von Quirin Lettner, komponirt und gezeichnet von A. Reu-
mann. Leipzig, Schrop's Verlag." Außer den Bildnissen des
Kaisers Max und des Feldobersten Georg von Frundsbcrg in
voller Rüstung mit facsimilirter eigenhändiger Unterschrift, sind
auf einer Reihe von Blättern in Holzschnittmanier Aufzüge, Mu-
sterungen und Heerzüge der Anführer nach ihren verschiedenen
Graden, der Landsknechten und Beamteten der Regimenter ein-
zeln und in Gruppen dargestellt. — Zur Bcrtheilung an die Mit-
glieder des Vereins hatte die Schrödersche Buchhandlung (Kayser,
unter den Linden 41) eine Anzahl Exemplare der in ihrem Ver-
lage erschienenen beiden Druckschriften: a) „Gutachten der Kunst-
abtheilung des Goethe-Comitö über die Aufstellung der drei
Standbilder von Schiller, Goethe und Lessing auf dem
Gensd'armenmarkte zu Berlin" und b) „das drei Statuen-Pro-
jekt" eingcsendel. Da in der Versammlung Mitglieder des Schil-
ler-, des Goethe- und auch des Lcssing-Comitö anwesend waren,
wurde aus Veranlassung jener cingesandten Gutachten der nur
allzulang schon in unerquicklicher Weise geführte Streit wiederum
ausgenommen, wobei die entgegengesetzten, einander sich ansschlie-
ßcndcn Ansichten eifrige Wortführer und Vertreter fanden. Nach
der gegenwärtigen Lage der Angelegenheit steht so viel fest, daß
Schiljler den ihm ursprünglich zugewiesenen Platz behaupten
und mit Ausführung des Standbildes vorgegangen werden wird.
Wäre damit begonnen worden, den für das Denkmal bestimmten
Platz abzugrenzen, mit Buschwerk nnd Blumeuanlagen in einen
anmuthigeii Gartenranm zu verwandeln, dann würde von der
Unangemessenheit „des Gensdarmcnmarktes" nicht mehr die Rede
sein. Schließlich ausgeglichen wird der Zwiespalt, der nun
schon ein Driespalt geworden ist, nur durch eine Allerhöchste Ent-
scheidung werden; daß diese bald erfolgen möge, ward als der
angelegentlichste Wunsch allseitig ausgesprochen. F. F.

Briefkasten.

An die Herren Waler v. W, c£. Fl. und i>. Fl- in Düssel-
dorf: Erhalten und sagen wir Ihnen im Namen des unglück-
lichen Hinterseewirths unfern wärmsten Dank. Das Resultat der
Verloosung wird seiner Zeit veröffentlicht werden.

Die Expedition d. Diosk.

Herrn U Korrespondenten in Prag. Sehr willkommen.

Kn den Porssand des Hermanilchcn Wuseuins in Finrn-
üerg. So gern wir in einen Austausch der Anzeigen willigen,
können wir doch die weitere von Ihnen gestellte Proposition lei-
der nicht acceptiren. Die Expedition d. Diosk.

Herrn Dr. W — r in Mannheim: Die durch eine Irrung
der Expedition bewirkte Unregelmäßigkeit wird nicht wieder Vor-
kommen. Mit der gegenwärtigen sandten wir auch die fehlenden
Nummern. D. R.

Herrn vr. Ji. cg. in Karlsruhe: Erhalten. Direkte Mit-
theilung wäre uns ebenfalls willkommen gewesen. D. R-

Herrn Pilot» & Köchle in München: Durch die hiesige
Schröder'sche Buchhandlung erhalten. Soll nach Verdienst ge-
würdigt werden. Die Red. d. Diosk.

Kommissions-Verlag der Nicolai'schen Verlags-Buchhandlung (G. Parthey) in Berlin. — Druck von G. Bernstein in Berlin.
 
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