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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0316

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Stcrndiadem, ihre Bekleidung ist ganz hellblau, der oben hinter
ihr wallende Schleier weiß, in den Schatten gelblich. Diese
Gruppe ist auf dem linken Seitenselde des Tablinums gemalt,
auf welcher sich im Mittelfelde das Gemälde befindet, darstellend,
„Theseus, von der Ariadne das Knaul zum Labyrinth empfangend,"
die auf Taf. II, 33 im Ganzen abgcbildet ist- Hierzu bemerkt,
wie uns dünkt nicht ohne Grund, der obenerwähnte Berichter-
statter, daß „das goldene Sterndiadem der weiblichen Fi-
gur" zugleich mit dem eine Fackel tragenden geflügelte» Jüngling,
nicht wohl, wie es Herr Jahn erklärt, „der Morgenstern sein
kann, welcher die scheidende Nacht und das nahende Tageslicht
bezeichnet, so daß beide Momente in unserer Darstellung sinnreich
vereinigt sind." Nein, es ist die Sternenkrone der Ariadne, das
Sterndiadem der sieggekrönten Himmelskönigin, welche der hu-
mane Sinn der Griechen, die den Nationalhelden Athens gern
von dem Vorwurfe der Undankbarkeit und Untreue gegen seine
Geliebte gereinigt hätten, durch eine heilige Hochzeit mit dem
aus Indien heimgekehrten Gotte Dionysos oder Bacchus für die
Schmerzen der Demllthigung und Täuschung zu entschädigen
suchten. Diese Gerechtigkeit gegen die verletzte Frauenehre mußte,
als ein Bild der himmlischen Erhöhung nach der irdischen Er-
niedrigung, auf die Herzen, besonders die weiblichen, der
Bewohner Großgriechcnlands, welche für die bacchischcn My-
sterien so eingenommen waren, daß es für ein Unglück galt, zu
sterben, ohne in sic eingeweiht zu sein, — einen überaus wohl-
thueuden Eindruck machen, und es läßt sich kein schönerer Schluß
einer Bilderreihe, welche die Entstehung des Minotaurus und
seines Todes durch Theseus unter Ariadne's Vermittelung dar-
stellt, denken, als das hochzeitfeierliche Emportragen der Ariadne
durch den eine Fackel tragenden Dionysos. Und Dionysos
oder Bacchus ist es, der vor uns schwebt in einer Gestalt und
Schönheit, ganz der des Apollo gleich, mit welchem er auch den
Lorbeerkranz und (nach Macrobius Saturn. I, 18) die Herrschaft
in den Hemisphären gemein hat. Noch ist die Bemerkung bei-
zufügen, daß nach Hygin. fab. 224 Bacchus die Ariadne die
Stellvertreterin der Libera nannte, und daß die Krone Ariadnens,
wie im Alterthum (nach Aratus Phänomenen), so noch jetzt (nach
Bode's Anleitung zur Kenntniß des gestirnten Himmels), als
ein helles nördliches Gestirn bescheidener Größe am Himmel steht.

Das andere Seitenbild (Taf. III. 82) ist wie sein Seitenstück
ein Wandgemälde auf blauem Grunde in der Größe des Ori-
ginals. Es stellt eine schwebende Gruppe einer weiblichen Figur
mit einem Hirtenstab dar, auf deren Flügel eine andere weibliche
Figur mit einer Fackel, vielleicht die Nacht oder eine Allegorie
auf den Ackerbau verstellend. Herr F. H. hält diese Gruppe für
die Eileithyia, die Lucina der Römer, welche um der Eile
willen hier doppelt geschürtzt, mit Hyperboräer-Stiefeln bekleidet
und in der Linken einen Reisestab haltend, ihren nächtlichen Flug,
den eine Fackel beleuchtet, mit gesenktem Fittig „hemmt" (Odyss.
IX., 323), um der blos mit der Nachthaube bekleideten Ariadne
mit der vorgestreckten rechten Hand Naxos als Stätte der Ent-
bindung zu zeigen.

Tafel III. 83. Zwei Wandgemälde aus der Casa delle
Suonatrici (Casa di M. Lucrezia) zu Pompeji, ausgegraben
1847. Gegenstücke des Gemäldes, Herkules bei Omphale, welches
welches mit der ganzen Wand auf der folgenden Tafel 84. ab-
gcbildet ist. Das Gemälde links „die Erziehung des Bacchus",
welcher auf einem von zwei weißen Stieren gezogenen Ernte-
wagen auf dem Schooße seines Erziehers Silen sitzt und mit
dem Thyrsus spielt. Rechts das Gefolge des Bacchus mit einem
die Doppelflöte blasenden Satyr, links eine Frau, welche ein
Gefäß von rother Terracotta, wahrscheinlich mit Weinfrüchten,
einer andern Frau auf dem Wagen reicht, dahinter eine Bac-
chantin. Die Stiere werde» von einem vor dem Wagen gehen-
den jungen Satyr, der die Zügel hält, geleitet, vorn links ein
kleiner Pan. Das ganze Gemälde ist schön und kräftig gemalt,
der Himmel blau, die Bekleidung des Silen violett und gelb,
die Frau mit dem Gefäß hat rothes Unterkleid mit blauem Saume
und hellblaues Oberkleid, von der kleine Pan gelbes Gewand.
Vorn das Erdreich ist grünlich, der Grund der Wand ist zinnober-

roth, wie bei Tafel 84. Das Gemälde rechts, die Errichtung
einer Siegestrophäe von Harnisch, Helm, Schwert und Schild,
vorn ein gefangener Krieger mit auf den Rücken gebundenen Hän-
den, auf den ihm abgeuommenen Waffen sitzend, rechts eine Victoria,
die Siegesthaten auf ein Schild schreibend , links eine reich be-
kleidete Frauengestall ebenfalls einen Schild haltend, dahinter
ein junger Satyr mit einem Thyrsus. Der Himmel ist blau.
An der Siegestrophäe der Harnisch und oben der Helm blau,
das Harnischhemde weiß, oben links der Schild blau und violett,
unten links der Schild roth mit gelb. Die Victoria hat violettes
Kleid und blaue Flügel, der Schild, auf den sie schreibt, ist blau,
die Figur, welche ihr den Schild vorhält, hat Gewand von gelber
Farbe mit violett. Links die Frauengestalt trägt weißes Kleid,
unten mit blauem Saume, und zwei vom Gürtel herabhängende
lange weiße Bänder mit grünen Blättern. Der' Schild, auf
dem der Gefangene sitzt, ist gelb mit dunkelrother Einfassung,
der Harnisch darunter und rechts daneben der Helm blau. Der
Grund der Wand ist ebenfalls ziunoberroth wie bei Taf. 84.

(Forts, folgt.)

Deutscher Bilbersaal. Verzeichnis; der in Deutschland
vvrhaudcueu Oelbilder verstorbener Maler aller Schu-
len, zusammengetragen von G. Parthey. (2. und
3. Lieferung.) Berlin. Nicolaische Vcrlaasbuchhaud-
lung. 1862.

Die erste Lieferung dieses höchst verdienstvollen und mit
seltener Gewissenhaftigkeit zusammengestellten Werkes haben wir
bereits am Schlüsse des vergangenen Jahres (siehe Nr. 50 und
52 der Dioskuren) ausführlicher besprochen und namentlich die
allgemeine Tendenz deffelben dargelegt. Wir begnügen uns daher
diesmal mit der Bemerkung, daß die vorliegende 2. u. 3. Liefe-
rung in der alphabethischen Reihenfolge der Künstlernamen den
Buchstaben B. beendet und im Buchstaben C. bis Collantes reicht.

Beitrage zur Kunstgeschichte Nürnbergs von Joseph
Baader, königl. Archiv-Koservator. Nördlinqen.
Verlag von Beck's Buchhandlung. 1862.

Scho» im vorigen Jahre veröffentlichte der Verfasser „Bei-
träge zur Kunstgeschichte Nürnbergs", wovon die vorliegenden als
die Fortsetzung zu betrachten sind. Der allzu spceielle, chronika-
lische Inhalt verbietet uns ein näheres Eingehen. Indessen wer-
den die mit großer Liebe zusammengctragenen Notizen über die
älteren Künstler Nürnbergs, A. Dürer, Peter Bischer, Veit
Stoß, Sebald Beheim, Georg Glockendon, Georg
Peucz, Lantensack, Jamitzer n. s. w. den Kennern der alten
Holzschneidekunst, Glasmalerei und Bricfmalerei sehr willkom-
men sein. — r. —

C. A. Rudolphi recentioris aevi Numismata virorum
de rebus medicis et physicis meritorum memoriam
scrvantia denuo edidit, emendavit et auxit Carol.
Lndov. de Duisburg, Dr. med. et Chirurg, regi
a consil. sanit. societ. nat. curios. dantise. et regio-
mont. membrum. Dantisci, sumptibus Theodori Bert-
ling. 1862.

Obgleich der allgemeinen Tendenz unsers Journals fernab
liegend, ist das oben verzeichnete Werk durch seine Gründlichkeit
in der Bearbeitung doch werth, daß wir namentlich die Münz-
nnd Medaillensammler darauf aufmerksam machen. Das ältere,
in drei Auflagen erschienene Werk Rndolphi's über die medicini-
schen Münzen (Iudex numismatum in virorum de rebus medicis
vel physicis meritorum memoriam percussorum. 1823, 1825,
1829) ist in der gegenwärtigen, bis auf die neuste Zeit fortge-
führten Bearbeitung so vervollständigt, daß diese wohl als eine
selbstständige Arbeit betrachtet werden kann. Eine Specialkritik
müssen wir den Fachjournalen anheimstellen. — r. —

Großherzoglich Sächsische Kunstschule zu Weimar.

Der Unterricht und die Vorlesungen an der Großherzoglicheu Kunstschule nehmen für das Wintersemester 1862/63 am
15. Oktober ihren Anfang. — Anmeldungen und Anfragen über Plan und Einrichtung der Anstalt sind an das „Sekretariat
der Hroßherzoalich Sachlischeu Kunstschule zu Weimar" zu richten.

Weimar, im September 1862. [125]

Der Direktor: Hras von Kalkreuth. Der Sekretair: Dr. g). von Schorn.

Kommissions-Verlag der Nicolai'scben Verlags-Buchhandlung (G.Parthcy) in Berlin. — Druck von G. Bernstein in Berlin.
 
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