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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0328

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kürzlich wirklich verstorbenen B. C. Koekkoek „Gehölz
mit Vieh", so kräftig und tief in der Farbe, wie ich selten
von ihm gesehen, und die drei Landschaften von I. W.
Bilders.

Außer den mit einigen dieser Landschaften verbundenen
Thieren des Feldes wüßte ich in der Thiernialerei nur
die bekannte Frau Henriette Ronner, gcb. Knip an-
zuführen, deren „Sandgräber, welcher den Tod seines
alten treuen Hundes beklagt" zwar eben so sehr dem mensch-
lichen Genre angehört. Auck in der Manier finde ich
Meister, deren Namen in Deutschland von gutem Klange

Klange sind; es sind H. Koekkoek, W. A. van Deven-
ter, dessen „Ansicht vom 2) bei Amsterdam" auch die deut-
schen Ausstellungen schon besuchte, und Verveer. Be-
kannter als Jost. Rosboom, dessen „Klosterküche" das
beste Bild im Farbe des Interieurs ist, hat sick in den
letzten Jahren C. Springer durch seine Architekturbilder
gemacht. Von dem Fehler des allzu detaillirtcn Ausma-
lens der Steine, in den der Meister bisweilen verfällt,
sind sein „Rathhaus ini Haag" und „die große Kirche mit
dem Waisenhause in Leyden" ziemlich frei.

(Fortsetzung folgll)

Kunst-Chronik.

Berlin. — Die berühmte „Statue des Moses" von
Michel An gelo in der Kirche San Pietro in Bin colo
zu Rom ist, wie wir bereits in unsrer vorigen Nummer
erwähnten, zum ersten Male in getreuer Neductions-Kopic
vervielfältigt worden und zu sehr billigem Preise (12 Thlr.)
in den Handel gebracht. Die Kopie, mit der von Collas
erfundenen Reductionsinaschienc, die von Sauvage ver-
bessert ist, hcrgestcllt, ist 2 Fuß 3 Zoll hoch und zeichnet
sich — nach den Abgüssen, die wir bei den Gebr. Micheli
(in der Bau-Akademie Nr. 4) zu sehen Gelegenheit hatten
— durch Schärfe der Form aus. Da dieses merkwürdige
Werk, in welchem sich der energische Gestaltungsgerst
Michel Angeloö in besonders eminenter Weise ausspricht,
bisher in Berlin noch nicht vorhanden war (auch das
Neue Museum besitzt noch keinen Abguß davon), so dürf-
ten Kunstfreunde und Künstler nicht versäumen, dasselbe
in Augenschein zu nehmen. Unter den andern neueren
Erwerbungen des Micheli'schen Instituts erwähnen wir

Kunst -

Die akademische
II. Malerei. (Fortsetzung.)

1. Historienmalerei. (Schluß.)

In einem Historiengemälde kann es sich, was das Mo-
tiv betrifft, immer nur entweder um eine historische Th at
oder um eine historische Person und deren Charaktcrisi-
rung handeln. Natürlich knüpft sich die That ebenso an
bestimmte Personen, als an die Träger der dramatischen
Situation, wie umgekehrt die Person als historische nicht
durch die bloße Portraitähnlichkeit oder durch eine etwa
genremäßig anekdotenhafte Aktion charakterisirt werden
kann, sonder» in wahrhaft historischer Weise nur durch
einen historischen Akt. Allein wie auch in der Komposition
Person und That in gewisser Beziehung eins und untrenn-
bar seien, so kommt es für den einzelnen Fall, nämlich
für ein bestimmtes Motiv, doch darauf an, daß ans einem
der beiden Faktoren — Person oder That — der Haupt-
accent ruhe, so daß der andere nur das die Charakterisi-
rung enthaltende und näher bestimmende Nebcnmoment
dazu bildet. Diese Doppelrichtnng in der Historienmale-
rei läßt sich in allen einzelnen Gebieten derselben Nach-
weisen, seihst in der Schlachtenmalerei, welche auch ent-
weder eine denkwürdige Action, welche sich in den Personen
als Trägern nur wiederspiegelt, oder eine kriegerisch be-
deutsame Person, die in einer charakteristischen Action dar-
gcstellt wird, zum Vortrage bringt. Einen erläuternden
Belag dazu, was wir mit dieser Unterscheidung meinen,
geben zwei fast dasselbe Motiv behandelnde Bilder der
Ausstellung, nämlich Hcckcl's „Judith zeigt das Haupt
des Holofernes dem Volle von Bethulien" (Nr. 200) und
Anna Schleh's „Judith" (Nr. 614). Jenes charakte-
risirt mehr die historische Action, dieses mehr die handelnde
historische Person.

Was das Chauvin'sche Bild betrifft, so haben wir

eine ebenfalls verkleinerte Kopie der berühmten „Goethe-
büste" von David d'Angers, wovon das Original sich
in Weimar befindet, so wie einen herrlichen „betenden En-
gel" von Müller in einer Größe von 4 Fuß 4 Zoll, der
sich besonders zur Aufstellung in kleineren Kirchen und
Kapellen eignet.

— — Unter „Kunst und wissenschaftliche Zwecke" sind,
dem vorjährigen Beschlüsse des Abgeordnetenhauses ge-
mäß, 25,000 Thlr. als eine neue jährliche Dotation für
Zwecke der bildenden Kunst, um durch Vereinigung der
Meisterwerke vaterländischer Künstler de» Anfang zu einer
National-Galerie zu machen, ausgesetzt worden. —
Dagegen hat die Kommission die für dieses Jahr gefor-
derte Rate von 20,000 Thaler für ein mit Oberlicht
versehenes neues Stockwerk auf dem hiesigen Akademie-
gebäude, als Lokal für die zu bildende Nationalgalerie,
abgelehnt, weil ihr eine solche Art von Lokal nicht würdig
genug scheint.

Kritik.

Kunstausstellung.

bereits bemerkt, daß darin weder von dem Einen noch von
dem Andern die Rede ist, da es, trotz alles Aufwandes
äußerlich pathetischer Nethorik, weder eine historische Per-
son charakterisirt, noch überhaupt eine historische Action
schildert. Außerdem aber giebt cs auf der Ausstellung
kein Bild der letzteren Art, wohl aber mehrere der
ersteren. Darunter heben wir heraus das von uns be-
reits früher besprochene Bild G. Bleibtre u's „Sturz
der Jrmensäule durch Karl den Großen", (Nr. 69) wel-
ckies jedoch in einer für de» Gegenstand zu geringen Di-
mension ausgeführt ist, H. Plüddcmann's „Kaiser Hein-
rich IV. zu Eanossa" (dir. 626), Teschendorf s „Luther,
der für den kranken Mclanchton betet" (ebenfalls schon im
münchener Korrespondenzbericht besprochen), El. O cn icke's
„Luthers Hausandacht" (besprochen) und einige andere, Re
mehr schon dem historischen Genre angehören. Was P l üd -
d emann's „Kaiser Heinrich" betrifft, so will uns der Aus-
druck, welchen der Künstler seinem Kaiser gegeben hat,
für die Situation nicht passend erscheinen. Dieser nieder-
wärts zur Seite gerichtete starre Blick erscheint unverständ-
lich; auch ist das Ganze zu enge znsammengerückt, so daß
es allzu episodcnartig anssieht. Die Malerei ist wohl
harmonisch, aber zu glatt für eine historische Malerei, die
bloßen Füße fühlen den Schnee nicht und lassen zu sehr
das Modell herauserkennen. Das Uebelste aber ist, daß
die ganze Figur nichts Kaiserliches, sondern trotz dem in-
tentionirten Ausdruck von Wuth etwas Klägliches hat, so
daß die eigentliche Tragik des Motivs — wenn anders
Schwäche tragisch erscheinen kann — ganz verloren geht.

Von den beiden oben erwähnten Bildern Heckel's und
Anna Schlch's erscbeint uns das letztere, trotz des Auf-
wandes von Figuren i» dem ersteren, als das bedeutsamere
in historischer Beziehung, ganz abgesehen von dem meister-
 
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