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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0387

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371

Kunst-Institute und Kunst-Vereine.

Archäologische Gesellschaft.

Sitzung am 4. November. Auf Anlaß der durch Herrn
Strack bei seinem Aufenthalt in Konstantinopel für das hiesige
köuigl. Museum ermittelten Abformungen iand eine Besprechung
über die räthselhafte Schlaugensäule statt, in welcher die neueste
Forschung vielmehr eine dem Hippodrom zu Byzanz bestimmte
Kopie des nach der platäischen Schlacht von den Hellenen gestif-
teten Weihgeichenkcs als einen ächten Ueberrest dieses Wcihge-
scheukcs selbst zu erkennen geneigt war. Jndeß setzte Herr Kirch -
hoff, in Einstimmung mit der bereits von Otto Frick ausgeführ-
teu Apologie des fraglichen Denkmals, die nach Einsicht der Ab-
formung ihm zur Uebcrzeugung gediehenen Gründe auseinander,
durch welche er die Acchtheit der darauf befindlichen Inschriften
gegen jede Anfechtung zu schützen bereit ist. Derselben Ansicht
entsprechend, äußerte auch Herr Strack, sowohl den in der Nähe
der Schlangensäule gefundenen und zu den drei Schlangenkörpern
wohl vassenden bronccuen Oberkiefer eines Schlangcnkopses, als
auch die Schlängeuwiudungeu selbst für altgricchisch und mit dem
Weihgcschenk eines Dreifußes wohl verträglich zu halten. Zur
Bekräftigung dieser Annahme legte er eine Zeichnung mit der
Ansicht und dem senkrechten Durchschnitt des Schlangengewindes
vor, woraus die naturgetreue Bildung der drei Schlangenleiber
und die ivohldnrchdachte Anordnung des ganzen Werkes erficht
lich war: er erwähnte der sorgfältigen Arbeit und der Vollendung
des Gusses und erklärte dies Werk entschieden für eine altgrie-
chischc Arbeit. Durch eine farbige Zeichnung hatte er eine Wie-
derherstellung dieses Monuments, welches von Gold und Erz
ansgeführt war, versucht und die uns überlieferten Nachrichten
der alten Schrisstcller von diesem berühmten Denkmal der alt-
hellenischen Geschichte und Kunst in Uebereinstimmung mit den
noch vorhandenen Uebcrresten desselben gebracht.^ Mehrere Mit-
gliedcr der Gesellschaft, unter anderen die Herren Stüler, Lohde
und Adler, traten der Auffassung und Ausführung dieses Ver-
suches, vollkommen bei. — Von einem noch älteren griechischen
Monument, der Niobe auf dem lydischcn Berge Sipylos, lag
eine durch Herrn von Olfers mitgetheiltc Photographie,
genügend, um darzuthun, daß jenes berühmte Felsmonnment kein
bloßes Naturspiel sei, zur prüfenden Einsicht vor: auch ein Licht-
bild der neulich besprochenen wiener Erzfigur des Schlafgotres
(Arch. Ztg. 1862, Taf. (.'LYIII, 2) war beigefügt. — Hr. Fri c-
dri chs besprach mehrere im Original zur Ansicht vorliegende
Terrakotten des kgl. Antiquariums, die er unter dem Gesichts-
punkt vormaliger. Bestimmung zu Kinderspielen vereinigt hatte.
Diese Bestimmung erschien in athenischen Gliedergruppen unver-
kennbar und ward auch für mehrere klappernde Gegenstände einer
sonst für bedeutsam geltenden Darstellung unschwer eingeräumt.
Der Vortragende warnte vor den Verirrungen gelehrter Auslegung
und rieth unter Anderm, auch die sonst als Votive für Demeter
oder Artemis gedeuteten Schweine mit einem darüber gestrekten
nackten Knaben lediglich für Heiterkeiten hellenische» Kindcrlebens
zu halten. — Hr. Pindcr gab Nachricht über Ausgrabungen,
welche in der Nähe von Malmedy einen Becher ans versilberter
Bronce,in oberer und unterer Mündung gleich anwendbar, ge-
liefert hatten. Dies eigcuthümlich geformte Gefäß war als ein-
ziger Gegenstand in der Vertiefung eines aus großen behauenen
Steinen ansgeführten Grabes gesunden worden. Ob der gedachte
Fund und die dort in künstlicher Verschränkung planmäßig an-
gelegten Gräber römischen oder sonstigen Ursprunges waren,
bleibt vorerst unentschieden. — Hr. Hübner legte eine photogra-
phische Abbildung des bereits in einer früheren Sitzung erwähn-
ten Mosaikbildes ans Cartama vor, welche Hr. Bcrlanga in
Malaga eiugesendet hat. Das Bild stellt den Herakles, umge-
ben von den Symbolen seiner 12 Arbeiten, vor: dazu einen sitzen-
den Flußgott (vielleicht Alpheios) und in einer größer» Darstel-
lung darunter nicht (wie nach Hrn. Berlangas Beschreibung an-
fänglich angenommen wurde) die Rückführung des Alkestis, son-
dern vielmehr den Herakles trunken unter Thiasoban. Die Er-
haltung des interessanten Bildes durch Verpflanzung auf einen
Landsitz, in der Nähe von Malaga wird der preiswürdigen Libe-
ralität des Marquis de Casa-Loring verdankt, desselben, welcher
die beide» Broncetafeln von Malaga und Salpensa vom sicheren
Untergang gerettet hat. Ferner legte Herr. H. die Tafeln zu
einer numismatischen Arbeit des Herrn Jacob Zobel de Zan-
groniz in Madrid vor, welche demnächst publicirt werden soll.
Sie stellt zum ersten Mal eine Münzrcihe meist sehr seltener
Stücke zusammen, welche sämmtlich bilingues sind, und nach den
zuiii größeren Theil geographisch sirirten lateinischen Stadtiiainen
alle au die Südküste vo» Andalusien und in den Gcrichtsbczirk

von Hades gehören. Die Aufschriften in unbekannter Schrift sind
noch unerklärt: Herr Zobel zeigt, daß die Buchstaben sowohl von
den verschiedenen Iberischen Alphabeten, die bisher bekannt, als
auch von dem phönikischen und dem libyschen Alphabet sehr er
heblich abweicheu, obgleich das phönikische Alphabet auch ihnen
zu Grunde zu liegen scheint.

Herr Mommsen legte seine eigene, für die Annalen des rö
mischen Instituts bestimmte numismatische Arbeit über spanische
Münzfunde vor, welche durchaus auf den vortrefflichen Berichten
des schon genannten spanischen Münzkenners, Herrn Zobel in
Madrid, beruht. Drei spanische Denarfnnde, sämmtlich älter
als alle bisher bekannten italienischen, von denen der eine zuni
guten Glück durch die einsichtige Fürsorge der Akademie der Ge-
schichte in Madrid und ihres Präsidenten, des Herrn Bouarides,
in seiner ganzen Integrität kouservirt ilnd zu fortgesetzter Nach
Prüfung iin Einzelnen zugänglich gemacht worden ist, haben dem
Vortragenden das schätzenswcrlheste Material zur Fortführung
der in seinem Buch über das römische Münzwesen geführten
Untersuchungen über Chronologie der römischen Denare geliefert.
— Von Dr. Kießling ward die photographische Abbildung eines
neulich von ihm zu Pompeji besichtigten und im Bnllettiuo des
römischen Instituts (1862, S. 98) von ihm erklärten Waudge
mäldes, darstehend die Heilung des Aeneas durch Artemis (Jl.
X, 445 sich Borgelegt. Bei so gehäuften Mittheilnugen ward die
von Professor Baumeister in Lübek cingesandtc Photographie
eines für antik gehalten Laokoonreliefs für die nächste Sitzung
zurücklegt. — Von Herrn Ei chler >var ein verkleinerter Abguß
der schönen antiken Gruppe des Knaben, der eine Gans würgt,
zur Stelle gebracht. — Eine photographische Abbildung der vor
einigen Jahren bei Cortaccia im Etschthal gefundenen Statue
eines Merkur war von Geh. Rath Neigcbanr zugleich mit
Notitzcn über das Museum zu Trient eingegangen, in welchem
die gedachte Statue sich gegenwärtig befindet. — Ebenfalls in
photographischer Abbildung lvar von Herrn Ministerialrath Braun
zu Gotha ein aus der im Anfang dieses Jahrhunderts zerstörten
dortigen Stadtmauer hervorgezogenes Bildiverk z>. Prüfender Äennt-
nißnahme empfohlen worden. Es erscheint darin als Rundbild
der Obertheil einer monströsen, lvic es scheint, männlichen Figur,

welche in jedem der beiden an die Brust geschlossenen Arme ein
Kind zu halten scheint: man ist geneigt irgend ein Götzenbild des
früheren Mittelalters darin zu vermuthen, doch machen Barbarei
und Zerstörung des fraglichen Monuments jede Vermnthnng über
dasselbe bedenklich. — Herr G. Wolfs gab Nachricht über die
ans der Philologenversammlnng zu Augsburg zur Oeffentlichkeit
gelaugten archäologischen Vorträge. — Unter den zahlreichen im
Verlauf der letzten Monate an Herrn Gerhard eingegangenen
literarischen Neuigkeiten stehen oben an die von A. Conze in
einem ansehnlichen und kunstgerecht auSgestattclcn Werk behan-
delten „Melifchcn Thongefäße". In den farbigen Abbildungen
dieses Werks sah die Gefl-llschast die am 2. April v. I. ihr vor-
gelcgte, schwierige und auch jetzt noch unerklärt gelassene Zeich-
nung eines Vasenbildes ihr vorgeführt, dessen künstlerische Be-
schaffenheit eigenthümlicher und umfassender als ein anderes bisher
bekanntes die mit der Kunst des Orients sehr, verwanden Anfänge
der Gefäßmalerei anschaulich macht, wie in dem begleitenden Text
zugleich mit der örtlichen Hinweisung ans Melos im Einzelnen es
geschildert und nutzbar gemacht ist. Eine andere, aus Holland ein
gegangene Publikation von dem unermüdlichen Konservator des Mn
seums zu Leiden, Hrn. Janssen, herrllhrcnd, giebt eine Auswahl
der Terrakotten gedachter Sammlung mit begleitendem Text. Aus
Neapel hatte er der in früheren Jahren durch sein Bnllettiuo Napo
lirano reichlich bethätigte Hr. Menerviui ein Heft akademischer
Abhandlungen, Vascnbildcr von Perseus und Andromeda cuthalteud,
eingeiandt, ans Paris der Herzog von Blacas feine Abhandlung
über autonome Münzen der Kaiserzeit. Zu besonderer Beachtung
wurden noch O. Jahn's Abhandlungen über die auf Handwerk
und Handel bezüglichen Bildwerke und dessen Herausgabe ver-
mischter Aufsätze von L. Roß, eine Abhandlung von Over
beck über statuarische Darstellungen der Laodamia und der Pe-
nelope, wie auch die von Urlichs herauogegebeneu, größtentheilv
auf griechische, Inschriften^ bezüglichen Verhandlungen der philo
logischen Gesellschaft zu Würzbnrg empfohlen. Durch noch an-
dere gelehrte Schriften hatten die Herren Bergan, Cavedoni,
Graf Conestabile, Eonze, E. Curtiu«, Dereubnrg,
Egger, I. v. Hcfner, Hitcorf, O. Jahn, Kock, Lloyd,
Ed. Piuder, M. v. Ring, Ritschl, Roulez, Schubring,
Valeutinelli, Wagner und I. de Witte den Dank der
Gesellschaft hervorgerufen.
 
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