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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0065

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52

Motivs ausmacht, nur das Mittel zu jenem Zweck bildet. —
Daß die Stimmungsmaler in Wahrheit die eigentlichen Rea-
listen sind, ergiebt sich thatsächlich dadurch, daß gerade sie die
größte Derbheit und Energie in der Farbe entwickeln, während
das Kolorit der Schönen-Gegend-Maler oft entweder etwas un-
angenehm Buntes und Unharmonisches, oder, wie z. B. das
eines ihrer Hauptführer, Pape's, zwar etwas Sanftes, Lieb-
liches, Weiches, aber dabei auch Verblasenes, Staubiges und
Undurchsichtiges besitzt. Wenn dieser Mangel an realer Kraft
der Naturwahrheit als „Idealität" bezeichnet werden dürste, so
müßte dieser Richtung viel eher als der entgegengesetzen dies
Prädikat beigelegt werden.

Zwischen und außer diesen Gegenständen giebt es nun noch
eine Anzahl besonderer Richtungen, welche als Uebergangsstufen
zwischen ihnen oder nach andern Kunstgebieten hin zu betrachten
sind. Am schärfsten prägt sich der Gegensatz der extremen
Richtungen in der Effektlandschaft und der Vedute aus.
Jene ordnet Alles der Wirkung unter, es ist die abstrakte Farben-
stimmuug, welche die Wahrheit der Naturformen dem bloßen
Reiz des Kolorits opfert. Es ist eine Wirkung, die sich, wie
bei Ed. Hildebrandt und seinen Nachahmern, nicht blos mit
der poetischen Stimmung begnügt, sondern durch die Gewalt der
Lichtkontraste srappiren, blenden will. Sie beabsichtigt nicht blos
des Beschauers Gemüth durch die poetische Schönheit und künst-
lerische Harmonie der Darstellung zu fesseln und zu ergreifen,
sondern sie will auch sein Auge überraschen und seine Bewun-
derung erzwingen. Die Vedute im Gegentheil kümmert sich
nur um die möglichst treue Wiedergabe des Naturwahreu, zu-
frieden, wenn das Motiv nebenher auch noch poetisches Gefallen
erregt, aber auch, wenn dies nicht der Fall ist. Am bequemsten
bietet sich daher die Architektur der Vedutenmalerei dar, weil

hier die Formen fest gegeben sind und nicht wohl modificirt wer-
den können, wie in der landschaftlichen Natur. Zwischen Effekt-
landschaft und Vedute giebt es sodann noch mancherlei Richtungen,
welche die Wirkungsmomente beider zu verbinden streben: einer
der hervorragendsten Maler der „Effekt-Vedute" — wie man
am passendsten diese Zwischengattung bezeichnen könnte — ist
Oswald Achenbach, dem sich gleichfalls eine Reihe mehr oder
weniger bedeutender Künstler wie Arnz, Flamm, Eschke,
Graf Harrach u. s. f. anschließen. Diese Richtung ist es,
welche heutzutage — aber mit Unrecht — vorzugsweise die
„realistische" genannt wird.

Wir könnten noch eine Anzahl andrer Richtungen anführen,
wie neben der stylisirten Landschaft die sogenannte „histo-
rische Landschaft", neben der Stimmungslandschaft die
„idyllische Landschaft" u. s. s., doch mag es genügen, die großen,
in der Auffassung der Natur, als künstlerischen Objekts, liegenden
Gegensätze hingestellt und ihren Werth gegeneinander abgewogen
zu haben. Es versteht sich hiebei von selbst, daß ein einzelnes
Werk, mag es nun der einen oder der andern Richtung auge-
hören, außerdem seine besonderen Vorzüge und Schwächen besitzt.
Von diesen konnte selbstverständlich hier nicht die Rede sein, son-
dern nur von der Charakteristik der Richtungen im Großen und
Ganzen, um dadurch dem Leser eine Handhabe zu geben, wo-
durch er im Stande ist, von vornherein jeder landschaftlichen
Darstellung gegenüber sogleich den entsprechenden Standpunkt der
Beurtheilung einzunehmen.

Ein sehr wesentliches Stylmoment in der Landschaft —
wie überhaupt in der Malerei — liegt in dem Unterschied von
Farbe und Zeichnung; ein Punkt, der eine besondere Be-
trachtung erfordert, die wir später einmal anstellen werden.

M. Sr.

Korrespondenzen.

nnchen, den 2. Februar. (Das Jsarthor. Der
Fischbrunnen. Das neue Rathhaus. Forts.)
Noch wärmer befürwortete der Architekten- und
Ingenieur-Verein die Erhaltung des Thors, indem
er zugleich eine detaillirte Planskizze vorlegte, nach
welcher durch Herstellung breiter Fahrbahnen zu
beiden Seiten des Thores im Nothfalle durch theilweisen Abbruch
der beiden ersten Häuser im Thal dem Verkehre der wünschenswerthe
Spielraum geöffnet und so das monumentale Hauptwerk vor dem
Untergänge gerettet werden kann. Dieser Vorschlag, dem eine vom
städtischen Bauamte gefertigte Kostenberechnung, ausschließlich der
Restauration des Bildes und des vom Bauamte gar nicht nöthig
befundenen Abbruches zweier Häuser, zu 3700 Gulden anlag, wurde
vom städtischen Baurathe und den beiden Bürgermeistern als eine
sehr erwünschte glückliche Lösung der Streitfrage bezeichnet und drin-
gend empfohlen, dagegen von einigen Magistratsräthen ebenso ent-
schieden bekämpft. Herr Billing meinte, was jetzt vorgeschlagen
werde, sei nichts als ein unglücklicher Versuch, der brennenden Frage
vorläufig aus dem Wege zu gehen. Nach vorgenommener Ver-
änderung werde das Drängen nach der Restauration des Bildes
wieder beginnen und diese der Stadt Tausende kosten. In kurzer
Frist aber werde das Thor dem stetig wachsenden Verkehre doch zum
Opfer fallen müssen und dann all' das Geld lediglich zum Fenster

hinausgeworfen sein. Bei der namentlichen Abstimmung ergaben
sich 12 gegen 12 Stimmen, so daß die des Vorsitzenden ersten Bürger-
meisters den Ausschlag für die Erhaltung des Thores gab, worauf
dann noch die vorgeschlagene Umänderung desselben angenommen
wurde. Für die Beschaffung der Mittel zum Zwecke der Restauration
des Gemäldes war eine freiwillige Sammlung eingeleitet worden,
deren Ergebniß charakteristischer Weise nicht mehr als zweihundert
und etliche Gulden abwarf!

Halten Sie es wohl für möglich, daß im Magistrat dieser
Tage gerade zur nämlichen Zeit, in der vom Mittelbau des neuen
von Haube reiße r erbauten Rathhauses die Gerüste abgenommen
wurden, einer der Väter der Stadt, Herr Risinger, den Antrag
stellte, den bekannten schönen Fischbrunnen, an den sich die Er-
innerungen des „Metzgersprunges" knüpfen und der in dem Rath-
hause nun einen so prächtigen Hintergrund erhalten hat, auf den
weiten und öden Sendlinger Chorplatz zu verlegen? In dem Antrag
des Herrn Billing, dessen ich oben erwähnte, war schließlich doch
noch Methode, Herr Risinger kann nicht einmal das für sich geltend
machen.

Der Außenbau des Rathhauses kann jetzt, nachdem kürzlich die
für die Mittelfayade der Hauptfronte bestimmten Statuen von Anton
Heß an Ort und Stelle gebracht worden, als vollendet bezeichnet
werden: es fehlt nur noch die Madonna am Erkerthürmchen. Die

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