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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0094

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angekauft worden, und soll auf diesem Terrain ein großartiger Neu-
bau erstehen.

— — Unter dem Vorsitze des Ministers für die geistlichen,
Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten hielt am 24. v. Mts.
die „Kommission zur Berathung über Verwendungen aus dem
Kunstfonds" ihre letzte Sitzung ab, bei welcher es sich vornehmlich
um die zum Ankauf für die Nationalgallerie vorgeschlagenen Kunst-
werke handelte. Ueber das Resultat der Berathungen werden wir
demnächst Mittheilung machen.

Weimar. Mau hat hier eine Anzahl Portraits von
Corona Schrödter zu einer Ausstellung vereinigt. Die Künst-
lerin übt auch auf die Gegenwart eine bedeutende Anziehungskraft
aus und ist in gewissem Maße die Repräsentantin der Zeit der
Jugendblüthe unserer Dichtkunst und unsers Theaters. Um so dan-
kenswerther ist die gebotene Gelegenheit, die vorhandenen Bildnisse
mit einander zu vergleichen, wenn schon es kaum möglich sein wird,
zu einem endgültigen Urtheil über die Echtheit des einen oder des
andern der einander gegenüber gestellten Bilder zu gelangen. Die
Zahl der im Museum ausgestellten Bilder, theils Oelgemälde, theils
Pastelle, theils Aquarelle, beträgt sechs: ein siebentes Bild — Zeich-
nung — befindet sich in Stuttgart im Privatbesitz, und auch von
diesem wird eine photographische Abbildung zur Ausstellung gelangen.

Wien. Die Genossenschaft der bildenden Künstler hier ver-
anstaltet in diesem Jahre eine Lotterie von Kunstwerken zur Grün-

dung eines Pensionsfonds für Künstler und deren Wittwen und
Waisen. Es werden für diese Lotterie Kunstwerke für 10,000 fl.
gekauft werden, die Verloosung findet am 28. December 1872 statt.

Pergamus. Von dem deutschen Ingenieur Karl Humann
sind hieselbst Ausgrabungen ausgeführt, welche ein höchst wichtiges
Resultat gehabt haben. Es ist unserm Landsmann gelungen, einen
zwischen Gärten und Häusern befindlichen dorischen Säulengang,
welcher in weiter Ausdehnung zu einem dorischen Heiligthum führt,
bloszulegen. Da sich unter letzterm lauwarmes Wasser gefunden
hat, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß Hr. Karl Humann
auf das berühmte Aesculapium gestoßen ist. Eine ziemlich ansehn-
liche Sammlung von Bildhauereien, Terracotten, Münzen, Gemmen
und Inschriften hat er bereits dem berliner Museum Übermacht und
hält jetzt wieder viele Bildsäulen, Friese und Architrave von seltenem
Kunstwerth bereit, um sie an dieselbe Anstalt abgehen zu lassen.
Weitere Funde lassen sich fast mit Gewißheit erwarten, denn Per-
gamus ist ein jungfräuliches Feld. Von den vielen Franzosen und
Engländern, die in Kleinasien umhergewandert sind, hat noch keiner
Pergamus einer eingehenden archäologischen Prüfung werth gehalten.
Die etwa zwanzigtausend Einwohner der Stadt haben leider viel
zerstört, die zerstreut umherliegenden Bildsäulen, Friese u. s. w.
theils muthwillig vernichtet, theils zu ihren Häuserbauten verwendet.
Gegen diesen Vandalismus hat Herr Karl Humann ein strenges
Verbot der Behörde erwirkt.

Kunst-Institute und -Vereine.

Münchener Älterthnmsverein.

29. Januar fand unter dem Vorsitz des Herrn Rath
Karl Förster zunächst über die Aufnahme der neu-
angemeldeten Mitglieder eine Abstimmung statt, worauf
Herr Professor Dr. Marggraff Mittheilungen über die
mit trefflicher Bilder- und Ciselirarbeit ausgestatteten
Prachtgeschütze von schön patinirter Bronze (gegossen von deutschen Meistern)
machte, welche in Gemeinschaft mit anderen, künstlerisch minder hervorragenden
Geschützen als Beutestücke aus den Kriegen des ersten Kaiserreichs noch im
Jahre 1867 an der Brustwehr vor dem Jnvaliden-Hotel zu Paris ausgestellt
waren. Ausgezeichnet durch vorzügliche, sinnvolle und zierliche Reliefarbeit
ist darunter eine in den neunziger Jahren erbeutete alte württembergische
Kanone, welche überhaupt zu den schönsten gehören dürfte, die jemals gegossen
worden sind, nur daß leider weder der Gußmeister noch das Jahr der Ver-
fertigung auf dem Rohr angegeben sind. Außer einer fürstlichen Bildnißfigur
und dem württembergischen Wappen sieht man daran die allegorischen Ge-
stalten der Spes, der Fides, der Justitia und der Fortitudo, sowie diejenigen
der vier Elemente dargestellt. Die Handhabe wird durch die Figuren eines
Mannes und einer Frau gebildet, welche sich küssen; eine Schlange umwindet
die Mündung. Unter andern bemerkenswerthen Geschützen dieser „datterie
triomphale“ sind sodann zwei österreichische und acht preußische hervorzuheben.
— Als ein Meisterwerk des Geschützgusses ist auch die Kanone zu betrachten,
welche bei der Eroberung der Citadelle von Antwerpen durch die Franzosen
am 23. December 1832 erbeutet wurde. Sie ist mit dem belgischen Löwen-
wappen geschmückt und von Johann Maritz im Haag gegossen worden.
(Joh. Maritz. Fee. Hagae a. 1778.) Maritz ist ein rühmlichst bekannter
Kunstgießer aus der deutschen Schweiz. Er stammt aus Murten und hatte
sich, ehe er nach dem Haag ging, zwanzig Jahre lang (1750—1770) in Paris
aufgehalten, wo er General-Inspektor der Stückgießereien des Königreiches
wurde und im Jahre 1758 die Reiterstatue Louis XV. nach Bouchardon's
Modell in einem Guß aus Erz glücklich vollendete. — Herr Professor Dr.
Marggraff knüpft an diese Mittheilungen zugleich die Bemerkung, daß es
wünschenswerth sei, zu erfahren, was mit diesen Geschützen während der
jüngsten Belagerungen der Stadt geschehen sei. — Es wird sodann aus

Kugler's Beschreibung der kgl. Kunstkammer zu Berlin der Artikel über den
sogenannten pommerschen Kunstschrank von Hainhofer und Baumgartner vor-
gelesen. — Danach werden folgende Gegenstände vorgezeigt: 1) Zwei schöne
Ohrgehänge von Brillanten und Perlen, aus der Rokokozeit, und ein Trauer-
schmuck von Schildkrot, mit Gold ausgelegt, beides vorgezeigt von Herrn
Winterhalter. 2) Eine silberne Medaille mit den Bildnissen Heinrich IV.
und der Maria von Medicis, vorgezeigt von Herrn von Hirsch aus Würz-
burg. 3) Ein schönes Relief in Wachs (Brustbild) wahrscheinlich Louis XVI.
darstellend, vorgezeigt von Herrn Historienmaler Barth. — Der Vereins-
bibliothek gingen von mehreren Seiten Geschenke zu; der Verein „Herold" zu
Berlin übersendet die Jahrgänge 1870 und 1871 seiner neuen Zeitschrift.

Sitzung vom 5. Februar. Es kommen folgende sehr werthvolle
Gegenstände zur Vorlage: 1) Ein antiker Ehering mit Inschrift und den
Bildnissen des Ehepaares, inmitten derselben zwei verschlungene Hände, ge-
funden bei Zweibrücken; vorgezeigt von Hrn. Gampenrieder. 2) Zwei schöne,
mit Rosetten besetzte Ringe; vorgezeigt von Herrn Winterhalter. 3) Ein
Tintenfaß von Bronze, Florentiner Arbeit; zwei kleine Figuren von Bronze;
zwei Stücke vorzüglich schön gemusterter Seidenzeuge aus dem vorigen Jahr-
hundert; vorgezeigt von Herrn Rath Karl Förster. — Danach macht Herr
Dr. Wittmer Mittheilungen über eine neue Publikation des seither noch
ziemlich unbekannten, oder doch nicht genügend gewürdigten, im Dom zu
Breslau befindlichen Werkes von Peter Bischer, die Grabplatte des Bischofs
Johannes IV. (1482—1506) aus dem Jahre 1496, eine der frühesten Erz-
arbeiten des Meisters. Die Abbildung derselben findet sich in der Fortsetzung
des im Namen des Vereins für das Museum schlesischer Alterthümer zu
Breslau von Dr. Hermann Luchs herausgegebenen, in kunst- und kultur-
geschichtlicher Hinsicht sehr werthvollen Werkes: „Schlesische Fürstenbilder des
Mittelalters", Heft 13—17 (Breslau, Trewendt). — Herr Historienmaler
C. Wohnlich giebt sodann auf Grund eigener Anschauung des Originals
eine ausführliche Charakteristik dieses Werkes, sowie eine Schilderung seines
gegenwärtigen Zustandes und bezeichnet zugleich dasselbe als eine vorzügliche,
speciell für die Kenntniß der früheren Periode des Meisters wichtige Arbeit.

W.
 
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