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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0102

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89

Lutherzelle ist gleichfalls ein Raub der Flammen geworden. Ueber
die Entstehungsart des Brandes verlautet noch nichts Verläßliches.
Auf dem Boden über der Kunstkanuner und dem Museum sollen
bedeutende Mengen Wellenholz aufgespeichert gewesen sein, welche
dem Feuer reiche Nahrung gaben.

München. Die berühmte Sammlung von Kupferstichen, Holz-
schnitten, Handzeichnungen und Kunstbüchern von Zettler, Direktor
des Instituts für kirchliche Glasmalerei hier, ist in den Besitz des
Kunsthändlers L. Rosenthal übergegangen, von welchem dieselbe im
Laufe dieses Jahres mit einigen andern kostbaren Sammlungen zur
Versteigerung gebracht werden soll.

Mainz. Die Ausgrabungen in der Krypta des Domes
haben ergeben, daß die seitlichen Zugänge in einem westlichen Vor-
raume lagen, und nach der in der Apsis blosgelegten Wandarchitektur
läßt sich auf Verlängerung der Seitenschiffe in einen östlichen Chor-
umgang schließen. Die gesammte Architektur trägt das Gepräge
eines einheitlichen Baues aus dem Ende des 12. Jahrhunderts.
Die Untersuchungen über die Grabstätte des Erzbischofs Konrad von
Wittelsbach im Ostchor werden im Laufe der nächsten Monate vor-
genommen werden.

Metz. Bei einer Ausgrabung in der Nähe einer Kaserne ist
man hier auf einen Sarkophag aus dem dreizehnten Jahrhundert,
Säulenreste u. a. m. gestoßen. Auf diesem Platze stand das Cö-
lestinerkloster, welches als Begräbnißstätte des städtischen Adels be-
nutzt wurde. Der Sarkophag ist in das hiesige Museum geschafft
worden.

Wien. In der 25. Gruppe der Weltausstellung, welche der
bildenden Kunst der Gegenwart gewidmet ist, finden alle Original-
werke Aufnahme, welche seit der londoner Weltausstellung von 1862
geschaffen worden sind, und zwar a.) Architektur: Entwürfe, Pläne,
Skizzen, Modelle und Aufnahmen architektonischer Werke; b) Skulptur
mit Inbegriff der figuralen Kleinkunst, Graveur- und Medailleur-
kunst; e) Malerei: Oelgemälde, Aquarelle, Miniaturen, Pastell-
gemälde, Gouaches, Glasmalereien, Zeichnungen und Cartons;
6) zeichnende Künste: Kupfer- und Stahlstiche, Radirungen, Holz-
schnitte, Lithographien. Kopien, sowie nicht entsprechend eingerahmte
Werke werden zurückgewiesen. Agenten sind bestellt, den Verkauf
der Kunstwerke zu erleichtern. — Einsendern empfehlen wir die An-
schaffung des Specialprogramms Nr. 21.

— — Eine hiesige Kunsthandlung hat Makarl's Bild:
„Huldigung der Catarina Cornaro" um die enorme Summe von
90,000 fl. angekauft. Davon entfallen 75,000 fl. für das Bild
selbst und 15,000 fl. für das Recht der Vervielfältigung.

Pesth. Piloty's „Nero" ist von seinem gegenwärtigen Be-
sitzer, dem Grafen Joh. Palffy, dem ungarischen Nationalmuseum
zum Geschenk gemacht worden. Der Ankaufspreis des Bildes be-
trug seinerzeit 10,000 fl.

Rom. Von hier wird der Tod des Bildhauers Ferdinand
Pettrich gemeldet. Zu Dresden 1789 geboren, wurde er in Rom
Thorwaldsen's Schüler und kehrte dorhin zurück, nachdem er in
Pennsylvanien und Brasilien Kunstakademien geleitet hatte. In der
neuen Welt machte er interessante Abgüsse von Jndianerköpfen und
Naturrnerkwürdigkeiten und verkaufte sie der päpstlichen Regierung
gegen eine Leibrente. Er hat viel anmuthige und in selbstständiger
Auffassung hervorragende Bildwerke vollendet und unter Anderm an
dem großen Fries der Walhalla einen wesentlichen Antheil gehabt.

Paris. Die Gemälde-Sammlung des Barons Michael
von Tretaigne, welche hier kürzlich versteigert wurde, lieferte
einen Ertrag von mehr als einer halben Million Franken. Am
theuersten wurden bezahlt die Werke von Rousseau, Delacroix,
Troyon, Decamps und Meissonnier. — Bei Versteigerung
der Gemäldegallerie des Hrn. Paturle wurde Winter halter's
durch den Stich weitverbreitetes Bild: „Decameron" von einem
berliner Kunsthändler für 14,000 Frcs. erstanden. Leopold Ro-
berts letztes Werk: „Die Fischer der Adria", erzielte in derselben
Auction 83,000 Frcs.; es wurde für das Museum von Neuschatel,
der Vaterstadt des Künstler, gekauft.

Stockholm. In der am 14. v. Mts. abgehaltenen Ver-
sammlung der hiesigen Akademie der Wissenschaften ist einhellig be-
schlossen worden, dem berühmten Karl von Linne auf einem
öffentlichen Platze Hieselbst eine Statue zu errichten und diese
womöglich am 10. Januar (100 Jahre nach dem Todestage des
Gelehrten, an welchem sein Säcularfest gefeiert werden soll) zu ent-
hüllen. Die erforderlichen Mittel, höchstens 40,000 Thlr., sollen
durch freiwillige Beiträge zusammengebracht werden.

-Für den Besitzer des im Thiergarten so schön belegenen

Wirthshauses Hasselbacken, in dessen Garten sich eine Eiche und eine
Quelle befinden, welche von dem schwedischen Nationaldichter Michael
Bell mann besungen sind, hat der Bildhauer Ny ström, ein Schüler
Molin's, eine 7 Fuß hohe Statue des erwähnten Dichters und Sängers
modellirt, welche ihn sitzend in der von Gustav III. eingeführten
sogenannten Nationaltracht mit der Laute auf dem Schooße darstellt
und sehr gelungen sein soll. Dieses Modell soll nach Berlin ge-
schickt und dort in Bronce gegossen werden. Man hofft, schon in
diesem Jahre am Bellmann'sfeste (26. Juli) die fertige Statue ent-
hüllen zu können.

Aphorismen und Wiscellen.

139.

kann die gewöhnliche Gesellschaft jener russischen Hornmusik vergleichen,
bei der jedes Horn nur einen Ton hat und blos durch das pünktliche Zu-
sammentreffen aller eine Musik herauskommt. Denn nwnoton, wie ein solches
eintöniges Horn, ist der Sinn und Geist der allermeisten Menschen: sehen
doch viele von ihnen schon aus, als hätten sie immerfort nur Einen und den-
selben Gedanken, unfähig irgend einen andern zu denken. Hieraus also erklärt
sich nicht nur, warum sie so langweilig, sondern auch warum sie so gesellig
sind und am liebsten heerdenweise einhergehn. Nur durch die Vereinigung
sind sie irgend etwas; — wie jene Hornbläser. Dagegen ist der geistvolle
Mensch einem Virtuosen zu vergleichen, der sein Koncert allein ausführt; oder
auch dem Klavier. Wie nämlich dieses, für sich allein, ein kleines Orchester,
so ist er eine kleine Welt, und was jene Alle erst durch das Zusammenwirken
sind, stellt er dar in der Einheit Eines Bewußtseins. (Schopenhauer.)

140.

^A^inige Leute sind berühmt, und andere verdienen es zu sein. (Lessing.)

141.

unser größtes Vergnügen darin besteht, bewundert zu werden, die
Bewunderer aber, selbst wo alle Ursache wäre, sich ungern dazu herbeilassen:
so ist der Glücklichste Der, welcher, gleichviel wie, es dahin gebracht hat, sich
selbst aufrichtig zu bewundern. Nur müssen die Andern ihn nicht irre machen.

(Schopenhauer.)

142.

'edeutende Werke sind Spiegel: wenn ein Affe hineinguckt, kann kein
Apostel heraussehen. (Lichtenberg.)
 
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