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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0105

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Korrespondenzen.

resden, den 11. März. (A. Donndorf's
Karl August; kunstgeschichtliche Vor-
träge von A. v. Zahn; Gemälde-Aus-
stellung auf der Brühl'schen Terrasse.)
Die Reiterstatue Karl August's von Weimar,
hervorgegangeu aus dem Atelier des hier leben-
den Bildhauers Adolph Donndorf, gehört
zu den hervorragendsten Leistungen unserer an
Skulpturwerken ersten Ranges gerade nicht armen dresdener Bild-
hauerschule der Gegenwart, und aus diesem Grunde erscheint es voll-
kommen gerechtfertigt, wenn wir auf dieselbe, obschon ihrer kurz in
Nr. 8. d. Bl. gedacht war, etwas ausführlicher zurückkommen. Als
das kolossale plastische Kunstwerk für einige Tage im Gypsmodell zur
Beschauung ausgestellt war, ehe es in die Grube des Erzgießers ver-
senkt wurde, um in dauerndem Metall daraus hervorzugehen, strömte
das hiesige künstliebende Publikum in Hellen Haufen nach dem Atelier
des genannten Künstlers und ehrte dadurch diesen ebenso sehr, wie
sich selbst. Es mag mit Recht darüber gestritten werden, ob es ganz
in der Ordnung war, den Freund von Goethe und Schiller in
einem Reiterstandbilde darzustellen, statt in einer einfachen, aber
würdig aufgefaßten Statue, welche durch verschiedene passende Sinn-
bilder den humanen Charakter des edeln Mäcen der Blütheepoche
der deutschen Literatur deutlicher und charakteristischer zur Anschauung
gebracht hätte; allein es wird uns aus sicherer Quelle mitgetheilt,
daß dem Künstler die Wahl in diesem Punkte nicht ganz freistand,
daß er vielmehr den bestimmten Auftrag erhielt, Karl August durch
die Herstellung einer kolossalen Reiterstatue zu verherrlichen. Und
unter solchen Umständen muß man denn gestehen, daß Adolph
Donndorf seine Aufgabe in anerkennenswerther Weise gelöst hat.
Das in ruhigem Schritte sich fortbewegende Pferd trägt leicht und
sicher die kräftige Gestalt des fürstlichen Reiters, der mit der Linken
ungezwungen und doch fest die Zügel hält, während die rechte Hand,
wie Schutz und Schirm gewährend, leicht erhoben ist. Haltung
und Geberde des edelgesinnten deutschen Fürsten bekunden Energie
und Charakterfestigkeit; und sein nach oben gerichteter Blick zeigt
sein auf das Höchste und Schönste gerichtetes Streben an. Ein
faltenreicher Hermelinmantel verdeckt genügend die moderne, aber
wohl nicht sehr poesievolle und künstlerisch schöne Fürstenuniform.
In dem ganzen plastischen Kunstwerke herrscht maaßvolle Ruhe, be-
lebt durch Kraft und Wärme. Man erkennt leicht, daß der Künstler
das Leben seines Helden studirt hat; Zeugniß davon giebt nament-
lich die fein, fleißig, wahr und lebensvoll durchgeführte Bildung
von Karl August's energischem Kopfe, den nicht mit Unrecht ein
Lorbeerkranz ziert. Aber nicht nur der Reiter, auch das Pferd
zeigt bis in die kleinsten Einzelheiten hinein eine mit Liebe und
Fleiß durchgebildete plastische Vollendung. Jede Muskelgruppe,
Kopf, Hals und Füße des edlen, der arabischen Race angehörigen
Thieres sind mit Sachverständniß und treuer Sorgfalt ausgeführt.

Das 13 Fuß hohe monumentale Kunstwerk wird in Lauch-
hammer gegossen, um auf dem Fürstenplatze zu Weimar in der Nähe
der Bibliothek und des Ständehauses aufgestellt zu werden, die
Frontseite dem Markte zukehrt; die Kosten desselben trägt vornehm-
lich das weimarische Land. Für den genannten Platz paßt auch
wohl am besten die fürstliche Reiterstatue von Karl August,
während ein Standbild des Freundes der Dichterfürsten Goethe
und Schiller besser einen Platz in dem Park zu Weimar gefunden
haben dürfte. Was übrigens die Zeit der Errichtung des in Rede

stehenden Kunstwerkes anbetrifft, so erscheint sie uns in jeder Hin-
sicht passend; denn unter allen deutschen Fürsten, die zur Zeit Karl
August's lebten, faßte keiner mit solcher Liebe, solchem Patriotis-
mus und so opferwilligem Eifer die damals schon von Preußen
angestrebte Einigung Deutschlands auf wie eben Karl August. Dies
ist noch kürzlich wieder in unwiderlegbarer und meisterhafter Weise
durch den Altmeister der deutschen Geschichtschreibung, durch Leopold
v. Ranke, in seinem Werke „Die dentschen Mächte und der Fürsten-
bund" dargethan worden. —

Das eherne Reiterstandbild wird auf einem mit Lorbeer,
Eichenlaub u. s. w. geschmückten Bronzeaufsatz zu stehen kommen;
das Ganze aber soll von einem dunkelgrünem Granite getragen
werden. (Schluß folgt.)

§ Bremen, im März 1872. (Ausstellung des Nord-
deutschen Cyklus. Fortsetzung.) Wenn, was nicht zu leugnen
ist, die beiden Hauptfächer der heutigen gewöhnlichen Vereins-Aus-
stellungen das Genre und die Landschaft mit ihren Nebenführern
(Strandansicht, Seestück u. s. w.) ausmachen, so muß man von dem
ersten dieser beiden Fächer sagen, daß es in unserem diesmaligen
Salon sowohl an geistigem Inhalt und glücklicher Wahl der Motive,
wie an technischem Werthe hinter denen der früheren Jahre zurücksteht.
Wir vermissen nicht allein manche bedeutende Meister, die uns seit-
her, sei's direkt, sei's auf dem Wege des Kunsthandels, zukamen
und sich durch ansprechende Motive und vollendete Technik hervor-
thaten — ich will, wie sie mir eben einfallen, aus Düsseldorf
nur Jordan, Tidemand, Salentin, Hiddemann, aus Berlin Karl
Becker, Güterbock, Gentz, Kretzschmer, aus München Reinh. Seb.
Zimmermann nennen —• sondern die wirklich erschienenen erheben
sich mit geringen Ausnahmen in der Technik kaum über das Ge-
wöhnliche. Bei Einigen hat es fast den Anschein, als ob sie sich
zu den Vereins-Ausstellungen nur für ihre hors-d’oeuvre und die
Kinder ihrer Mußestunden herablassen, denen es nichts schaden kann,
wenn sie von Markt zu Markt wandern, selbst auf die Gefahr hin,
am Ende ihrer Rundreise unverrichteter Sache wieder nach Hause
zu kommen und Ladenhüter zu werden. Denn abzuleugnen ist es
doch einmal nicht, daß diese Vereins-Ausstellungen nichts weiter als
ein Markt sind, auf dem man die Waare in der Hoffnung auf
Absatz sendet, daß aber dieser Markt nebenbei auch den Zweck hat,
das Kunstverständniß und den Kunstgenuß des größeren Publikums
zu befördern. Aber sonderbar genug ist es, daß selbst diese üors-
ä'osuvre noch immer recht hohen Werth auf sich selber zu legen
scheinen, wenigstens in den meisten Fällen einen höheren, als selbst
der wirkliche Kenner ihnen beizulegeu geneigt ist.

Darf ich meine kurze Uebersicht über die bedeutenderen Er-
scheinungen des Genrefaches an das im vorigen Briefe bereits be-
rührte Historienfach anknüpfen, so mag mir von diesem zum Genre
ein kleines Bildchen von Friedr. Pecht in München die Brücke
bilden. Es stellt Heinrich VIII. von England mit Anna Boleyn
auf dem Feste beim Cardinal Wolsey (nach Shakespeare) dar, also
eine leicht verständliche, weil einem Drama entlehnt auch theatralisch
aufgefaßte Scene, deren Gestalten sorgfältig ausgeführt sind, wenn
nur der durchgehende Grundton nicht so blaß bläulich wäre.

Einer der bedeutendsten Genremaler Düsseldorfs, der wirklich
erschienen, ist Karl Lasch, dessen „Verlegener Freier" zwar kein
eigentliches üors-d'oeuvrs genannt werden kann, aber den größeren
Kompositionen des Meisters doch nicht ganz gleichkommt. Wir sind in
 
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