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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0129

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sondern auch während der Schule, welche er um diese Zeit in
Münster besuchte. Der Rector derselben war es auch, der
zuerst auf die ungewöhnliche Begabung des Knaben aufmerksam
wurde und wieder den auf Visitation anwesenden Oberpräsidenten
Sch aper von Westfalen aus den Knaben aufmerksam machte.
Sch aper nahm Anlaß, einige Arbeiten des kleinen Autodidakten
zu Rauch in Berlin zu bringen, der sich freundlich darüber
aussprach. Das günstige Urtheil des Meisters war von Ent-
scheidung für die Zukunft des Knaben; es ermuthigte die Eltern
desselben, ihn die künstlerische Laufbahn betreten zu lassen, und
nachdem er in Münster noch ein paar Jahre vorbereitenden
Unterricht genossen, ging er im Herbste 1848 nach München,
das auf den Jüngling eine größere Anziehungskraft ausübte
als Berlin.

In München trat er alsbald in die Werkstätte des Prof.
Halbig ein und wurde als Gehilfe desselben mit untergeordneten
Arbeiten beschäftigt, welche wenigstens den Vortheil gaben, daß
sie dem jungen strebsamen Manne große technische Gewandtheit
verschafften. Nach seinem Ausscheiden aus Halbig's Atelier
im Jahre 1853 lernte er den bekannten Arbeiterfreund und
Demokraten Eggersdorf von Hannover kennen, der sich bald
lebhaft für ihn interessirte, erst seine Büste von ihm modelliren,
dann die Flora Canova's in Marmor kopiren ließ und ihm
Ende der fünfziger Jahre eine Reise nach Italien ermöglichte,
während welcher er sich acht Monate lang in Rom aufhielt und
auf des alten Meisters Wagner Anrathen blos sah.

Aber nicht die Antike allein war es, die Zumbusch fesselte;
auch von der Kunst des fünfzehnten und sechszehnten Jahr-
hunderts fühlte er sich mächtig angezogen und ihre Werke wur-
den wesentlich bestimmend für ihn.

Aus Italien zurückgekehrt, gelang es Zumbusch bald festen
Boden unter seinen Füßen zu gewinnen, nachdem er schon vorher
größere Aufträge für Paderborn und 1857 auch für Freising
erhalten hatte, für welch' letzteres er den berühmten Bischof und
Chronisten Otto ausführte. Das Verdienst, diesen Auftrag ver-
mittelt zu haben, gebührt dem leider zu früh verstorbenen Kunst-
schriftsteller Sighart in München.

Im Jahre 1860 gründete Zumbusch seinen eigenen Herd
und entwickelte eine größere Thätigkeit, indem er für den Benno-
und den Corbiniansaltar der restaurirten münchener Frauenkirche
arbeitete und für die Grabkapelle der Familie von Waldenburg
auf einem Berliner Kirchhof einen sehr edel aufgefaßten Altar-
tisch ausführte. Im Jahre 1862 betheiligte er sich an der
von Köln ausgeschriebenen Konkurrenz für das Denkmal König
Friedrich Wilhelm III. von Preußen, wofür er den 5ten
Preis mit 1000 Thlrn. erhielt. Sein Entwurf hat den Vorzug
großer Einfachheit in der Vertheilung der kompositionellen Mo-
tive und dadurch großer Verständlichkeit für den Beschauer. An
dem Sockel zeigte er in theils realistischen, theils allegorischen
Reliefs die Erhebung des preußischen Volkes in den Freiheits-
kriegen, sowie die Segnungen des dadurch gewonnenen Friedens
für die Rheinlande, während aus den Vorsprüngen die vier offi-
ciellen Hauptträger der Bewegung, Blücher, Scharnhorst,
Stein und Gneisen au, angebracht sind, über denen der
König emporragt, wie er siegreich aus Frankreich zurückkehrt
und dem ihn begrüßenden Volke in königlicher Ruhe mit ein-

facher Handbewegung dankt. Auch an der Konkurrenz für das
Arudt-Denkmal in Bonn betheiligte sich Zumbusch. — In das
Jahr 1864 fällt die oben erwähnte Büste des Königs Ludwig II.
von Bayern und jene des Tondichters Richard Wagner,
welche er im Aufträge des Königs ausführte.

Unter den zahlreichen Entwürfen für das Nationaldenkmal
des Königs Max II. in München wurden die Hähnel's,
Zumbusch's, Kreling's, Widnmann's, Brugger's und
Schill in g's prämiirt, das von Zumbusch aber zur Ausfüh-
rung bestimmt. Architektur und Plastik stehen hier in seltenem
Einklang, so daß eines nicht ohne das andere gedacht werden
kann. Der Grundriß des Sockels stellt sich als ein Quadrat
mit abgestumpften Ecken dar und ist der architektonische Theil
im Styl der frühen italienischen Renaissance gehalten. An den
Ecken des Sockels stehen, und zwar mit Recht als Bestandtheile
des architektonischen Theils, Knaben mit den Wappenschildern
der vier bayerischen Provinzen; auf den schön gegliederten, stufen-
artigeu Vorsprüngen sitzen allegorische Figuren des Friedens, der
Wissenschaft, der Gerechtigkeit und der Stärke.

Was die Auffassung des Königs betrifft, so hat der
Künstler das für den gegebenen Fall allein Richtige getroffen.
Maximilian war keine historische Erscheinung im Sinne des
alten Fritz von Preußen mit Dreispitz und Krückstock oder
Luther's im faltenreichen Kleide; es galt nicht sowohl seine ge-
wöhnliche Erscheinung zu kennzeichnen, als vielmehr die Regenten-
Tugenden zu charakterisiren, welche Bayern glücklich machten.
Darum mußte der Künstler Maximilian als Herrscher zeigen
und indem er den Gefeierten in königlichem Gewände, als in
idealer Tracht darstellte, vermittelte er zugleich die Gestalt des
Königs mit den allegorischen Figuren, deren er zum Ausdruck
des Gedankens nothwendig bedurfte und erzielte dadurch jene
innere und äußere Einheit, ohne welche ein wahres Kunstwerk
nicht gedacht werden kann; der verfassungstreue Regent aber
konnte nicht besser charakterisirt werden als durch die an's Herz
gedrückte Verfassungsurkunde. Die Formen der Renaissance
stehen einerseits mit der Erscheinung des Königs, andererseits
mit den allegorischen Gestalten in Harmonie und können zugleich
ohne Störung mit der Architektur der den Aufstellungsplatz um-
gebenden Gebäude in Bezug gebracht werden, wodurch jener
Forderung der Einheit des Gedankens in noch weiterem Um-
fange genügt wird.

Ehe Zumbusch an die Ausführung seines Nationaldenkmals
ging, besuchte er 1867 Studien halber noch einmal Rom und
dehnte seine Reise bis nach Neapel aus, führte auch im Auf-
träge des Königs die Büste des verstorbenen Regenten in Mar-
mor aus, welche Napoleon III. in der Reihe der Büsten
aller Souveraine, welche ihn seit seiner Thronbesteigung besucht
hatten, im Stadthaus aufstellen ließ.

Die Eigenthümlichkeiteu der plastischen Kunst machen die-
selbe zu einer specifisch aristokratischen in des Wortes edelster
Bedeutung. Unter den gegebenen socialen Verhältnissen ist sie
zu ihrem kräftigen und fröhlichen Gedeihen mehr oder minder
auf den Staat, auf die Fürsten und die, welche ihnen durch die
Gunst der Umstände am nächsten stehen oder aber durch Glücks-
güter eine hervorragende Stellung einnehmen, angewiesen. Eine
Anzahl von Statuetten, die Hauptpersonen Wagner'scher Ton-
 
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