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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0231

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218

vermögen einen Beitrag zu leisten. So die schwedischen Provinzen, so Nor-
wegen mit seinen oft reizenden Filigranarbeiten, die schleswigischen Inseln
mit ähnlichen Erzeugnissen. Reich ist ebenfalls die Ausbeute in den Donau-
ländern und in den Nebenlündern der Türkei, dann von Egypten bis zum
Sudan hinauf, wo überall noch das bis in jüngster Zeit von der civilisirten
Kunst vergessene Filigran in Uebung steht. Auch in Rußland und noch
manch anderen Ländern Europa's dürste eine Prüfung der Volkstrachten und
der nationalen Kostüme in Bezug auf den Schmuck für diesen Zweck nicht
ohne Frucht bleiben.

Zu dem verschiedenartigen Geräthe, das die vierte Abtheilung zu
bilden hat, wäre vorzugsweise zu rechnen: Korb- und Strohflechtereien

(wozu nicht-europäische Nationalitäten wohl den Hauptbeitrag zu liefern
Hütten), Matten und geflochtene Decken und besonders auch mannigfach orna-
mentirte und eigenthümlich konstruirte Möbel, deren es an vielen Orten im
Haus- und Volksgebrauch giebt. Viele derartige Gegenstände sind noch nicht
auf den Ausstellungen erschienen, weil man sie für zu unbedeutend gehalten
hat. Ohne Zweifel würden aber Kunstfreunde und Künstler sie schätzen lernen
und wahrscheinlich besseren Nutzen von ihnen haben als von den sogenannten
Bauernsesseln des 17. und 18. Jahrhunderts, die heute von den Liebhabern
so gesucht sind.

Zu allen vier Abtheilungen würden ohne Frage China, Japan und
Indien einen großen Beitrag zu stellen vermögen, wenn lediglich die nationale
Eigenthümlichkeit ins Auge gefaßt würde. Es ist aber die Kunstindustrie
dieser Länder nicht in dem Sinne eine volksthümliche wie diejenige, die bis-
her besprochen wurde; sie ist vielmehr in jedem Falle eine hochcivilisirte und
zum größten Theil, zumal in Indien, für den Reichthum berechnet. Sie
stellt sich daher unserer modernen Luxusindustrie zur Seite, welche sie be-
kanntlich in vielen Dingen, sowohl in künstlerischer wie technischer Beziehung
übertrifft. Es kann daher die Industrie dieser Länder, deren größtmögliche
Betheiligung auf das dringendste zu wünschen ist, nur so behandelt werden,
wie jene der civilisirten europäischen Länder, d. h. völlig selbstständig. Von
ihr kann daher nur Das für die in Rede stehende Ausstellung der nationalen
Hausindnstrie herübergenommen werden, was für den Gebrauch der niederen
Klassen bestimmt ist.

Wien, 1. October 1871. Praterstr. 42.

Der Präsident der kaiserlichen Kommission:

Erzherzog Rainer.

Der General-Direktor:

Freiherr von Schwarz-Senborn.

--

Aphorismen und Wiscellen.

154.

das einseitige Talent giebt wie eine Klaviersaite unter dem Hammer-
schlage Einen Ton; aber das Genie gleicht einer Windharfen-Saite; eine und
dieselbe spielet sich selber zu mannigfachem Tönen vor dem mannigfachen
Anwehen. Im Genius stehen alle Kräfte auf einmal in Blüthe, und die
Phantasie ist darin nicht die Blume, sondern die Blumengöttin, welche die
zusammenstäubenden Blumenkelche für neue Mischungen ordnet, gleichsam die
Kraft voll Kräfte. (Iran Paul.)

155.

kecke Nacktheit im Leben und in der Kunst der Griechen und Römer
ist nicht thierische Plumpheit, sondern unbefangene Natürlichkeit, liberale
Menschlichkeit und republikanische Offenheit. Das Gefühl echter Scham war
bei keinem Volke so einheimisch und gleichsam angeboren, wie bei den Griechen.
Der Quell der echten Scham ist sittliche Scheu und Bescheidenheit des Herzens.
Falsche Scham hingegen entspringt aus thierischer Furcht oder aus künstlichem
Vorurtheil. Sie giebt sich durch Stolz und Neid zu erkennen. Ihr ver-
stecktes und heuchlerisches Wesen verräth ein tiefes Bewußtsein von innerm
Schmutz. Ihre unechte Delikatesse ist die häßliche Schminke lasterhafter
Sklaven, der weibische Putz entnervter Barbaren. (Friedrich Schlegel.)

156.

giebt in der Natur und Kunst keine reizenderen Farbeneffekte als die-
jenigen, welche auf dem Durchscheinen und Wiederscheinen beruhen. Wie
reizend wirkt z. B. das Durchscheinen des strömenden Pflanzensaftes durch
die Blätter und Blüthen im Frühling, das bläuliche Durchjchimmern des
Blutes auf Wangen und Lippen, das Hindurchleuchten eines innern Lichtes
oder Feuers durch die Netzhaut des Auges, besonders dann, wenn sich darin
ein besonderer Zustand des innern Lebens, z. B. der Jugendlichkeit, Gesund-
heit, Frische, der Freude, Scham, Liebe, Sehnsucht u. s. w. offenbart.

(Ieistng.)

, 157.

<Mir bewundern das Erhabene; Bewunderung ist da, wo im Großen und
Schönen das Aehnliche fehlt und daher unsere Vorstellungen nicht mehr von
Aehnlichem zu Aehnlichem fortspielen, sondern vor dem Einen ohne seines
Gleichen stumm stehen bleiben und sich vor ihm sammeln, wie die Sprache
im Staunen dies Stehenbleiben und Staunen der Gedanken soll bezeichnet
haben. In der Bewunderung ist das geheime Gefühl des Unvermögens oder
der Ohnmacht, aber wir lösen es in einer höhern Lust auf, indem wir im
Geiste zu der fremden Größe Hinansteigen und sie dadurch für den Augen-
blick der Vorstellung zu unserer eignen machen. (Trendelcnbnrg.)

Im Verlage der Photo graphischen. Gesellschaft in
Berlin, Dönhofsplatz, erschien soeben:

P. Meyerheim „Die Heuernte“.

— — „Die Schafschur“.

C. VOfl Gebhardt „Das heilige Abendmahl“.

Camphausen „Der grosse Kurfürst“.

B. Vautier ,,Begräbniss auf dem Lande“.

C. Becker '„Venetianerin“. X

A. Piot „In Gedanken“. /

Ch. L. Müller „Algerierin“. > Preis in Extraformat ä Blatt 12 Thlr.

— — „Almee“. \

— — Syrierin“. ' [695]

Preis in Extraformat
a Blatt 15 Thlr.

HmMmitrÄlMtellmig

Theodor Lichtenberg

Kunsthandlung

BRESLAU

Schweidnitzer Strasse 30.

Permanente

von

Louis Bock & Sohn,

Hamburg, gr. Bleichen 34.

Ire Gart
Itr. 25. Inhalt: Die Diamanten
der Großmutter. Erzählung von Levin
Schücking. (Forts.) — Aus deutschen
Lustschlössern. 2. Der vorletzte der frän-
kischen Hohenzollern. Mit Illustration:
„Schloß Drossenfeld bei Baireuth im
Jahre 1763." Nach einem alten Kupfer-
stich aus dem vorigen Jahrhundert. —
Drei Weltverbesserer. Aus früherer
Zeit. Von Arnold Rüge. — Ehren-
rettung des Schmerzes. Von Ewald
Hecker. — „Sie weinet ja, wie wir,
mein Kind!" Gedicht. Mit Illustration:
„Zwei Wittwen." Originalzeichnung
von I. Leisten in München. — Thier-
studien eines Laien. Ameisenwirthschaft.
Von M. Evers. — Blätter u. Blüthen:
Die deutscheste Stadt Deutschlands.
Von H. Beta. — Der letzte Priester
von Gretna Green. Von A. Rüge.

e n t a u v e.

Nr. 26. Inhalt: Die Diamanten
der Großmutter. Erzählung von Levin
Schücking. (Forts.) — Von Friedrich
Gerstäcker. Von Herbert König. Mit
Friedrich Gerstäcker's Portrait.
Originalzeichnung von Adolph Neu-
mann. — Aus deutschen Lustschlössern.
2. Der vorletzte der fränkischen Hohen-
zollern. Von H. S. (Schluß.) — Ein
Sonntagsmahl im Thüringer Walde.
Von H. S. — Bauernfängerei. Eine
Warnungstafel für „Potsdamer" und
die es nicht werden wollen. Von Julius
Weil. — Von drei Perlen die eine.
Von H. v. C. Mit Abbildung: „Der
Eingang zum Schwarzathal". Von
Heubner. — Das Wasser kommt. Ein
Bild aus der Ueberschwemmungsnoth
Böhmens am 25. Mai 1872. Gedicht
von C. Thomas.

Kommissions-Verlag der Nicolai'schen Verlags-Buchhandlung (A. Effert & L. Lindtner) in Berlin. — Druck von H. Theinhardt in Berlin.
 
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