Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0353

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
340

bricht. — B ossuet's Gemälde „Entree mauresque Bibarambla
ä Grenade“ zeichnet sich durch das dem Künstler eigenthümliche
warme Kolorit aus. — Springer, ein holländischer Künstler,
giebt in bewunderungswürdiger Weise und Treue die malerischen
Straßen und Gebäude seiner Heimath wieder.

Die Thiermaler sind im Allgemeinen sehr gut vertreten. In
erster Reihe steht lavier Decock mit seinem meisterhaften Ge-
mälde „Les vaches dans la prairie“. Ihm nähern sich de Haas,
von Thoren, Robbe, der vielseitige Vertat und Vervee. —
Jos. Stevens scheint mit seinem Bilde „Colere et resignation“,
ein Hund und ein Affe, seinem Rufe nicht so ganz zu entsprechen.
Der Altmeister dieses Genres, Verboekhoven, hat nichts zum
diesjährigen Salon geliefert. (Forts, folgt.)

-e- Dresden, den 13. November. (Ehejubiläum des
sächsischen Königspaares.) Zu dem Festschmuck, welcher in
Veranlassung der Feier der goldenen Hochzeit des sächsischen Königs-
paares während der Tage vom 8. bis zum 12. November d. I.
Dresden zierte, hat selbstverständlich auch die Kunst ihren Beitrag
geliefert. Es dürfte daher wohl am Platze sein, wenn ich Ihnen
hierüber einige Mittheilungen mache.

Wohl der schönste Punkt im Straßenschmuck war der Schloß-
platz mit dem geschmackvoll und reich dekorirten Finanzhause. Wäh-
rend die Front des letzteren durch große Flaggenbäume, die durch
Guirlanden, Draperien, Wappenfestons, Bänder und Kränze geziert
war, erhoben sich in unmittelbarer Nähe und nicht weit von dem
Schlosse zwei hohe, vom Stadtbau-Direktor Friedrich errichtete
Obelisken mit einer Anzahl von Gaskandelabern. Der links nach
der katholischen Kirche zu stehende Obelisk war dem Könige Jo-
hann, der gegenüber befindliche der Königin Amalie, bekanntlich dem
bayerischen Königshause entsprossen, gewidmet. Der erstere trug über
der Inschrift „Dem weisen und gerechten König" auf der dem Schlosse
zugewendeten Seite zwei allegorische Figuren, die Weisheit und
Gerechtigkeit darstellend, nach der Fahrstraße hin den Genius
Sachsens, von der Liebe geleitet, darunter das Datum der Hoch-
zeit, den 10. November 1822, nach der Augustusbrücke zu die
„Saxonia" mit erhobenem goldenen Kranze, und nach der Kirche
hin einen geflügelten Ruhmesboten. Der Ihrer Majestät „Der
frommen und barmherzigen Königin" gewidmete Obelisk trug über
der genannten Inschrift auf der Schloßseite eine Gruppe allegorischer
Figuren, die Frömmigkeit und Barmherzigkeit darstellend,
nach der Fahrstraße hin den Genius Bayerns, dem gegenüberstehen-
den Genius Sachsens zuschwebend, mit dem Datum 10. November
1822, nach der Brücke zu die „Dresdensia" und nach dem Mi-
nisterialgebäude einen geflügelten, die Tuba blasenden Herold. Die
oberen Felder der Obelisken trugen außer sinnvollen Ornamenten
und Emblemen die stammbaumartig gruppirten Namen der dem
Königshause ungehörigen Descendenten. Zu Füßen der Hauptbilder
nach dem Schlosse zu befanden sich zwei sitzende Statuen: die
„Liebe", eine brennende Schale haltend, vom Bildhauer Broß-
mann, und die „Treue", einen von Epheu umwundenen Stab
tragend, vom Bildhauer Henze.

Die dem Brandenburger Thore in Berlin nachgebildete Ehren-
pforte am Kaiser-Wilhelm-Platze, durch welche der deutsche Kaiser
bei seiner Einfahrt in Dresden zog, erreichte eine Höhe von etwa
30 Ellen, an sie schlossen sich links und rechts niedrigere Arkaden,
die mit dem Mittelbau gegen 60 Ellen sich ausbreiteten. Die
Ehrenpforte, ebenfalls vom Stadtbau-Direklor Friedrich entworfen
und ausgeführt, trug auf der Außenseite nach dem Bahnhofe zu
einen farbigen Fries, die der Kaiserkrone dargebrachte Huldigung
darstellend; auf der Innenseite nach dem Kaiser-Wilhelm-Platze zu

einen ähnlichen Fries, eine dem königlichen Jubelpaare geweihte
Huldigung versinnbildlichend. Diese Friese waren entworfen und
gemalt von den Historienmalern Dittrich und Simonson. Alle
übrigen Bilder an der Ehrenpforte wie an den Obelisken waren
das Werk der Historienmaler Sachse und Ritscher. — Von ein-
zelnen unwesentlichen Details abgesehen, waren sowohl die Obelisken
wie die Ehrenpforte gelungene Festeszeichen, die auf die Zuschauer
einen freundlichen und zugleich erhebenden Eindruck machten.

Zum Schlüsse sei noch bemerkt, daß der Maler Karl August
Teich, der mehrjährige Besitzer der bekannten hiesigen Firma Hans
Hanfstängl, in drei verschiedenen Aufnahmen photographisch eine
recht innige Familiengruppe, den König und die Königin darstellend,
mit künstlerischer Freiheit geschaffen hat.

8. Wien, Mitte November. (Von Ausstellungen und
Künstlern.) Zwischen meinem vorigen Briefe und diesem liegen
allerdings Wochen. Scheinbar sieht dies einer Versäumniß ähnlich;
aber wahrhaftig, weder ich noch der Leser haben etwas versäumt.
Es muß wohl unterschieden werden, ob man durch Berichte den
Künstlern oder der Kunst nützt, ob man von nennenswerthen Vor-
kommnissen zu sprechen hat, oder ob man lediglich den Spekulanten
mit Kunstwaare dient, welche auf dem Markte zusammengelesene
Bilder herbeischleppen. In dem Falle, daß unsere Ausstellungssäle
zum größten Theile als bequeme Läden für Händler dienen, find
wir. Der Kritiker oder Referent kommt in die Lage, den Lesern
von Kunstblättern mitzutheilen, was sie schon oft gehört, Bilder
vorzuführen, welche wie reisende Schauspieler immer wieder in alter
Weise gastiren. Es soll nicht damit gesagt sein, daß solche Bilder,
welche zuweilen auch vorzüglich und von guten Meistern sind, nicht
für die Ausstellungsbesucher Reiz hätten, oder weniger verdienten,
gesehen zu werden. Sie können immerhin die Schaulust wach er-
halten, erfüllen ihren Zweck an der Wand; aber in einer Betrach-
tung über Kunst öfter zu paradiren, verdienen sie entweder nicht,
oder ist nicht nöthig. Und die Kunst hat nicht die geringste nennens-
werthe Manifestation bei uns gegeben, seit Matejko sein großes
Bild vor einigen Wochen aufgestellt hat. Es wird wohl noch einige
Zeit stehen und stets bleiben die Arbeit eines bedeutenden Technikers,
welcher leider, wie alle Urtheile übereinstimmen, jeder seelische oder
kulturhistorische Werth für die in der Kunst zählenden Völker fehlt.

Aus unserer Mitte ist kein Bild hervorgegangen, welches in
weitesten Kreisen bekannt zu werden verdiente. Wir warten noch
immer auf die Manifestationen des Genius unter uns. Allerdings
haben viele Künstler die treffliche Ausrede: „die Weltausstellung
kommt". Für diese koncentriren sie allen Geist und reserviren sie
vorläufig alle Staffeleien. Bei manchen Künstlern mag dies zu-
treffen. Aber der Productionskraft im Allgemeinen giebt dies kein
gutes Zeugniß, und die Spärlichkeit des Jdeenlebens, namentlich
bei unseren Historikern und Genremalern, ist dadurch nur um so
manifestirter. Wir hören zu unserer Freude, daß eine Reihe neu-
geschaffener Cartons unseres P. I. N. Geiger, Darstellungen zu
Grillparzers Werken*) und zum ganzen Leben Luther's, nächstens
zur Ausstellung kommen sollen. Mehreres davon kenne ich bereits
und kann mich darüber freuen. Dieser „Pensionirte" beschämt mit
seiner Vollkraft und Rüstigkeit ganze Bierstuben und Casinos voll
„junger Genies" und gegenüber dieser Säule der Kunst recken sich
manche noch keineswegs Pensionirte oder Pensionsfähige wie dürres
Reisig vom Grunde empor. Die nächsten Tage werden mehr aus
den Ateliers und weniger aus den Spekukationspanoramen bringen
und schon in nächster Nummer werde ich in die Details eingehen.

*) S. die betreffende Chroniknotiz in dieser Nummer.
 
Annotationen