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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0385

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372

Menschen und Thieren, ein ausgeprägtes Können, welches uns sagt:
hier ist ein Künstler, ein wahres Talent. Wenn dies zur Ent-
faltung gelangt und namentlich mit guten Stoffen, dann muß es
zu Ruhm durchdringen, sich und der Heimath, die au solchen Ta-
lenten jetzt arm ist, hohe Ehre gewinnen.

Unter den Landschaften ist Hansch mit zwei duftigen Bildern
aus der Gebirgswelt vertreten, welche er mit einem eigenen poeti-
schen Zauber und doch mit treffender Wahrheit darzustellen vermag.
— O. von Kamecke (Weimar) hat den „Lac Combal" mit
virtuoser Farbe dargestellt. Das spiegelnde Eis, die kontrastiren-
den Tinten sind schwierig, aber vorzüglich behandelt. — Der Wiener
I. C. B. Püttner hat am charakteristischsten einen oberöster-
reichischen See dargestellt, wahrscheinlich ermuntert von dem gleichen
Unternehmen Gude's vor einem Jahre. Es scheint, als ob diese
Bilder zu Farbendrucken dienen sollten. Wenigstens haben sie ein
gewisses Schema von Effekten, welches daraus hinweist. Püttner
hat das Charakteristische, die Lokaltinte, welche überall verschieden
ist, recht gut erfaßt, und seine tüchtige Behandlung zeigt, daß er
noch mehr zu leisten vermag, wenn er etwa ganz freie Hand hat.
Die Brüder Schuster sind hervorragend vertreten, der Lasuren-
maler Josef durch zwei liebliche und botanisch höchst genaue Dar-
stellungen aus der „Alpenflora", in der er nur wenige Nebenbuhler
hat, und Ludwig namentlich durch ein Thierbild, ein nagender
Hund in einem Geflügelhofe, dessen Beute die Theilnahme geflügel-
ter Geschöpfe in humoristischer und recht gelungener Weise erregt.
„Im Besitze liegt nicht immer Friede". Ja wohl, dies dürfte auch
Mancher sagen, welcher bei den jüngsten Auctionen irgend einen
„Klassiker" (?!) erstanden. — Wir nennen noch den tüchtigen Holzer
(Wien), Steffani (Mailand), A. Braith (München), den Pastell-
maler G. Decker (Wien) als besonders hervorhebenswerth. Von
Fabre du Faur (München) ist ein Schimmel „Nach der Schlacht"
da. Mit des Künstlers Wissen und Willen? Ein baumwollener
Schimmel! 8.

F. K. München, Mitte Decbr. (Ausstellung im Kunst-
verein. Forts.) Arnold Böcklin stellte ein Selbstportrait aus,
auf welchem neben dem Kopfe des Künstlers der Tod auf einer
Violine jenem seine Weise vorspielt. Wir wissen nicht, was der
Künstler sich beim Malen des Bildes dachte und weshalb er sich
in solche Gesellschaft versetzte. Das Bild ist von schöner, tiefer
Farbe und zeigt den genialen Koloristen ebenso wie sein anderes
ausgestelltes Bild „Kleopatra", das in der Farbe allerdings Etwas
forcirt erscheint. — Beyschlag malte eine Dame im Zopfkostüm,
die sich einem schlafenden jungen Jäger nähert, um demselben eine
Rose in's Knopfloch zu stecken. Das Bild ist in Salonmanier mit
Noblesse gemalt. — Liezen-Meyer, einer unserer talentvollsten
Koloristen, aus der Schule Piloty's hervorgegangeu, brachte „Gret-
chen und Faust" im Garten bei Mondbeleuchtung zur Ausstellung
und zeigte durch die tiefe, klare, harmonische Farbe sich auf der Höhe
der Technik. An den Figuren hätten wir allerdings auszusetzen,
daß der Künstler sie zu reich kostümirte, speciell gilt dies von
Gretchen.

„Ruhe auf dem Felde" schilderte L. Hartmann in gewohnter
meisterhafter Behandlung, besonders schön waren die Pferde und
das Terrain gemalt. — Ein ähnliches Sujet behandelte Jul. Nörr
in gleich geschicktem Vortrag. — Die „Russin mit Kind" von Behr
zeigt das Streben nach absoluter Lokalfarbe und wirkte dadurch an-
ziehend. — Linder stellt eine „Parkpartie" im Sonnenlichte dar,
die landschaftlich geschickt und breit gemalt ist. Durchaus mißglückt
erscheint uns dagegen die Staffage, eine korpulente Dame in Schwarz,
über der die Blüthe bereits vorübergegangen und die schwärmerisch

zu dem Blätterdach emporblickt. Wir trauen dieser Dame bei ihrem
Embonpoint, auf die Gefahr hin ungalant zu sein, offen gestanden,
keine Schwärmerei zu. — Leisten stellte zwei Genrebilder aus, die
sehr hübsch vorgetragen waren. — Szinyey's „Dame im Walde"
erscheint kapricirt. Die Farbe ist übertrieben und gewaltsam; daß
das Bild nicht Fiasko gemacht, hat es allein der geschickten Technik,
welche aus demselben spricht, zu verdanken. Wir hoffen, daß der
unstreitig sehr begabte Künstler durch Ausstellung eines besseren
Gemäldes uns recht bald Gelegenheit geben möge, günstiger über
ihn zu urtheilen. — R. Schleich malte eine sehr stimmungsvolle
Landschaft, die neben der schönen Farbe, gleichzeitig auch durch die
sorgfältige Zeichnung, ihren Reiz besitzt. — Auch die kleine „Ge-
birgslandschaft" von I. G. Stephan ist ein sehr ansprechendes,
frisch empfundenes Bild, an dem wir jedoch den Vortrag weniger
glatt gewünscht hätten. — W. Malecki, der in der letzten Zeit
leider seltener ausstellte, brachte einen „Polnischen Bauernhof" und
damit zugleich die beste Landschaft. Die Sonne steht hoch, Ruhe
ringsum. Im benachbarten Walde brütet die Mittagshitze und die
Bewohner des Hauses haben sich in den Schatten des Vordergrundes
gelagert, um Dolce far niente zu halten. Das Bild ist, wie alle
Werke des sehr talentvollen Künstlers, durchaus stimmungsvoll aus
der Empfindung herausgemalt, der Vortrag breit und virtuos, die
Farbe klar und wahr. — Die „Partie an der Küste von Genua"
von G. Schön lebe r ist ein in den Linien großartig gedachtes
Bild, eine Straudpartie im besten Sinne mit gut gemalter Luft und
klarem Wasser.

Im Thier-Genre erscheinen uns Couturier's „Ziegen" zu
manierirt. Die Thiere sind freilich sehr schön gezeichnet, die Farbe
aber unwahr und outrirt. — Bela-Pallik's „Hasenhetze" ist gut
gedacht, die Windhunde setzen tüchtig dem armen Lampe nach, dieser
würde jedoch an künstlerischem Interesse gewinnen, wenn er noch ein-
mal übermalt und dabei mehr Rücksicht auf strenge Zeichnung ge-
nommen würde. — Etwas anspruchsvoll trat O. v. Ruppert durch
Ausstellung von „Skizzen" auf, von denen uns mehrere besser ge-
fielen als bisher von ihm gesehene farbige Bilder. Daß aber bei
einer derartigen Sammlung auch manches Unbedeutende mit unter-
läuft, liegt auf der Hand, abgesehen davon, daß streng genommen
doch eigentlich nur fertige Künstler sich die Berechtigung vindiciren
können, ausgeführtere Skizzen, und zwar mit Auswahl, auszustellen.
Es ist etwas Anderes, wenn man Skizzen im Freundeskreise oder
im Atelier zeigt, treten sie aber in einer Ausstellung, wie diejenige
des Kunstvereins, auf, so müssen sie sich einen strengeren Maaßstab
gefallen lassen und dürfen nicht beanspruchen, daß ein paar keck hin-
geworfene Bleistiftsstriche als geistreich vom Publikum angesehen sein
wollen. — Unglücklicherweise kamen gleich in der darauf folgenden
Woche Handzeichnungen und Skizzen des alten, gefeierten Thier-
malers I. A. Klein zur Ausstellung, die unsere eben ausgesprochene
Ansicht um so schärfer hervortreten lassen. Klein's Skizzen sind mit
einer Sorgfalt, ja Pietät und mit ganzer Hingebung an die Natur
gezeichnet, daß jedes Blatt einer eingehenden Betrachtung werth ist.
Wie charakteristisch sind die verschiedenen Gespanne gezeichnet, wie
fein die einzelnen Verhältnisse berücksichtigt und wie liebevoll das
kleinste Detail behandelt. Die unscheinbarsten Gegenstände sind nicht
blos geschickt arrangirt, sondern runden sich oft zu den reizendsten
Bildern ab. Eine wahre Fülle von Stoffen tritt uns aus diesen
anspruchslosen, geistvollen Blättern entgegen und lehrt uns, wie oft
wir täglich auf der Straße an den dankbarsten Motiven unauf-
merksam vorübergehen.

Windmayr's „Winterlandschast", im Geschmack und Vortrag
Stademann's gemalt, ist ein in der Wirkung sehr wahres und auch
poetisch gedachtes Bild. — Mit Thoma' s Richtung können wir
 
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