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Dittmann, Lorenz <Prof. Dr.>
Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei: eine Einführung — Darmstadt, 1987

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https://doi.org/10.11588/diglit.29814#0053
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MALEREI DES TRECENTO

Die von Giotto in seinen Fresken der Peruzzi-Kapelle eingefiihrte
Neuerung der Schattengestaltung bleibt von den Trecentisten in der
Nachfolge Giottos 1 jedoch unverstanden. Sie wird von keinem aufge-
griffen. Die Trecentisten setzen an beim farbigen Reliefraum der Arena-
fresken, aber sie ändern das Verhältnis von Grundfläche und gegen-
standsdarstellenden Farbbereichen, indem sie den Grund verdunkeln
und die Farbigkeit der Szenen durchhellen.

Damit ist das Giottosche Gleichgewicht der Farbgestaltung aufge-
geben. An die Stelle des kräftigen Grundblau treten nun Folienfarben,
die sich unbunten Werten nähern, tiefes Purpurrot, dunkles Schiefer-
grau, ja sogar Schwarz. Mit solcher Verfinsterung 2 erhält der Grund
einen weltabgewandten Charakter, sein abstrakter Gehalt steigert sich,
und hierin nähert er sich wiederum dem Goldgrund. Auch zu neuen Aus-
drucksqualitäten kann die entsinnlichte Bildgrundfarbe gefiihrt werden.

Der verfinsterten Grundfarbe kontrastiert das höher gestimmte Ko-
lorit der Figuren, Architekturen und Landschaften. Der Spannungs-
bogen zwischen Dunkel und Hell vergrößert sich mithin im Vergleich
zu Giottos Fresken und zugleich weitet sich der bei Giotto iiberall
gleich kompakte Bildraum. Mit der Aufhellung steigert sich auch die
Farbenvielfalt, der Nuancenreichtum in den farbigen Gegenstandskom-
plexen.

Solche Veränderungen sind die Voraussetzung auch fiir die neuen Be-
leuchtungswirkungen, die von Taddeo Gaddi (nachweisbar in Florenz
seit 1328, gest. 1376) in seinen wohl 1333 gemalten Fresken der Baron-
celli-Kapelle in Santa Croce in Florenz eingefiihrt wurden. Schon Giotto
hatte „den Lichteinfall in seinen Bildern auf die tatsächlichen Lichtver-
hältnisse des realen Raumes abgestimmt; auch bei Cennini, der uns die
Kunstlehre der Giotto-Schule iiberliefert hat, findet sich die Anweisung,
daß der Maler sich fiir die Lichtfiihrung nach den vorhandenen Fenstern

1 Vgl. hierzu: Strauss, Überlegungen zur Farbe bei Giotto, 76-77. -Trecenti-
stische Freskomalerei nach Giotto, in: Koloritgeschichtliche Untersuchungen,
84-85.

2 Vgl. dazu auch Alexandrine Miller, The dark background and the composi-
tion of space inTuscan painting of theTrecento, in: Art in America, Vol. 31, New
York 1943,195-202.
 
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