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Malerei des 19. Jahrhunderts
wert“ und „Darstellungswert“ der Farbe auch eine farbgeschichtliche
Perspektive: „Die Entwicklung der Prinzipien in der Farbengebung ist
bedingt gemäß der Absicht, Raumdarstellung durch immer neue Erobe-
rung von Darstellungswerten der Farbe zu vereinen mit intensiven
Eigenwerten der Farbe. Diese Entwicklung hat sich bis zum Schlusse des
19. Jahrhunderts vollzogen, deren Ziel bezeichnet werden kann mit der
Forderung: alle Darstellungswerte zu intensiven Eigenwerten zu erheben
und zu harmonisieren .. ,“ 28
So stellt sich die Koloritgeschichte des 19. Jahrhunderts dar als ,,Be-
freiung der Bildfarbe“ 29 - aber dies ist nicht allein ein Problem des
Gestaltungsmittels, sondern es bekundet sich darin, daß die Farbe „das
Seiende in seiner Phänomenalität, seinem reinen Aussehen bestätigt
und für uns offenhält“. 30
A. ZUR ENGLISCHEN MaLEREI DES 19. JAHRHUNDERTS
Vor der Darstellung der französischen Entwicklung sei die Position
der englischen Malerei um 1800 und in der ersten Jahrhunderthälfte
kurz beschrieben.
Bei Blake und Füssli spielt die Farbe keine oder eine nur höchst unter-
geordnete Rolle. Fiir William Blakes (1757-1827) Farbauffassung ist
seine Charakterisierung des Rubensschen Kolorits bezeichnend. In
seinen um 1808 entstandenen >Marginalien zu den ,Diskursen‘ von Rey-
nolds< schreibt Blake: “To my Eye Rubens’ Colouring is most Contem-
tible. His Shadows are of Filthy Brown somewhat of the Colour of Excre-
ment; these are fill’d with tints and masses of yellow and red. His Lights
are all the Colours of the Rainbow, laid on indiscriminately and broken
one into another. Altogether his Colouring is Contrary to the Coloufing
of the Real Art and Science ...” In einem Brief an seinen Förderer
Thomas Butts vom 22. November 1802 räumt Blake ein, er habe mög-
licherweise die Kategorien des Chiaroscuro und des Kolorits nicht ver-
28 Jantzen, Über Prinzipien der Farbengebung in der Malerei. In: Jantzen,
Über den gotischen Kirchenraum und andere Aufsätze, Berlin 1951, 66/67.
29 Strauss, Zur Wesensbestimmung der Bildfarbe (Vortrag 1969). In: Strauss,
Koloritgeschichtliche Untersuchungen, 12. Und: Max Imdahl, Die Rolle der
Farbe in der neueren französischen Malerei. Abstraktion und Konkretion. In:
Poetik und Hermeneutik, II, Immanente Ästhetik und Ästhetische Reflexion,
München 1966, 225.
30 Verf., Zum Sinn der Farbgestaltung im 19. Jahrhundert. In: Beiträge zum
Problem des Stilpluralismus, hrsg. von Werner Hager und Norbert Knopp, Mün-
chen 1977, 112.
Malerei des 19. Jahrhunderts
wert“ und „Darstellungswert“ der Farbe auch eine farbgeschichtliche
Perspektive: „Die Entwicklung der Prinzipien in der Farbengebung ist
bedingt gemäß der Absicht, Raumdarstellung durch immer neue Erobe-
rung von Darstellungswerten der Farbe zu vereinen mit intensiven
Eigenwerten der Farbe. Diese Entwicklung hat sich bis zum Schlusse des
19. Jahrhunderts vollzogen, deren Ziel bezeichnet werden kann mit der
Forderung: alle Darstellungswerte zu intensiven Eigenwerten zu erheben
und zu harmonisieren .. ,“ 28
So stellt sich die Koloritgeschichte des 19. Jahrhunderts dar als ,,Be-
freiung der Bildfarbe“ 29 - aber dies ist nicht allein ein Problem des
Gestaltungsmittels, sondern es bekundet sich darin, daß die Farbe „das
Seiende in seiner Phänomenalität, seinem reinen Aussehen bestätigt
und für uns offenhält“. 30
A. ZUR ENGLISCHEN MaLEREI DES 19. JAHRHUNDERTS
Vor der Darstellung der französischen Entwicklung sei die Position
der englischen Malerei um 1800 und in der ersten Jahrhunderthälfte
kurz beschrieben.
Bei Blake und Füssli spielt die Farbe keine oder eine nur höchst unter-
geordnete Rolle. Fiir William Blakes (1757-1827) Farbauffassung ist
seine Charakterisierung des Rubensschen Kolorits bezeichnend. In
seinen um 1808 entstandenen >Marginalien zu den ,Diskursen‘ von Rey-
nolds< schreibt Blake: “To my Eye Rubens’ Colouring is most Contem-
tible. His Shadows are of Filthy Brown somewhat of the Colour of Excre-
ment; these are fill’d with tints and masses of yellow and red. His Lights
are all the Colours of the Rainbow, laid on indiscriminately and broken
one into another. Altogether his Colouring is Contrary to the Coloufing
of the Real Art and Science ...” In einem Brief an seinen Förderer
Thomas Butts vom 22. November 1802 räumt Blake ein, er habe mög-
licherweise die Kategorien des Chiaroscuro und des Kolorits nicht ver-
28 Jantzen, Über Prinzipien der Farbengebung in der Malerei. In: Jantzen,
Über den gotischen Kirchenraum und andere Aufsätze, Berlin 1951, 66/67.
29 Strauss, Zur Wesensbestimmung der Bildfarbe (Vortrag 1969). In: Strauss,
Koloritgeschichtliche Untersuchungen, 12. Und: Max Imdahl, Die Rolle der
Farbe in der neueren französischen Malerei. Abstraktion und Konkretion. In:
Poetik und Hermeneutik, II, Immanente Ästhetik und Ästhetische Reflexion,
München 1966, 225.
30 Verf., Zum Sinn der Farbgestaltung im 19. Jahrhundert. In: Beiträge zum
Problem des Stilpluralismus, hrsg. von Werner Hager und Norbert Knopp, Mün-
chen 1977, 112.