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Malerei des 20. Jahrhunderts
Auch fiir Ad Reinhardt (1919-1967) wird Farbe zum Träger anderer
als nur optischer Werte. Nach Phasen, die kubistische und expressive
Gestaltungsmöglichkeiten erproben, gelangt er zu Werken, in denen
sich sein „Flauptinteresse“, die „expressive und strukturelle Bedeutung
des Farbraumes in der Malerei“, wie Reinhardt 1947 formuliert", ver-
wirklicht. Die „Farbziegelbilder“ von 1949 und 1950 verdichten und ver-
einfachen sichzuFolgen vonWerken, betitelt: >Abstract Painting, Blue<,
>Abstract Painting, Red<, >Abstract Painting, White<, nahezu mono-
chromen Bildern, in denen wenig voneinander differierende Blau- oder
Rot- oder Weißtöne zu symmetrisch strukturierten Rechtecken gefiigt
sind. Auf sie folgen Bilder, in denen, gemäß den >Zwölf Regeln für eine
neue Akademie< von 1957 verzichtet werden soll auf Struktur, Pinsel-
arbeit, Skizze, Formen, Muster, Farben, Licht, Raum, Zeit, Maßstab,
Bewegung, Objekt und Subjekt. 1962 erklärt Reinhardt: „Das einzige,
was in der Kunst noch getan werden kann, ist Wiederholung: der gleich
großen Leinwand, des gleichen Schemas, der Monochromie, der einen
linearen Aufteilung in jeder Richtung, der einen Symmetrie, der einen
Struktur, des einen formalen Entwurfs, der einen freihändigen Pinsel-
arbeit, des einen Rhythmus - bis zu einer Auflösung und Unsichtbarkeit,
zu einer durchgehenden Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit ... Alles
bis zur Nicht-mehr-Reduzierbarkeit, Nichtreproduzierbarkeit, Nicht-
wahrnehmbarkeit. “
Die seit 1960 entstehenden >Abstract Paintings, Black< sind für Rein-
hardt „die letzten Bilder, die man malen kann“: Schwarze Felder, meist
in kreuzförmiger Durchdringung, bis zur Nichtunterscheidbarkeit ein-
ander angeglichen, mit dünnem, transparentem Farbauftrag in unmeß-
bare Tiefe führend.
Die Darstellung sei hier abgebrochen. 100 Mit den monochromen Bil-
dern der zweiten Jahrhunderthälfte gewinnt Farbe einen neuen Status
ihrer Autonomie. 101 Aber auch das Bildlicht kann nun höchster Gestal-
99 Zitate nach: Lucy R. Lippard, Ad Reinhardt, Stuttgart 1984, 89, 140/141,
154, 160. Dort auch FA. - Vgl. auch: Margit Rowell, Ad Reinhardt and Color,
Kat. Guggenheim Museum, New York 1980.
100 Zur Farbe in Gemälden des 20. Jahrhunderts vgl. auch: Max Imdahl,
Ernst Wilhelm Nay, Akkord in Rot und Blau, 1958, Stuttgart 1962 (Werkmono-
graphien zur bildenden Kunst, 80). -Angelica Burger, Die Stilleben des Giorgio
Morandi, Eine koloritgeschichtliche Untersuchung, Hildesheim-Zürich-New
York 1984.
101 Vgl. dazu: Eugen Gomringer, VomTachismus zur „komplexen Farbe“. In:
Werk, Jg. 50, 1963, 289-294. - Udo Kultermann, Die Sprache des Schweigens,
Über das Symbolmilieu der Farbe Weiß. In: Quadrum, 20, 1966, 7-30. - Paul
Malerei des 20. Jahrhunderts
Auch fiir Ad Reinhardt (1919-1967) wird Farbe zum Träger anderer
als nur optischer Werte. Nach Phasen, die kubistische und expressive
Gestaltungsmöglichkeiten erproben, gelangt er zu Werken, in denen
sich sein „Flauptinteresse“, die „expressive und strukturelle Bedeutung
des Farbraumes in der Malerei“, wie Reinhardt 1947 formuliert", ver-
wirklicht. Die „Farbziegelbilder“ von 1949 und 1950 verdichten und ver-
einfachen sichzuFolgen vonWerken, betitelt: >Abstract Painting, Blue<,
>Abstract Painting, Red<, >Abstract Painting, White<, nahezu mono-
chromen Bildern, in denen wenig voneinander differierende Blau- oder
Rot- oder Weißtöne zu symmetrisch strukturierten Rechtecken gefiigt
sind. Auf sie folgen Bilder, in denen, gemäß den >Zwölf Regeln für eine
neue Akademie< von 1957 verzichtet werden soll auf Struktur, Pinsel-
arbeit, Skizze, Formen, Muster, Farben, Licht, Raum, Zeit, Maßstab,
Bewegung, Objekt und Subjekt. 1962 erklärt Reinhardt: „Das einzige,
was in der Kunst noch getan werden kann, ist Wiederholung: der gleich
großen Leinwand, des gleichen Schemas, der Monochromie, der einen
linearen Aufteilung in jeder Richtung, der einen Symmetrie, der einen
Struktur, des einen formalen Entwurfs, der einen freihändigen Pinsel-
arbeit, des einen Rhythmus - bis zu einer Auflösung und Unsichtbarkeit,
zu einer durchgehenden Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit ... Alles
bis zur Nicht-mehr-Reduzierbarkeit, Nichtreproduzierbarkeit, Nicht-
wahrnehmbarkeit. “
Die seit 1960 entstehenden >Abstract Paintings, Black< sind für Rein-
hardt „die letzten Bilder, die man malen kann“: Schwarze Felder, meist
in kreuzförmiger Durchdringung, bis zur Nichtunterscheidbarkeit ein-
ander angeglichen, mit dünnem, transparentem Farbauftrag in unmeß-
bare Tiefe führend.
Die Darstellung sei hier abgebrochen. 100 Mit den monochromen Bil-
dern der zweiten Jahrhunderthälfte gewinnt Farbe einen neuen Status
ihrer Autonomie. 101 Aber auch das Bildlicht kann nun höchster Gestal-
99 Zitate nach: Lucy R. Lippard, Ad Reinhardt, Stuttgart 1984, 89, 140/141,
154, 160. Dort auch FA. - Vgl. auch: Margit Rowell, Ad Reinhardt and Color,
Kat. Guggenheim Museum, New York 1980.
100 Zur Farbe in Gemälden des 20. Jahrhunderts vgl. auch: Max Imdahl,
Ernst Wilhelm Nay, Akkord in Rot und Blau, 1958, Stuttgart 1962 (Werkmono-
graphien zur bildenden Kunst, 80). -Angelica Burger, Die Stilleben des Giorgio
Morandi, Eine koloritgeschichtliche Untersuchung, Hildesheim-Zürich-New
York 1984.
101 Vgl. dazu: Eugen Gomringer, VomTachismus zur „komplexen Farbe“. In:
Werk, Jg. 50, 1963, 289-294. - Udo Kultermann, Die Sprache des Schweigens,
Über das Symbolmilieu der Farbe Weiß. In: Quadrum, 20, 1966, 7-30. - Paul