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Angewandte Kunst in der München er Sezession.
Ansicht des Haupt-Saales. Bogen mit Laterne, Vitrine und Lchnstuhl von h. van de Velde.
Ausstellung der Sezession München 1899. Kunstgewerbliche Abtheilung.
Spielendes ist in seiner Auffassung. Kurzum
er will jene spezifisch rheinische Poesie und
südliche Lebensfreudigkeit auch an seinem
Hausrathe nicht missen. Diese Elemente,
mit logischer, zweckmässigster und sauberster
Konstruktion gepaart, ergeben den Stil des
Süd-Germanen. Denn schliesslich gilt vom
Wiener das Gleiche wie vom Rheinländer
und vom Tiroler und Schweizer dasselbe
wie vom Franken und Schwaben. Zur Er-
klärung dieses mehr gefühlsmässigen Gegen-
satzes, der trotz der höchsten theoretischen
Anerkennung der Thätigkeit Van de Velde's
auftritt, mögen hier einige Zeilen aus einer
Schrift Fritz Schumacher''s folgen, welche
unter dem Titel »Im Kampfe um die Kunst,
Beiträge zu architektonischen Streitfragen«
als 1. Heft der Sammlung »Ueber Kunst
der Neuzeit« kürzlich bei Heitz in Strass-
burg erschienen ist. In dieser vortrefflichen
Schrift findet sich ein ganz besonders werth-
volles, gerade jetzt äusserst beherzigenswerthes
Kapitel': »Der Individualismus im Wohn-
räume« ; hier heisst es von unserem Künstler:
In Van de Velde sehen wir nun die
äussersten Konsequenzen des individua-
listischen Prinzips im Wohnräume insofern
verkörpert, als er einen Raum nicht nur als
Architekt selber baut und dekorirt und nicht
nur jedes Möbel und jeden Eisenbeschlag
selber entwirft, — nein, auch Tapete und
Teppich entstammen seiner Werkstatt, jeder
Stoff, jede Lampe, das Tintenfass auf dem
Schreibpult wird von ihm gefertigt, und
wenn er wollte, könnte er gar den Tisch
des Salons belegen mit Büchern, die er
selbst illustrirt, auf seiner Handpresse ge-
druckt und eingebunden hat. Eine solche
Allseitigkeit der Produktion auf allen Ge-
bieten, die mit dem Wohngebrauch zusammen-
Angewandte Kunst in der München er Sezession.
Ansicht des Haupt-Saales. Bogen mit Laterne, Vitrine und Lchnstuhl von h. van de Velde.
Ausstellung der Sezession München 1899. Kunstgewerbliche Abtheilung.
Spielendes ist in seiner Auffassung. Kurzum
er will jene spezifisch rheinische Poesie und
südliche Lebensfreudigkeit auch an seinem
Hausrathe nicht missen. Diese Elemente,
mit logischer, zweckmässigster und sauberster
Konstruktion gepaart, ergeben den Stil des
Süd-Germanen. Denn schliesslich gilt vom
Wiener das Gleiche wie vom Rheinländer
und vom Tiroler und Schweizer dasselbe
wie vom Franken und Schwaben. Zur Er-
klärung dieses mehr gefühlsmässigen Gegen-
satzes, der trotz der höchsten theoretischen
Anerkennung der Thätigkeit Van de Velde's
auftritt, mögen hier einige Zeilen aus einer
Schrift Fritz Schumacher''s folgen, welche
unter dem Titel »Im Kampfe um die Kunst,
Beiträge zu architektonischen Streitfragen«
als 1. Heft der Sammlung »Ueber Kunst
der Neuzeit« kürzlich bei Heitz in Strass-
burg erschienen ist. In dieser vortrefflichen
Schrift findet sich ein ganz besonders werth-
volles, gerade jetzt äusserst beherzigenswerthes
Kapitel': »Der Individualismus im Wohn-
räume« ; hier heisst es von unserem Künstler:
In Van de Velde sehen wir nun die
äussersten Konsequenzen des individua-
listischen Prinzips im Wohnräume insofern
verkörpert, als er einen Raum nicht nur als
Architekt selber baut und dekorirt und nicht
nur jedes Möbel und jeden Eisenbeschlag
selber entwirft, — nein, auch Tapete und
Teppich entstammen seiner Werkstatt, jeder
Stoff, jede Lampe, das Tintenfass auf dem
Schreibpult wird von ihm gefertigt, und
wenn er wollte, könnte er gar den Tisch
des Salons belegen mit Büchern, die er
selbst illustrirt, auf seiner Handpresse ge-
druckt und eingebunden hat. Eine solche
Allseitigkeit der Produktion auf allen Ge-
bieten, die mit dem Wohngebrauch zusammen-