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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 1(Oktober)
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Morawe, Christian Ferdinand: Kunstgewerbe im Glaspalast zu München 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0047

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Chr. F. Morawe.

von allen anderem, die Toilettegegenstände
auf den Spiegeltischen. Das wären die
rechten Objekte zur Bethätigung von Kunst
im Handwerk; statt dessen sind die hundert
kleinen Apparate, die zur Ausrüstung des
Ankleidezimmers einer vornehmen Dame
gehören, aus irgend einem beliebigen Ge-
schäft entnommen, gerade wie sie auch in
jedem Friseurladen benutzt werden. Die
Frau, die sich eines solchen Prunkgemaches
bedient, dürfte mit diesen Dutzend-Erzeugnissen
nicht zufrieden sein, und ob ihr Kunstsinn,
den sie haben muss, um auf die Idee Seidls
einzugehen, mit den Wandmalereien sich
einverstanden erklärte, wagen wir billig zu
bezweifeln. Warum malte man die Wände
nicht richtig wie sichs gehört ? Wahrscheinlich
hatte man keine Zeit dazu!!

Allein die beiden kleineren Zimmer
von H. E. Berlepsch - Valendas, aus denen
wir in diesem Hefte die wichtigsten An-
sichten vorführen, haben Werth. Sie bieten
nach jeder Richtung etwas Ganzes und

Gediegenes, das vollkommen wäre, wenn
der Künstler etwas mehr Raum und Ge-
legenheit hätte, die Zimmerchen der prak-
tischen Wirklichkeit mehr entsprechend zu
beleuchten. Der Bibliothekraum mit seinem
mächtigen Kamin, dessen kupfergetriebener
Mantel mit schönglasirten Kacheln, die ihn
umgeben, und mit den Nussbaumholzfüllungen
der im übrigen schwarzgebeizten Möbel
bestens harmonirt, wie auch der in aller
seiner Mächtigkeit zierliche Salon, dessen
Möbel aus Veilchenholz wiederum mit dem
lichten Ton der seidenen Tapete und den
Polsterungen zusammenstimmen, tragen alle
karakteristischen Kennzeichen Berlepsch'schen
Stils. Besonders der Salon drückt das aus,
was zu Anfang höherer (gegen früher) künst-
lerischer Werth genannt wurde. Aus diesem
kleinen eleganten Raum tritt man in den
Hof, der seine Molligkeit, seine Intimität,
die ihn im vorigen Jahre auszeichnete, so
ziemlich eingebüsst hat. Er wirkt nicht als
Hof, überhaupt nicht einheitlich; es steht
 
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