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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 1(Oktober)
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Morawe, Christian Ferdinand: Kunstgewerbe im Glaspalast zu München 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0051

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Chr. F. Morawe.

KARL GROSS—DRESDEN. Porzellan-Vasen. Ausgeführt von KARL THIEME—POTSCHAPPEL.

Deutsche Kunst-Ausstellung Dresden 1899.

Heiden, Rothmüllcr, Thallmayr, Rott-
manner, eine kunstvolle Stickerei von
Gräfin von Beroldingen, welche Boticellis
Frühling darstellt, Tapeten von Hochstättcr,
geschickte, wenn auch nicht originale Sticke-
reien von Helene Iversen und Keramiken
von Walter Magnussen. Diese letzteren
sind zum Theil sehr gut und reihen sich
den bisherigen Münchner Keramiken würdig
an. Vor allem zeichnen sie sich durch fein
gestimmte Farben aus. Doch keine von
ihnen, auch die anderen Münchner Erzeug-
nisse, wie die diesmal neu auftretenden
Arbeiten von Scharvogel mit ihren lebhaften
Farben und ihrer kräftigen Glasur reichen
an diejenigen von Bigot und von Finch
heran. Die kräftige Herbheit der ersteren
und der einschmeichelnde Lüster auf ein-
fachsten Farben und Formen bei Finch
sind so eigenartig, diese Gegenstände stören
so wenig die Möbel, auf denen sie stehen,
dass man die vielen Verkäufe gerade dieser
Töpfereien wohl begreift. Sie sind aus-
schliesslich in den beiden Räumen unter-
gebracht, welche wir jetzt betreten, und
deren einer die vom Ausschuss für Kunst
im Handwerk veranstaltete Ausstellung von
Bucheinbänden und Vorsatzpapieren enthält,
während der andere von Riemerschmid aus
irgendwelchen Gründen leider auch nur als
Ausstellungsraum, nicht als Zimmer ein-

gerichtet ist. Und zu einem bewohnbaren
Zimmer dürfte sich gerade dieses Gemach
recht gut eignen. Nehmen wir also auch
hier vorlieb mit dem was wir sehen, indem
wir bedauern, dass in München Gott weiss
was im Wege steht dem Kunstgewerbe nicht
wenigstens ebensoviel Licht und Luft zu
gönnen, wie es in Dresden vernünftiger Weise
geschieht. Es wird so weit kommen, dass
die Münchener in Dresden noch ein, zwei Mal
als anregendes Füllsel gebraucht werden, bis
das dortige Kunsthandwerk sich so recht
entwickelt haben wird. Dann wird man für
die fremden Städte ganz ergebenst danken,
und seine Geschäfte hübsch allein machen,
und München hat, nachdem es allerorts
tapfer Bresche geschossen, zuguterletzt in
der eigenen Stadt kein Heim. Denn Die,
auf denen die Zukunft ruht, dürfen sich
schliesslich so wie diesmal nicht weiter- be-
handeln lassen, wenn sie Stolz besitzen.

Doch zurück zu Riemerschmids Raum.
Das markanteste darin sind einige Möbel
von Riemerschmied selbst, und zwar einige
seiner schönsten: ein Bett mit dazugehörigem
Nachttischchen aus Ulmenholz, ein form-
vollendetes Schränkchen aus hellem Nussholz,
ein Damenschreibtisch und eine Gruppe Sitz-
möbel, die durch ihren grauen Ton auffällt,
man möchte sagen durch ihren diskreten
Ton auffällt, wenns nicht verkehrt klänge.
 
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