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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 1(Oktober)
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Volkmann, Ludwig: Sascha Schneider als Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0075

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Dr. Ludwig Volkma?tn: Sascha Schneider als Maler.

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da regten sich Zweifel, ob er wohl im Stande
sein werde, den rechten Ausdruck für seine
Begabung zu finden. Auch auf die Ver-
gänglichkeit seiner Kartons wies man hin,
die nur zu bald der Zerstörung anheimfallen
würden, soweit sie nicht in Museen sichere
Plätze fänden; und deren waren nicht viele. —

Nur Wenige hatten das rechte Gefühl
und den Muth es auszusprechen: dass nämlich
Sascha Schneider ein geborener Monumental-
maler sei, und dass seine künftige Ent-
wicklung ihn mit Naturnothwendigkeit dahin
drängen müsse, auch der Farbe im grossen
Stile ihr Recht zu gönnen.

Der Künstler selbst, eine durch und
durch gesunde Kraftnatur, hat sich glücklicher
Weise vom Zweifel ebensowenig beirren
lassen, als ihn sein schnell erworbener Ruhm
berührt hatte. Still und stetig ist er seinen
Weg gegangen und hat, während man sich
über seine Zukunft den Kopf zerbrach, an
seiner künstlerischen und namentlich mal-
technischen Weiterbildung ernsthaft gearbeitet.
Nicht unwesentlich gefördert wurde er dabei
durch Max Klinger, der an seinem Schaffen
den regsten Antheil nahm. Wenig ist in
diesen Jahren von ihm an die Oeffentlichkeit
gedrungen. Jetzt aber, da sein erstes monu-
mentales Werk in Deutschland, der Triumph-
bogen der Johanniskirche zu Cölln bei Meissen,
soeben vollendet wurde, ist es wohl an der
Zeit, einen kurzen, zusammenfassenden Blick
auf seine bisherige Thätigkeit als Maler zu
werfen. —

Wohl hatte Sascha' Schneider sich in
einigen seiner früheren Werke bereits der
Oelfarbe bedient, allein er hatte sich doch
noch nicht völlig von der bisher geübten
Technik loszulösen vermocht, und verzichtete
auf die Wiedergabe der farbigen Erscheinung.
Sein erstes Gemälde im eigentlichen Sinne
entstand erst im Jahre 1897; es ist dies das
grosse Bild, welches diesen Sommer in der
Berliner Secession ausgestellt war und den
Namen » Ungleiche Waffen<i. trägt. Inhaltlich
bedeutet es für Schneider nichts grundsätzlich
Neues, seineVorliebe für scharf ausgesprochene
formale wie geistige Gegensätze findet sich
nur in einer neuen, geistreichen Wendung
darin wieder. Zwei überlebensgrosse Männer-

gestalten stehen ruhig und unbeweglich
nebeneinander, Jeder seiner Waffe vertrauend:
der Eine dem mächtigen Bogen, an den er
wie prüfend den gefiederten Pfeil anlegt,
der Andere dem Cruzifix, das er ernst empor-
hält. Zum ersten Male ist aber auch die
Farbe zur Karakteristik herangezogen und
die schwarze Mönchskutte in schlagenden
Kontrast zu dem phantastischen, leuchtend
gelben Gewände des Kriegers gestellt. Und
nicht in einer neutralen Umgebung stehen
die beiden Figuren, wie bei den meisten
Kartons, sondern eine sonnige Landschaft
breitet sich hinter ihnen aus, während den
Vordergrund blühende Blumen schmücken.
Unverkennbar ist bei diesem Bilde der Einfluss
Klinger's, in dessen Atelier Schneider längere
Zeit aus- und eingegangen war. Das merk-
würdige, an das Fresko erinnernde Kolorit
zeigt entschiedene Verwandtschaft mit dem
»Christus im Olymp«, an dessen Hauptfigur
wohl auch das gelbe Gewand des Kriegers
unbewusst anklingt. Das Eine ging aus
diesem Werke erneut hervor, dass Sascha
Schneider's Zukunft weniger auf dem Gebiete
des Tafelbildes, als auf dem der monu-
mentalen, raumschmückenden Malerei liegen
werde, und das Verdienst, ihm hierzu die
Bahn eröffnet zu haben, gebührt Herrn
Dr. O. von Hase in Leipzig, der ihm noch
im selben Jahre ein Gemälde in Auftrag
gab, das für eine Vorhalle seiner Jenenser
Besitzung bestimmt war. Hier hat sich der
Künstler schon energischer in die Farbe
gewagt. Auf blumiger Höhe, von der man
auf das tiefblaue Meer mit der Insel Capri
im Hintergrunde hinausblickt, stehen die
idealisirten Gestalten des bärtigen, recken-
haften Hausherrn und der anmuthigen Haus-
frau, um der Muse zu lauschen, die in die
Saiten einer Harfe greift. Gewiss erinnert
auch hier noch Manches an Klingers Auf-
fassung; allein schon der kühne Griff, an
die Stelle von Porträtgestalten Idealtypen zu
setzen, welche gleichwohl ihre lebenden
Vorbilder treffend karakterisiren, zeigt die
selbständige Kraft des freischaffenden
Künstlers. (Vgl. Abbildung auf Seite 54.)

Da das Bild in Schneider's Atelier in
Dresden auf Leinwand gemalt und dann

1900 L 8.
 
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