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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 4 (Januar)
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Singer, Hans Wolfgang: Hans Unger - Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0205

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Hans W. Singer: Hans Unger.

PETER PÖPELMANN—DRESDEN. »Mutter und Kindt.

stehen einige nackte Jünglinge: sie blicken
nach einer ebensolchen Maid, die im Hinter-
grund sich jeder abweisenden Geberde ent-
hält. Seitdem hat er das Bild oft in tausend
Stücke schneiden wollen, vielleicht hat er's

gar jetzt gethan, — ich sollte es ihm einmal
für fünfzig Mark abnehmen. — Aber damals
war er freilich noch nicht soweit, damals
brauchte er Rath wegen eines Namens, und
zwar — er war schon damals rassig —
musste es ein Schlager sein! Wir waren
kurz vorher in London gewesen, und voll
von den schönen Sachen, die man in Leicester
Square zu hören bekommt, der famose Che-
valier schwamm oben auf, — ich rieth ihm
also — »Oh! you're always sure to catch
'em with a Pst! Pst! Pst!«

Ehe er noch äusserlich, wenn auch inner-
lich, frei von der Akademie war, zog Unger
auf die Studienreise nach Italien, — er ging
gleich bis nach Sizilien hinunter; und hier
anstatt wie bei so vielen aufzuhören, fängt
»die Entwicklung« erst an. Wir werden
sehen, dass sie ziemlich mannigfaltig ist, und
er mancherlei durchgemacht hat.

Von Sizilien kehrte er zurück mit einer
Anzahl von Bildern, wie man sie, ich glaube
das kann man getrost behaupten, in Dresden
noch nicht als Erzeugnisse eines Einheimischen
gesehen hatte. Es waren einfache anspruchs-
lose Landschaften und Strassenbilder im
freien Licht gemalt. Damals war für die
ausserdresdener Welt das Piain-air nichts
neues mehr. Die Zeit des Kampfes gegen
den vorhergehenden Asphalt, — die Zeit, als
man noch über das Ziel hinaus schoss und
milchig malte, um nur recht deutlich zu
zeigen, dass man sich aus dem Atelierduster
herausgefunden hatte, war vorbei; das Frei-
licht war etwas geläutert, und so haben wir
es hier gerade in den Unger'schen Bildern
von seiner allerbesten Seite kennen lernen.
Es waren ja alles nur Studien, ohne die Ab-
gerundetheit des Gemäldes, sonst hätte viel-
leicht damals schon, bei dem allgemeinen
Wohlgefallen, das sie erregten, eins seinen
Weg in die Galerie gefunden. Den darauf-
folgenden Sommer »machte« Unger — um
seinen Lieblingsausdruck zu gebrauchen, in
dem sich seine Nationalität Bahn bricht -
nach Bornholm, und malte Fischerbilder, also
legte sich mehr auf die Figur. Sie sahen
allerdings nun ganz anders aus, doch wer
dürfte ihm daraus einen Vorwurf machen?
Wenn man von Sizilien beinahe bis an's
 
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