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Hans W. Singer: Hans Unger.
k. a. seifert—dresden-löbtau: Leuchtkörper.
Entw. von archit. Müller. Ausstellung, Dresden 189g.
Empfinden, nicht nach angelernten Denk-
formeln, urtheilenden Münchener überhaupt
noch verständlich sei?
Unserem armen Publikum geht es
schlimm, — und es ist auch darnach ge-
worden. Was muss es sich nicht alles im Lauf
eines Jahres ansehen: es muss ja nothge-
drungen verwirrt werden und alles wirkliche
Verständniss für die Kunst verlieren. Denn
ein Volk hat nicht viel Muse für die Kunst,
höchstens genug, um in die einzudringen, die
auf eigenem Grund und Boden entstanden
ist, die dieselben Voraussetzungen kennt, wie
es selber. Wenn es diese Heimathskunst
sich zu eigen gemacht hat, so kommt es
vielleicht soweit, eine gelegentliche fremde
Darbietung richtig auffassen zu können. Bei
unserem herrlichen Verkehr heutzutage wird
dem Volk aber das unglaublichste Durch-
einander geboten. Jedes neue Ereigniss in
der Malerei eines anderen Welttheils dringt
innerhalb eines Jahres womöglich in die ent-
ferntesten und kleinsten Kunstvereine.
Im gewissen Sinne gehören zu dem
Volk die Künstler, d. h. die noch lernenden
selbst. Wie kann sich da ein bewegliches
Talent mit frischer Auffassungsgabe um die
Mitte der zwanziger abschliessen, wenn ihm
so vielseitige Anregungen geboten werden?
Er braucht nicht einmal nach Sizilien, nach
England, nach Paris zu reisen, — hier zu
Hause kommt er zu keiner Ruhe, und es
müssen Jahre vergehen, ehe die Zeit kommt,
ehe er sich richtig findet.
Ich zweifle nicht daran, dass auch Hans
Unger sich noch in ganz anderer Weise
finden wird, als bislang. Jetzt hat er die
treue Gefährtin seiner Kunst, die wir schon
lang und in vielen Werken als zündende
Anregung gewahrten, als liebe Frau heim-
geführt, und vielleicht kommt nun gerade
mit der grösseren Stabilität, die infolgedessen
in seine äusseren Verhältnisse eintreten wird,
auch die innere Ruhe und Sammlung.
Einen Wegweiser hierzu bietet sein jüng-
stes Werk, ein Selbstbildniss in Tempera-
farben. Es befand sich auch auf der
Deutschen Kunst - Ausstellung; ich rechne
prof. r. l. weisse —Dresden. Schirm-Gestell.
Hans W. Singer: Hans Unger.
k. a. seifert—dresden-löbtau: Leuchtkörper.
Entw. von archit. Müller. Ausstellung, Dresden 189g.
Empfinden, nicht nach angelernten Denk-
formeln, urtheilenden Münchener überhaupt
noch verständlich sei?
Unserem armen Publikum geht es
schlimm, — und es ist auch darnach ge-
worden. Was muss es sich nicht alles im Lauf
eines Jahres ansehen: es muss ja nothge-
drungen verwirrt werden und alles wirkliche
Verständniss für die Kunst verlieren. Denn
ein Volk hat nicht viel Muse für die Kunst,
höchstens genug, um in die einzudringen, die
auf eigenem Grund und Boden entstanden
ist, die dieselben Voraussetzungen kennt, wie
es selber. Wenn es diese Heimathskunst
sich zu eigen gemacht hat, so kommt es
vielleicht soweit, eine gelegentliche fremde
Darbietung richtig auffassen zu können. Bei
unserem herrlichen Verkehr heutzutage wird
dem Volk aber das unglaublichste Durch-
einander geboten. Jedes neue Ereigniss in
der Malerei eines anderen Welttheils dringt
innerhalb eines Jahres womöglich in die ent-
ferntesten und kleinsten Kunstvereine.
Im gewissen Sinne gehören zu dem
Volk die Künstler, d. h. die noch lernenden
selbst. Wie kann sich da ein bewegliches
Talent mit frischer Auffassungsgabe um die
Mitte der zwanziger abschliessen, wenn ihm
so vielseitige Anregungen geboten werden?
Er braucht nicht einmal nach Sizilien, nach
England, nach Paris zu reisen, — hier zu
Hause kommt er zu keiner Ruhe, und es
müssen Jahre vergehen, ehe die Zeit kommt,
ehe er sich richtig findet.
Ich zweifle nicht daran, dass auch Hans
Unger sich noch in ganz anderer Weise
finden wird, als bislang. Jetzt hat er die
treue Gefährtin seiner Kunst, die wir schon
lang und in vielen Werken als zündende
Anregung gewahrten, als liebe Frau heim-
geführt, und vielleicht kommt nun gerade
mit der grösseren Stabilität, die infolgedessen
in seine äusseren Verhältnisse eintreten wird,
auch die innere Ruhe und Sammlung.
Einen Wegweiser hierzu bietet sein jüng-
stes Werk, ein Selbstbildniss in Tempera-
farben. Es befand sich auch auf der
Deutschen Kunst - Ausstellung; ich rechne
prof. r. l. weisse —Dresden. Schirm-Gestell.