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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 5 (Februar)
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Atelier-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0265

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A telier-Nachrichten.

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bildungen, die Horizontal- und Vertikallinien
bestimmen den Eindruck einer spezifisch
nordischen, eckigen, bis zur Härte gehenden
Baukunst, die die weiche und reife Anmuth
italienischer Architektur vermissen lässt und
dem nordischen Regenhimmel, den Winter-
stürmen zu trotzen im Stande ist. Die Or-
namentik wächst aus den Steinmassen in
bewegteren Linienbildungen heraus und
schliesst meist in Köpfen uud figuralen
Bildungen ab. Man hat zuweilen den Ein-
druck, als ob die getragenen Architektur-
theile im Verhältniss zu den tragenden zu
massiv wären und als zu schwere Last auf
diese drückten.

Auch die kleineren und schlichten Grab-
Denkmäler zeichnen sich aus durch die ka-
raktervolle Schönheit der einfachen Linie.
Wer mit so geringen Mitteln die stärksten
formalen Wirkungen zu erreichen vermag,
muss seiner Sache sicher sein; ein wenig
über das Maass hinaus verdirbt die ganze
Arbeit. Haarscharf ist hier die Grenze der
Schönheit gezogen. Diese Linienschönheit
gibt auch dem Entwurf einer Standuhr ihren
künstlerischen Reiz. Die künstlerische Ten-
denz und die Mittel der Wirkung bleiben
immer dieselben, auch wenn es sich um den
Bau eines Wohnhauses handelt. Schumacher
hat in Barmen eine grössere Anzahl Villen
gebaut, in denen er seine künstlerische Ueber-
zeugung auf dem bescheidenen, aber darum
nicht weniger komplizirten Gebiet des Wohn-
hauses praktisch bethätigte. Unter Zugrunde-
legung der absoluten Zweckmässigkeit der
Grundriss-Anlage ist auch hier mit feinfühliger
Berücksichtigung des Landschafts-Karakters
die Schönheit und der künstlerische Reiz in
der Einfachheit und Klarheit der Gliederung
gesucht und gefunden. Schumacher ist
eine starke, selbständige, phantasiebegabte
Künstler-Persönlichkeit. Wenn seine Thätig-
keit in der Architektenwelt Verständniss und
Nacheiferung finden würde, könnten wir
bald zu einer Gesundung unserer baulichen
Verhältnisse gelangen. Gewiss muss der
Auftraggeber auch den Willen zur Besserung
haben, aber der Architekt hat die Initiative
zu ergreifen, wie dies Schumacher mit so viel
Thatkraft versucht. Dr. P. Kühn—Leipzig.

hans christiansen—darmstadt.
Entwurf zu einem Fenster für ein Juwelier-Geschäft.
Ausführung: adolf schell—offenisurg.
 
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