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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 6 (März)
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Folnesics, Hans: Das moderne Wiener Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0296

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Das moderne Wiener Kunstgewerbe.

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und Kunsthandwerk,« die sich von Einseitig-
keit fern zu halten wusste, aber doch in
erster Linie der neuen Richtung diente.
Zu diesen beiden Faktoren, dem Museum
und der Sezession, gesellte sich als dritter
die Architektur-Schule des Oberbaurathes
Professor Otto Wagner an der Akademie
der bildenden Künste. Sie ist nicht so sehr
eine Kunstschule nach gewöhnlichen Be-
griffen mit einem bestimmten Schultypus,
als vielmehr der Schauplatz, auf dem sich
alles moderne Streben im Bauwesen ab-
spielt. Wagner ist ein eifriger Verfechter
der künstlerischen Individualität.

Das Programm seiner Schule im All-
gemeinen ist absolute Modernität d. h. Rück-
sicht auf Zweck und Bedürfniss, Anwendung
aller neuen technischen Hilfsmittel, Ehrlich-
keit und Aufrichtigkeit im Material. Von
der Renaissance ausgehend und bis zum

Empire fortschreitend bestand seine Lebens-
arbeit, wie Dr. Dreger kürzlich im Ver
sacrum (1899 November) nachgewiesen, in
einem konsequenten Abstossen aller ver-
alteten unbrauchbaren Motive und in mög-
lichster Vereinfachung dessen, was er bei-
behielt. Bei diesem klugen Auswählen lag
das künstlerische Moment in der richtigen
Empfindung für das Brauchbare und im
kräftigen, grosszügigen Zusammenfassen des
Ausgewählten. Wenn Wagner auf diesem
Wege bei den Empire-Formen gewisser-
maassen auszuruhen scheint, so entspringt
dies der gegenwärtig allgemein vorhandenen
Vorliebe für diese uns geistig und zeitlich
nahestehende Periode. Dennoch müsste
man mit Blindheit geschlagen sein, um blos
das Empire an ihm zu sehen, und nicht zu
bemerken wie für neue Zwecke und neues
Baumaterial thatsächlich neue Formen ge-

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j. w. MÜLLER—WIEN. Kamin-Nische in der Halle.

Winter-Ausstellung des österreichischen Museums für Kunst und Industrie.
 
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