Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

DOI Heft:
Heft 6 (März)
DOI Artikel:
Folnesics, Hans: Das moderne Wiener Kunstgewerbe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0322

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Dr. Folnesics: Das moderne Wiener Kunstgewerbe.

281

der gegenwärtigen Bewegung im Wiener
Kunstgewerbe in wenige Momente zu-
sammen, so müssen wir sagen, dass die ver-
schiedenen Ausstellungen der letzten Jahre
das Bild äusserster Regsamkeit boten, das
gegenüber dem Stillstand der vorange-
gangenen Periode, nur um so auffallender
hervortrat. Man muss auch zugeben, dass
die moderne Richtung sich heute nicht
mehr mühsam durchzukämpfen braucht,
sondern umgekehrt die alte Richtung bereits
eine Vertheidigungs-Stellung einnimmt.

Bei diesem Siegeslaufe der neuen Kunst,
bei dem sich die Phantasie des Wieners so
glänzend bewährt hat, ist es nur zu erklärlich,
dass die Stimme des nüchtern erwägenden
Verstandes oft überhört wurde und in der
Freude über das Neue auch manche Aus-
schreitung stattfand. Heute sind noch die
ungestüm vorwärtsdrängenden Geister an der
Herrschaft, und selbst der Ruhm Wagners,
eines der Hauptbahnbrecher, ist durch sie
einigermaassen verdunkelt. Wir sind aber
überzeugt, dass in kurzer Zeit, wenn der
erste Rausch verraucht ist, auch die ruhigeren
Elemente wieder zu gebührender Schätzung
gelangen werden. Es ist heute in Wien
schon nicht mehr nöthig dem Neuen Bahn

zu brechen, sondern im Gegentheil das Neue
in gemässigtere Bahnen zu leiten. Auch
hierbei wird es sicher nicht an tüchtigen
Kräften zur Ausführung mangeln, denn
abgesehen von Wagner selbst brauchen wir
nur auf den ihm geistig verwandten Fabiany
hinzuweisen, um zu zeigen, dass auch unter
den Jüngeren die gemässigteren Elemente
nicht fehlen. Jedenfalls kann man erwarten,
dass Wien, nachdem es seine künstlerische
Eigenart wieder gefunden hat, von neuem
jene bedeutende Stellung in Architektur und
Kunstgewerbe einnehmen wird, die es im
Laufe der siebziger Jahre inne hatte. Und
wie damals so steht auch gegenwärtig, so
weit es das Kunstgewerbe betrifft, das
Oesterreichische Museum im Zentrum der
Bewegung, Raum schaffend für den Fort-
schritt, Zutritt gewährend jedem Talente, ver-
mittelnd zwischen Produktion und Publikum.

Professor Dr. Folnesics—"Wien.

TVTOTLZ. Ein erfreulicher Beweis für die blühende
Produktion im modernen Wiener Kunstgewerbe ist
es auch, dass uns für das vorliegende Heft eine so
aussergewöhnlich grosse Anzahl guter Arbeiten zur Re-
produktion vorlag, dass wir zu unserem lebhaftesten Be-
dauern viele treffliche Arbeiten ausschliessen mussten. Wir
hoffen aber, schon bald Gelegenheit zu finden, auf die
Thätigkeit der betr. Künstler und Anstalten zurückzukommen.

KRANZ ZELE/N V. BEETHOVEN.
 
Annotationen