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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Breuer, Robert: Gutbürgerlich: zur Ausstellung "Moderne Wohnräume" A. Wertheim, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0090

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Gutbürger lieh.

ENTWURF: KARL KLAUS - WIEN. »SALON«

AUSST. A. WERTHEIM »MOD. WOHNRÄUME«

kämpfenden, aber doch schon sieghaften Art.
Diese Abteilungen der modernen Wohnräume
und des Kunstgewerbes wurden nun nach der
letzten Erweiterung des Hauses gleichfalls we-
sentlich vergrößert. Was das Kunstgewerbe
angeht, so trifft man jetzt, übersichtlich geord-
net und mit Geschmack aufgestellt, dort fast
alles, was die empfindsamen Augen und die
geschulten Hände guter Europäer hervorbringen:
Keramik aus Wien, Silber aus Dänemark, die
besten englischen Glasuren und den ganzen
Reigen der Effekte, die unser neu erwachtes
und darum so begeistertes Handwerk dem Sil-
ber, dem Leder und der webbaren Faser abzu-
ringen weiß. Im Rayon der Möbel wurden Ar-
beiten unserer besten Architekten vereint;
neben den bewährten Bahnbrechern fehlen nicht
die jüngeren Elemente.

Richard Riemerschmid gehört zu den Vätern
des neuen Stils. Er war es, der als ein Erster
die Konstruktionsgerechtheit zum bestimmen-
den Element erhob. Er wollte nicht verdecken,
was notwendig war; er scheute sich nicht, die
Schrauben, die zwei Werkteile zusammenhalten,

sehen zu lassen. Dazu kam die gesunde Lei-
denschaft, das Möbel dem Menschen zum ge-
fälligen Diener werden zu lassen: der Stuhl
wurde solchen Absichten ein besonderes Bei-
spiel. Er sollte so viel Bequemlichkeit wie
irgend möglich zu vergeben haben, er sollte sich
mit anatomischem Instinkt dem Körper an-
schmiegen. Diese Tugenden der ungestörten
Nutzbarkeit und der ehrlichen Vernunft hat
Riemerschmid nie aufgegeben; er bewährt sie
auch in seinen neuesten Möbeln, die sich von
denen der Frühzeit nur dadurch unterscheiden,
daß das Bäuerliche fast restlos schwand, um
einem geschmeidigeren Ausdruck den Platz zu
räumen. Von jeher regte sich in Riemerschmid
eine leichte Tendenz zum Gotischen ; auch sie
ist geblieben, aber sie wurde immer feinfühliger,
geistiger. In dem Speisezimmer, das wir hier
zu sehen bekommen, wirkt die Gotik nur
noch als ein letztes Erinnern an Vorzeiten; sie
schwingt als ein Unterton, während das Eigent-
lich-Sinnliche des Möbels ganz dem gegenwär-
tigen Menschen zugewandt ist. Das Zimmer
wurde aus Eichenholz gearbeitet und braun ge-
beizt ; ein warmer, violett durchströmter Ton

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