GutbürgerlicJi.
»moderne kunst« bei a. wertheim berlin. verkaufsraum für wiener keramik.
steigert wird. Es ist dies eine Art von graphi-
scher Architektur, nur für gut erzogene Leute
bestimmt und nur bewohnbar von Menschen,
die optische Klänge zu unterscheiden vermögen.
Jetzt will auch der Maler Salzmann genannt sein.
Auch er diszipliniert das Holz nach den Gesetzen
der proportionalen Empfindung. Als Maler
liebt er die Farbe; in sein Schlafzimmer hat er
sie durch das textile Element eingetragen. Die
weißlackierten Möbel stehen auf einem mild-
grauen Teppich; vor den Fenstern und in den
Türöffnungen hängt Seide, die weinrot bedruckt
ist. Um einige Grade spielerischer ist Karl
Klaus, abermals ein Wiener. Er ist verliebt in
das Ornamental-Blumige; er vergnügt sich an
einer Farbigkeit, die türkisch glitzert. Ein leich-
tes exotisches Parfüm schläft über diesen Pfühlen
des Boudoirs, die flirrende Schwüle einer som-
merlichen Wiese.
Von ganz anderem Format ist Peter Behrens.
Man merkt auch an seinen Möbeln, daß er ge-
wohnt ist, aus Eisen machtvolle Konstruktionen
sich recken zu lassen. Er steigert die Schwere
bis zum Pathos; er scheint nur den ernsten,
nordischen Menschen zu kennen. Mit bewußter
Haltung stehen die Körper dieser Möbel im
Raum, den sie fordern. Von jeher hat Behrens
danach gestrebt, den Dingen eine eigene, den
Zweck klärende Form zu finden; er denkt in
den Elementen des zu verarbeitenden Stoffes,
in Holz oder in Eisen. Das gibt allem, das er
gestaltet, zugleich das Einheitliche wie das Per-
sönliche. Einem andern Geschlecht gehören
Architekten wie William Müller, Edmund May
und Hubert Roß. Müller und May sind Messel-
schüler ; ihnen gemeinsam ist die gepflegte Sorg-
falt, mit der jedes Detail zehnmal geprüft wird,
bevor es bleiben darf. Solche Sorgfalt trägt
Früchte. Man spürt die Liebe, die nicht rastete,
bis daß die ersehnte Vollkommenheit zustande
kam. Beide Messelschüler haben gleich dem
Meister eine offenbare Neigung zum Würde-
vollen ; sie lieben es, die Herrensitze der Gegen-
wart auszustatten, und auch da, wo sie mit
schlichteren Verhältnissen zu rechnen haben,
verleugnen sie nie die Würde des gut erzogenen
Mannes. Hubert Roß ist mehr ein Amateur des
Biedermeiers; Großväterliches ist ihm sympa-
tisch. Er trifft den Geschmack des Publikums,
ohne trivial zu werden. Auch Arno Körnig und
Karl Henker wissen den Einkaufenden zu ge-
fallen. Körnigs Mädchenzimmer entbehrt nicht
des Witzes im Konstruktiven und ist heiter in
der Stimmung. — Eine hölzerne Gesundheit
sichert diesen handlichen Möbeln den Charak-
ter; sie stehen fest, ohne zu lasten, sie sind
in ihrer durchfühlten Sachlichkeit Symbole des
Bürgertums und kennzeichnen so vortrefflich
das dankenswerte Niveau der Wertheimschen
Möbelabteilung. — robert breuer.
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»moderne kunst« bei a. wertheim berlin. verkaufsraum für wiener keramik.
steigert wird. Es ist dies eine Art von graphi-
scher Architektur, nur für gut erzogene Leute
bestimmt und nur bewohnbar von Menschen,
die optische Klänge zu unterscheiden vermögen.
Jetzt will auch der Maler Salzmann genannt sein.
Auch er diszipliniert das Holz nach den Gesetzen
der proportionalen Empfindung. Als Maler
liebt er die Farbe; in sein Schlafzimmer hat er
sie durch das textile Element eingetragen. Die
weißlackierten Möbel stehen auf einem mild-
grauen Teppich; vor den Fenstern und in den
Türöffnungen hängt Seide, die weinrot bedruckt
ist. Um einige Grade spielerischer ist Karl
Klaus, abermals ein Wiener. Er ist verliebt in
das Ornamental-Blumige; er vergnügt sich an
einer Farbigkeit, die türkisch glitzert. Ein leich-
tes exotisches Parfüm schläft über diesen Pfühlen
des Boudoirs, die flirrende Schwüle einer som-
merlichen Wiese.
Von ganz anderem Format ist Peter Behrens.
Man merkt auch an seinen Möbeln, daß er ge-
wohnt ist, aus Eisen machtvolle Konstruktionen
sich recken zu lassen. Er steigert die Schwere
bis zum Pathos; er scheint nur den ernsten,
nordischen Menschen zu kennen. Mit bewußter
Haltung stehen die Körper dieser Möbel im
Raum, den sie fordern. Von jeher hat Behrens
danach gestrebt, den Dingen eine eigene, den
Zweck klärende Form zu finden; er denkt in
den Elementen des zu verarbeitenden Stoffes,
in Holz oder in Eisen. Das gibt allem, das er
gestaltet, zugleich das Einheitliche wie das Per-
sönliche. Einem andern Geschlecht gehören
Architekten wie William Müller, Edmund May
und Hubert Roß. Müller und May sind Messel-
schüler ; ihnen gemeinsam ist die gepflegte Sorg-
falt, mit der jedes Detail zehnmal geprüft wird,
bevor es bleiben darf. Solche Sorgfalt trägt
Früchte. Man spürt die Liebe, die nicht rastete,
bis daß die ersehnte Vollkommenheit zustande
kam. Beide Messelschüler haben gleich dem
Meister eine offenbare Neigung zum Würde-
vollen ; sie lieben es, die Herrensitze der Gegen-
wart auszustatten, und auch da, wo sie mit
schlichteren Verhältnissen zu rechnen haben,
verleugnen sie nie die Würde des gut erzogenen
Mannes. Hubert Roß ist mehr ein Amateur des
Biedermeiers; Großväterliches ist ihm sympa-
tisch. Er trifft den Geschmack des Publikums,
ohne trivial zu werden. Auch Arno Körnig und
Karl Henker wissen den Einkaufenden zu ge-
fallen. Körnigs Mädchenzimmer entbehrt nicht
des Witzes im Konstruktiven und ist heiter in
der Stimmung. — Eine hölzerne Gesundheit
sichert diesen handlichen Möbeln den Charak-
ter; sie stehen fest, ohne zu lasten, sie sind
in ihrer durchfühlten Sachlichkeit Symbole des
Bürgertums und kennzeichnen so vortrefflich
das dankenswerte Niveau der Wertheimschen
Möbelabteilung. — robert breuer.
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