marius amonn-bozen.
landhaus in 011erbozen.
MARIUS AMONN'S „HAUS IN OBERBOZEN".
Kein „Haus", eher ein „Häuschen" ist es,
nach Schweizer Art, was Marius Amonn
hier in Oberbozens großartige Dolomitenland-
schaft komponiert hat; ein Ding, zwar sehr
leistungsfähig an Raum und Behaglichkeit, aber
vor den bösen Föhnen vorsichtig geduckt unter
ein weit herabgezogenes Dach, das das ge-
räumige erste Stockwerk optisch fast ganz zum
Verschwinden bringt. Große Gunst der Lage
zeichnet das Bauwerk aus: glückliche Anleh-
nung an Nachbargebäude, Freiheit des Aus-
blickes nach dem Tal, Sonne und Licht von
allen Seiten und in den meisten Fenstern die
erhabenen Landschaftsausschnitte mit ihrer
granitenen Majestät. Der malerische Sinn, dem
in der Stadtarchiteklur neuerdings nicht ohne
Grund der Krieg gemacht wird, ist bei ländlich
isolierten Bauten durchaus an seinem Platze;
mit Vergnügen sieht man denn auch hier die
nette geschwungene Dachlinie mit ihrer kräftigen
Schattenwirkung, die Loggien und Terrassen,
die heiteren, freundlichen Dachaufbauten mit
Sondergiebelchen und Fensterkuppelungen.
Als besonders liebenswürdiger Einfall wird die
vorgebaute Terrasse an der Hinterseite gelten
können, deren Bedachung auf sehr lustige Weise
mit dem Hauptdache verbunden ist. Die Innen-
einrichtung greift geschickt ländliche Motive
auf, in den Formen wie im Material, und wan-
delt sie den gesteigerten Bedürfnissen ent-
sprechend ab. So wird die Wirkung des Innern
ländlich-behaglich, ohne im eigentlich Bäuer-
lichen stecken zu bleiben.
Sehr angenehm berührt die liebenswürdige,
anspruchslose Art des Ganzen. Intimität ist sein
charakteristisches Merkmal. Dabei fühlt man
genau, mit welcher Liebe alle Formen durch-
modelliert, „durchempfunden" wurden; Einfälle
wie die erwähnte Dachverbindung und der dar-
über liegende Dachaufbau entstehen niemals auf
dem Papier, können nur das Erzeugnis plasti-
schen Ringens mit dem Objekte sein. — Marius
Amonn hat zur gleichen Zeit noch mehrere Bau-
ten ähnlicher Art im Bozener Oberland entstehen
lassen, die gleich unserem heutigen Objekte
Zeugnisse einer feinen, reifen Kunst sind. w. m.
1918/H. I. 9.»
93
landhaus in 011erbozen.
MARIUS AMONN'S „HAUS IN OBERBOZEN".
Kein „Haus", eher ein „Häuschen" ist es,
nach Schweizer Art, was Marius Amonn
hier in Oberbozens großartige Dolomitenland-
schaft komponiert hat; ein Ding, zwar sehr
leistungsfähig an Raum und Behaglichkeit, aber
vor den bösen Föhnen vorsichtig geduckt unter
ein weit herabgezogenes Dach, das das ge-
räumige erste Stockwerk optisch fast ganz zum
Verschwinden bringt. Große Gunst der Lage
zeichnet das Bauwerk aus: glückliche Anleh-
nung an Nachbargebäude, Freiheit des Aus-
blickes nach dem Tal, Sonne und Licht von
allen Seiten und in den meisten Fenstern die
erhabenen Landschaftsausschnitte mit ihrer
granitenen Majestät. Der malerische Sinn, dem
in der Stadtarchiteklur neuerdings nicht ohne
Grund der Krieg gemacht wird, ist bei ländlich
isolierten Bauten durchaus an seinem Platze;
mit Vergnügen sieht man denn auch hier die
nette geschwungene Dachlinie mit ihrer kräftigen
Schattenwirkung, die Loggien und Terrassen,
die heiteren, freundlichen Dachaufbauten mit
Sondergiebelchen und Fensterkuppelungen.
Als besonders liebenswürdiger Einfall wird die
vorgebaute Terrasse an der Hinterseite gelten
können, deren Bedachung auf sehr lustige Weise
mit dem Hauptdache verbunden ist. Die Innen-
einrichtung greift geschickt ländliche Motive
auf, in den Formen wie im Material, und wan-
delt sie den gesteigerten Bedürfnissen ent-
sprechend ab. So wird die Wirkung des Innern
ländlich-behaglich, ohne im eigentlich Bäuer-
lichen stecken zu bleiben.
Sehr angenehm berührt die liebenswürdige,
anspruchslose Art des Ganzen. Intimität ist sein
charakteristisches Merkmal. Dabei fühlt man
genau, mit welcher Liebe alle Formen durch-
modelliert, „durchempfunden" wurden; Einfälle
wie die erwähnte Dachverbindung und der dar-
über liegende Dachaufbau entstehen niemals auf
dem Papier, können nur das Erzeugnis plasti-
schen Ringens mit dem Objekte sein. — Marius
Amonn hat zur gleichen Zeit noch mehrere Bau-
ten ähnlicher Art im Bozener Oberland entstehen
lassen, die gleich unserem heutigen Objekte
Zeugnisse einer feinen, reifen Kunst sind. w. m.
1918/H. I. 9.»
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