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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Vollert, Konrad: Räume von Paul Poiret - Paris: Ausstellung bei Herrmann Gerson - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0157

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Paul poiret paris.

AUS VORSTEHENDEM SPEISEZIMMER.

RÄUME VON PAUL POIRET-PARIS.

AUSSTELLUNG BEI HERRMANN GERSON—BERLIN.

In einer Ausstellung des Möbelhauses Herr-
mann Gerson zu Berlin zeigt sich der be-
rühmte französische Modenkünstler Paul Poiret
als Innenarchitekt. Vier Räume sind nach seinen
Entwürfen ausgestattet und von seinen Schüle-
rinnen mit künstlerischem Wandschmuck ver-
sehen worden. Der Hauptakzent dieser Ein-
richtungen ist auf Beleuchtungs-, Farben- und
Spiegeleffekte gesetzt. Der Spiegel — im
Schlaf- und Ruhezimmer zart, durchsichtig ver-
kleidet — dient dazu, dem Raum eine schein-
bare Tiefe oder Fortsetzung zu geben. Hier,
wie fast durchweg bei Poiret, beruht die Wir-
kung auf Erweckung einer Illusion, nicht (oder
nicht in erster Linie) auf Erfüllung praktischer
Bedürfnisse. Hierin liegt eine Schwäche dieser
Einrichtungen, die zunächst mehr zum Be-
sehauer als zum Bewohner sprechen — neben
der Schwäche jedoch auch ihr unstreitiger Vor-
zug. den ich in ihrer seltenen Kühnheit sehe.
Die Wandbemalung des Speisezimmers,
man durch einen schmalen, heiterfar-

da

bigen Vorraum betritt (Abb. S. 146), hat nichts
von irgend einer Schablone an sich. Mit un-
bedenklicher Naivität sind die Bäume und
Büsche mit den rankenartigen Ästen hingesetzt.
Zu beiden Seiten des Eingangs windet sich
natürlicher Efeu in das künstliche Gezweig.
Die etwas grelle Phantastik dieses Wand-
schmucks wird durch die gesättigten blauen
und roten Töne der schweren Gardinen am
Fenster wirkungsvoll gedämpft. Der heiteren
Anmut des ländlichen Speisezimmers steht die
seltsame Gehaltenheit des Schlafzimmers ent-
gegen. Es weht etwas von erotischem Mysti-
zismus durch diesen Raum, in dem sich das
breite Bett, flankiert von zwei hohen Vasen,
auf einem dreistufigen Postament erhebt. Das
Muster der dunkelblauen, rotgeblümten Tapete
wiederholt sich auf den Gardinen, wodurch
dem Zimmer, dessen Eingang zwischen den
Türen der eingelassenen Wandschränke (Abb.
S. 148) verborgen ist, eine wohlberechnete Ex-
klusivität verliehen wird, zu der das abgeblen-

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