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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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L. H.: Die Wiener Tapeten-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0168

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Die Wiener Tapetenausstellung.

Wirkungen die Tapete fähig ist. Da füllt sie
bald den Raum mit großen pompösen Formen,
die nur durch ihre rhythmische Wiederholung
sich wieder etwas aufheben und einen Hinter-
grund schaffen, von dem sich infolge der Fülle
lebendiger Überschneidungen Möbel, plastische
Bildwerke und Menschen so günstig als möglich
abheben. Andere Tapeten legen die Wände in
ein einfaches strenges Streifenmuster, das alle
davor tretenden Kurven schmeichlerisch bettet,
andere streuen rhythmisch wiederholte kleine
Motive aus, andere machen aus der Wandfläche
eine bunte, holde Wirrnis vegetabilischer Fabel-
formen, die ein besonders starkes Gefühl von
Eingeschlossenheit, von Binnen-Stimmung er-
zeugt. Einige Tapetenmuster sehen die Mög-
lichkeit lebhafter Abgrenzung der architekto-
nischen Wandfelder vor, eine Maßnahme, die
die Wand in kleinere, klar faßliche Flächen
gliedert und daher bei Aufnahme des Raum-
eindruckes als sehr schätzbare „optische Hilfe"
wirkt. Außerdem wird dadurch das Stellen der
Möbelstücke sehr erleichtert, denn die Fläche,

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fürdiedesMöbels schmückende oder einteilende
Energie auszureichen hat, ist in diesem Falle
sowohl kleiner als auch leichter in ihrer gültigen
Grundform zu erfassen. So wird mit der Tapete
geradezu Architektur getrieben, wie auch in
jenem anderen Falle, in dem Kojen, Nischen,
Kaminecken etc. durch abweichende, formen-
reichere Tapezierung in ihrem architektonischen
Sonderwesen lebhaft und eindringlich charak-
terisiert werden. Unter den entwerfenden
Künstlern sind besonders Carl Witzmann, L.
H. Jungnickel, A. Nechansky, B. Löffler, Dag.
Peche mit Auszeichnung zu nennen. Auch J.
Wimmer, H. Dittrich u. a. haben gelungene
Leistungen ausgestellt. Die Probe ist damit ge-
macht. Österreichs Künstlerschaft hat den Be-
weis der Leistungsfähigkeit, an der wohl die
Kenner überhaupt keinen Grund zu zweifeln
hatten, erbracht. Als Nachweis für die künst-
lerischen Möglichkeiten der Tapete ist die
Ausstellung jedenfalls sehr verdienstlich, ihr
Nutzen für Industrie, Künstler und Privatleute
daher recht hoch anzuschlagen. — l. h.
 
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