Deutsche Maler.
ANSELM FEUERBACH.
»LANDSCHAFT MIT SCHLANGE«
Leibi noch in den siebziger Jahren für sich kei-
nen größeren Wunsch kannte, als den, niemals
wieder in Deutschland ein Bild ausstellen zu
müssen. Die Franzosen hatten in ihm zu-
gleich den neuen Holbein und den Fortsetzer
Courbets erkannt; vor diesem Grau des Klei-
des, in das die roten Fäden eines Halsschmuckes
andeutend eingebettet wurden, denkt man zu-
gleich an Degas, an die entzückenden beiden
kleinen Mädchen, die im Schutz eines Herrn
über den Concordienplatz tänzeln.
-x- * *
Die Malerei ist eine gefährliche Kunst. Sie
bringt dem Reifenden das Schicksal, alt zu wer-
den, während er fortzuschreiten glaubt. Nur
die ganz Großen haben jugendhafte Alterswerke
aufzuweisen; bei den meisten lähmt der er-
starkende Verstand die Unberührtheit der Emp-
findung. Dies gilt doppelt für die deutschen
Maler; die zu Ansehen gekommen, sich der
Neigung, neben dem Malen noch irgendein
solideres Geschäft, die Geschichtswissenschaft,
die Naturkunde, die Philosophie oder die My-
thologie zu betreiben, nur schwer enthalten
können. Die Beispiele Feuerbachs, Böcklins
und Menzels sind kein Zufall. Selbst Knaus
und, wovon wir schon sprachen, Werner haben
als Jugendliche ganz gefällig, harmlos und mit
Witterung zu malen gewußt. Später hat sie
dann irgendein Ehrgeiz gepackt, es den Ge-
schichtenerzählern oder den Bühnenregisseuren
gleich zu tun. Von Knaus gibt es bei Gurlitt
ein kleines Bildchen, das sich „Sehnsucht" be-
titelt. Es ist aber nur der gegen einen Felsen
gelehnte Akt einer Frau, die in der schlaff herab-
hängenden Rechten ein Leintuch hält und zu
deren Füßen sich ein dicker Bengel räkelt.
Dazu ein Stück Meer und ein großer Himmel.
Alles miniaturhaft gemalt und von edelsteiniger
Farbigkeit. Delacroix und Daubigny sind darin.
Man begreift nur schwer, wie der Maler später
so wirre Geschwätzigkeiten und so langweilige
Puppenbildnisse machen konnte. Die Ver-
knöcherung, der Anton v. Werner verfiel, ist
noch weit grotesker. Wer möchte es glauben,
daß er einmal den violetten Dunstton im Innern
eines aufgespannten Sonnenschirms, das Grün
des Schattens und die Beweglichkeit der Be-
IO
ANSELM FEUERBACH.
»LANDSCHAFT MIT SCHLANGE«
Leibi noch in den siebziger Jahren für sich kei-
nen größeren Wunsch kannte, als den, niemals
wieder in Deutschland ein Bild ausstellen zu
müssen. Die Franzosen hatten in ihm zu-
gleich den neuen Holbein und den Fortsetzer
Courbets erkannt; vor diesem Grau des Klei-
des, in das die roten Fäden eines Halsschmuckes
andeutend eingebettet wurden, denkt man zu-
gleich an Degas, an die entzückenden beiden
kleinen Mädchen, die im Schutz eines Herrn
über den Concordienplatz tänzeln.
-x- * *
Die Malerei ist eine gefährliche Kunst. Sie
bringt dem Reifenden das Schicksal, alt zu wer-
den, während er fortzuschreiten glaubt. Nur
die ganz Großen haben jugendhafte Alterswerke
aufzuweisen; bei den meisten lähmt der er-
starkende Verstand die Unberührtheit der Emp-
findung. Dies gilt doppelt für die deutschen
Maler; die zu Ansehen gekommen, sich der
Neigung, neben dem Malen noch irgendein
solideres Geschäft, die Geschichtswissenschaft,
die Naturkunde, die Philosophie oder die My-
thologie zu betreiben, nur schwer enthalten
können. Die Beispiele Feuerbachs, Böcklins
und Menzels sind kein Zufall. Selbst Knaus
und, wovon wir schon sprachen, Werner haben
als Jugendliche ganz gefällig, harmlos und mit
Witterung zu malen gewußt. Später hat sie
dann irgendein Ehrgeiz gepackt, es den Ge-
schichtenerzählern oder den Bühnenregisseuren
gleich zu tun. Von Knaus gibt es bei Gurlitt
ein kleines Bildchen, das sich „Sehnsucht" be-
titelt. Es ist aber nur der gegen einen Felsen
gelehnte Akt einer Frau, die in der schlaff herab-
hängenden Rechten ein Leintuch hält und zu
deren Füßen sich ein dicker Bengel räkelt.
Dazu ein Stück Meer und ein großer Himmel.
Alles miniaturhaft gemalt und von edelsteiniger
Farbigkeit. Delacroix und Daubigny sind darin.
Man begreift nur schwer, wie der Maler später
so wirre Geschwätzigkeiten und so langweilige
Puppenbildnisse machen konnte. Die Ver-
knöcherung, der Anton v. Werner verfiel, ist
noch weit grotesker. Wer möchte es glauben,
daß er einmal den violetten Dunstton im Innern
eines aufgespannten Sonnenschirms, das Grün
des Schattens und die Beweglichkeit der Be-
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