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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Breuer, Robert: Deutsche Maler: zu der Ausstellung bei Fritz Gurlitt, Berlin, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0028

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Deutsche Maler.

ADOLF VON MENZEL.

ZEICHNUNG »WÄRTERIN MIT KIND«

GENEHM. PHOTOGRAPH. UNION—MÜNCHEN.

wegung gesehen hat. Auch Menzel ist dem
deutschen Schicksal nicht entgangen; der be-
rühmte Historienmaler hätte einen Kakadu, wie
er hier zu sehen ist, eine Hieroglyphe in rosa,
eine Schaukelei aus Gekreisch und Anmut, nie
wieder zu gestalten vermocht. Seine Preisbilder
knüpfen an die Befangenheit seiner Lehrlings-
zeit; vor dem bei Gurlitt hängenden Bild „Die
Feinde kommen", das ganz thematisch und ge-
stellt wirkt, denkt man unwillkürlich an den
Menzel der „Tafelrunde". Die kleine „Feuers-
brunst" aber, aufwallend in Dampf und durch-
flackertem Dunst, scheint von einem ganz andern
Menschen zu stammen. Er hat sie als ein
38 jähriger gemacht.

Es gibt einen naiven Feuerbach. Er ist der
uns angenehmere und wird auch der länger
lebende sein. Es kann heute kaum noch be-
zweifelt werden, daß wir unsere Ansicht über
Feuerbach werden nachprüfen müssen. Die
Aureole des Idealismus, die diesen großen
Dulder verklärt, wird uns nicht abhalten können,
den Nachkömmling einer geistig übersteigerten

Professorenfamilie zu sehen. Anselm hat schon
als Kind in dem luftleeren Raum der hellenischen
Bildung geatmet. Die unverwüstlichen Maler
sind meist in derberer Umgebung groß ge-
worden. Weder Rembrandt noch Manet, weder
die alten Holländer noch die jungen Franzosen
haben einen klassischen Stammbaum. Der junge
Feuerbach war von vornherein gefährdet; es
kann nicht gut sein, wenn ein junger Maler den
Trieb fühlt, sich zurückzuflüchten zu den alten
Göttern, weil er die gegenwärtige Welt nüchtern
und hohl empfindet. Der wahre Maler kennt
nur die Gegenwart, denn nur die vermag er zu
sehen und mit den Sinnen zu erfühlen. Das
antike Ideal ist immer blutleer; die wahre Antike
war blutigste Gegenwart. In der Kunst Feuer-
bachs ist viel Epigonenhaftes; sein Menschen-
tum ist bedeutender, als seine Kunst. Den
umfangreichen Briefwechsel hat er mit den In-
tellektuellen der ihm vorangegangenen senti-
mentalen Zeiten gemeinsam; durch ihn be-
kommt er auch gewisse Beziehungen zu dem
Holländer van Gogh, der, wie wir vielleicht

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