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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Corwegh, Robert: Professor Albin Egger-Lienz
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0040

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Professor Albin Egger-Lienz.

PROFESSOR A. EGGER-LIENZ.

»VORFRÜHLING IN TIROL«

Heimatgefühl hatte ihm die Augen für seine
Umgebung geöffnet. In diesen Menschen, un-
verdorben und dem Mutterboden noch nicht
entfremdet, fand er seine Form, Menschheits-
werte zu verkünden. Aus inneren Gründen
mußte Egger-Lienz zum monumentalen Künst-
ler sich entwickeln; denn monumentale Kunst
hat ihren Ursprungsgrund ganz in sich. Freilich
liegt seine Entwicklung nicht gleich von Anfang
vollendet vor; aber heute, wo der Künstler
seinen Weg gegangen ist, wo er auf der Höhe
des Lebens und Schaffens steht, erkennen wir,
daß er ein notwendiger war.

„Gelangt die Kunst durch Nachahmung der
Natur, durch Bemühung, sich eine allgemeine
Sprache zu machen, durch genaues und tiefes
Studium der Gegenstände endlich dahin, daß
sie die Eigenschaften der Dinge, und die Art,
wie sie bestehen, genau und immer genauer
kennen lernt, daß sie die Reihe der Gestalten
übersieht, und die verschiedenen charakte-

ristischen Formen nebeneinander zu stellen und
nachzuahmen weiß: dann wird der Stil, der
höchste Grad, wohin sie gelangen kann, der
Grad, wo sie sich den höchsten menschlichen
Bemühungen gleichstellen darf." (Goethe.)

In diesem Sinne verläuft die Entwicklung
von Eggers Kunst, so ward er stilvoll, und
sein Stil monumental.

Man vergleiche das Stürmen auf den Werken
„Das Kreuz" und „Haspinger Anno Neun".
Dort wird noch in jeder Gestalt das Charakte-
ristische gesucht, und obgleich viel mehr Per-
sonen gegen uns vordringen, fühlen wir nicht
den Zwang, zurücktreten, ausweichen oder
gegenstürmen zu müssen, wie bei Haspinger.
Hier versteht sich das Charakteristische von
selbst, und die Tiroler werden zu Repräsen-
tanten jeder bedrohten Menschheit, die mit
letzter Verzweiflung anrennt.

Als Zwischenglied zwischen diese beiden
Werke fügt sich „Nach dem Friedensschluß in

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