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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Lüthgen, Eugen: Das Kunstgewerbe und der Krieg
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0072

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Das Kunstgewerbe und der Krieg.

ENTWURF: EDUARD PFEIFFER BERLIN.

den Deutschen Handel aus den überseeischen
Ländern zeitweise verdrängen und an sich rei-
ßen, so vermag Deutschland doch eine niever-
sagende Gegenmaßregel zu ergreifen: Die Er-
höhung des industriellen und handwerklichen
Wertes, die Steigerung der Güte der Ausfuhr-
erzeugnisse. Seit langem sah das Ausland mit
Sorge, daß in diesem Wettkampf Deutschland
kaum zu besiegen war. Frankreich machte ver-
gebliche Versuche, seinem Kunstgewerbe die
alte Vormachtstellung zurückzuerobern. Die
auf zukünftigen Erfolg gerichtete zielsichere Ar-
beit Deutschlands wird aber nach dem Kriege
reiche Früchte tragen.

Nur muß der deutsche Wille, der jetzt mit
zähem Ungestüm alles Fremde ausstieß, sich
hartnäckig den Formen und dem Geist der bis-
herigen Entwicklung einfügen. Und, es ist wie
ein Zufall seltsamen Glückes, die Entwicklung,
die das deutsche Kunstgewerbe genommen
hat, entspricht in allem dem Wesen unserer
Zeit. Die Formen des entwicklungstärksten
Zweiges des deutschen Kunstgewerbes sind
einfach, streng, herb. Ihre Schlichtheit zielt auf
Zweckmäßigkeit. Form und Herstellungsart
wächsthervorausdenb esonderen Eigenschaften

»STICKEREI AUF DER SOFA-RUCKWAND«

des Stoffes. Und, daß die Anmut der Form, der
künstlerische Reiz der Maßverhältnisse, die Ein-
heit der Farbstimmung nicht fehlt, ist vielfältig
bewiesen. — Schon jetzt muß vorgearbeitet
werden, um aus dem Zusammenwirken aller
dieser Kräfte für die Zukunft eine volkswirt-
schaftlich beherrschende Stellung auf dem Welt-
markt zu erringen. Jeder Einzelne muß mit-
wirken. Wenn jede unbegründete Nachahmung
der fremden Formen, die keinerlei künstlerische
Ausdruckskraft besitzen, aufhört, ist der Kampf
schon halb gewonnen. Wenn Handwerk und
Industrie in den vorgezeichneten Bahnen zu-
sammen mit dem Künstler gehn, wird die
deutsche Form auf solcher Breite der Grund-
lage sich aufbauen, daß im weitesten Sinne des
Wortes ein deutscher Stil entstehen kann. Wie
die Erfahrung lehrt, trägt jeder große, in der
Eigenart eines Volkes wurzelnde Stil in sich
eine unbesiegbare Kraft der Ausstrahlung, g. e. l.
£

Wir werden nicht mehr von Richtungen sprechen,
nicht mehr von moderner und nicht mehr von
historischen Richtungen, sondern wir werden allein
feststellen, ob eine Arbeit Gehalt hat, oder ob sie ein
Werk der Routine, des Zusammentragens aus anderen
Leistungen ist............. Mutherius.


 
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