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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Kaiser, Hans: Professor Otto Hammel, Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0127

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PROFESSOR OTTO HAMMEL.

GEMÄLDE »PIAZETTA VENEDIG«

PROFESSOR OTTO HAMMEL-HANNOVER.

Als Otto Hammel letzthin als Fünfzigjähriger
1\. seinen Wagen zumLauf nach neuen Sternen
schirrte, — es geschah dies in einem emsig und
rasend genütztem Urlaubsjahre — konnte kein
Mensch sagen, welches Ergebnis die Fahrt haben
würde. Heute wissen wir es im Dual. Dieses
Doppelte enthält zwei ewige Strebungen, die
auch für unsere Zeit charakteristisch sind, sich
aber selten, ja fast nie in einer Brust vereinigt
finden: Gebundenheit und Auflösung, Monu-
mentalität und Impressionismus.

Den Wiedergaben einiger Gemälde Otto
Hammels folgend, sei hier im wesentlichen das
Impressionistische unter den Arbeiten des
Künstlers hervorgehoben. Bei der „Kathedrale
in Nordfrankreich", mit der farbensprühenden
köstlichen Auflösung einer monumentalen Ar-
chitektur in Luft und Licht des dunstigen Son-
nenmorgens, fühlt man sich im Kreise der fran-
zösischen Impressionisten. Müßig ist es, hier
Unterschiede zu betonen, die in der Koloristik
und im Temperament des Vortrages so offen-
kundig die Freiheit des Hannoverschen Malers
bezeugen; die selbständige Schulung an den
Meistern Frankreichs des neunzehnten Jahr-

XVIII. Mai 1915. 4

hunderts ist ja geradezu stets wiederkehrendes
Merkmal bei den besten Deutschen seit Menzel.
— Schon die „ Piazetta Venedigs "läßt wiederum
eine nicht nur durch den Gegenstand bedingte
leichte Veränderung in der Malweise erkennen.
Der Vortrag wird saftiger und schwerer und die
mehr irdische Pracht der italienischen Macht-
entfaltung trägt auch im Gemälde noch einen
massiveren strotzenden Reichtum. Neben sol-
chen Landschaften schuf 0. Hammel in den
letzten Jahren vor allem eine große Reihe figür-
licher Szenen, die teilweise auf Studien und
Sommerfahrten an der See in Holland entstan-
den: Köpfe und ausgezeichnete Akte, die mit
einer verblüffenden Sicherheit und Kraft breit
und flott hingestrichen sind. Die Palette wech-
selt stets und zeigt oft neben lachend frohen
Klängen melancholische, verinnerlichte Töne.
Wenn man neben der schon erwähnten charak-
teristischen Arabeske der Handschrift das Ge-
meinsame in der großen Zahl der Arbeiten
herauszuschälen sucht, so scheint mir das
willensstarke, unbekümmerte Anpacken und
schlagkräftige Hervorheben der Eindrücke ein
besonderes Merkmal dieser Gemälde zu sein.
 
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