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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Georgi, Walter: Die für uns kämpfen...
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0129

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Die für uns kämpfen

PROFESSOR OTTO HAMMEL—HANNOVER.

PASTELLSKIZZE »KARNEVALSZENE«

offenbart. Dort draußen auf den Schlachtfeldern
kämpft das ganze Volk um die Grundlagen einer
neuen Entwicklung; hier aber glüht derEinzelne
nicht minder wie dort die Gesamtheit bewußt
oder unbewußt für ein Ziel, das als eine Stufe
der inneren und nicht sehender äußeren Befrei-
ung des Volkes zum höchsten Fortschritt führt.

Jeder gibt sein Bestes, der begeisterte Krie-
ger wie der aufrichtige Künstler, und beider
Erfolg ist unvergänglicher Wert, selbst wenn
Schwierigkeiten nicht jeden letzten Wunsch
zur Erfüllung bringen. Der Krieger zieht hinaus
als Werkzeug einer unsichtbaren Gewalt, die
sein Geschick lenkt und es der Gesamtheit
unterordnet. Ohne Klarheit derletztenUrsache,
weiß er sich eins mit einer Idee, die dieser
Ursache entspringt. Er nennt sie Vaterland.

Fraget einen Künstler, der um der Kunst
willen darbt, ringt, leidet, siegt und jubelt,
nach dem letzten Grunde seines Schaffens, auch
er wird die Antwort schuldig bleiben. Aber
auch er wird einen Glauben durchsetzen
wollen, ebenso wie der Kriegsmann: seinen

Glauben, der ihm nicht minder hehr ist, als
jenem der umfassende Begriff des Vaterlandes.

Diese zwingende Not, für eine Idee zu kämp-
fen, bis zu deren Wurzel sie nicht vorzudringen
vermögen, deren Wesen und Wirken sie nur
ahnen und die ihre Arbeit nährt und fruchtbar
macht, eint und heiligt beide. Ohne jene
Idee sind sie beide undenkbar, wäre ihr Tun
frivol und leer. Aber im Zeichen dieser Ideen
kämpfen sie, und jedem steht ein Überwinden,
das mit Vernichten gepaart ist, bevor. Ohne
Tod und Ruinen winkt kein Sieg der Schlach-
ten, ohne Selbstüberwindung keine Erhöhung
zum Künstlerisch-Vollkommenen.

Man sagt, ihre Dankbarkeit am Ziele kennt
keine Grenzen und ein Erschauern vor der
Größe des Erreichten läßt manches Auge feucht
werden. Ist es dann nicht, als ob ein Ahnen
von einem kosmischen Geschehen durch ihre
Seele rinnt, daß sie fühlen, daß sie nur das
Mittel eines rätselhaften Wirkens sind, daß ihr
Leben und Schaffen ein Geheimnis und ihre
Tat nur ein winziges Teil seiner Lösung ist!

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