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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Lübbecke, Friedrich: Ein Neuer Bau von Hugo Eberhardt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0133

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PROF. HUGO EBERHARDT— OFFENBACH.

LANDHAUS PROF. DR. W. »SUDSEITE«

EIN NEUER BAU VON HUGO EBERHARDT.

Manchmal will es scheinen, als ob der Er-
wähnung und Belobung moderner Bauten
reichlich genug getan würde. Wir kommen
allgemach dazu, wenigstens im Wohnbau Dinge
zu schaffen, die sich dem historisch Bewährten
an die Seite stellen lassen, daß man sich den
ständigen Hinweis auf die früheren Geschlech-
tern selbstverständliche Leistung ersparen zu
dürfen glaubt. Aber schon der Vergleich zwi-
schen Möbeln aus den 80 er und 90 er Jahren,
wie sie auch heute noch in manchen neuer-
bauten Häusern stehen, mit dem Neugeschaffe-
nen spornt zu erneuter Bemühung an. Wir
müssen dazu kommen, daß man Stücke mangel-
hafter und unredlich-künstlerischer oder nur
handwerklicher Gesinnung in seiner Umgebung
genau so meidet, wie sonstige Taten verwandter
Sinnesart. Der Weg dazu ist weniger ein Er-
gebnis ästhetischer als moralischer Erziehung
und darum schlechthin von grundlegender Be-
deutung für die fernere Entwicklung unseres
Volkes. Auf die Gefahr hin, in dieser Zeit miß-

verstanden zu werden, muß doch auch jetzt
betont werden, daß ein sehr großer Teil der
englischen Kolonisationserfolge auf der selbst-
sicheren, besser selbstverständlichen Art be-
ruht, mit der der Engländer überall in der Welt
seinen Lebensstil in Wohnung, Tracht und
Lebensgewohnheiten zur Anwendung und da-
mit zur Geltung bringt. Diese Art ist weder
aufdringlich noch bescheiden, sie ist „artig" im
mittelhochdeutschen Sinne des Wortes.

Das gleiche läßt sich von Hugo Eberhardts
neuem Bau in Wiesbaden, dem Hause W., sagen.
Hoch über dem Talkessel Wiesbadens, zur
Linken des Neroberges, klettert das mit schönen
alten Bäumen bestandene Baugelände ziemlich
schräg bergan; teilweise schon vorhandene Ter-
rassen gewinnen der Steigung ebene Flächen
ab; von oben her schweift der Blick frei nach
allen Seiten, bis hinüber über die Berge, die
jenseits des Kessels Wiesbaden umschließen.
Nur schmale, tief eingeschnittene Zufahrts-
straßen nähern sich dem Grundstück, ohne es

XVIII. Mai 1915. 3

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