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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Behne, Adolf: Kunst und Biographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0374

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Kunst und Biographie.

C. STAHL-URACH
BERLIN.

LANDHAUS JOLITZ
FRISIERTISCH IM
SCHLAFZIMMER

von Berlichingens „Lebensgeschichte", Kügel-
gens „Erinnerungen eines alten Mannes", Lud-
wig Richters „Lebenslauf eines deutschen Ma-
lers" und andere Lebensdokumente ästhetisch
so anziehend macht. Ja, selbst eine Darstellung
aus nicht-unmittelbarer Quelle, eine schlichte
Wiedererzählung kann von größtem Reiz sein,
wenn sie nur erfüllt ist von wahrhafter Teil-
nahme und für die Kraft des Lebens den knappen
und aufrichtigen Ausdruck zu finden weiß.

Die Biographie Constables, die im letzten
Jahre erschien, läßt die Rolle, die das Lebendig-
Organische heimlich im Ästhetischen spielt, be-
sonders deutlich erkennen. Die Art und Weise,
wie sie zustande gekommen ist, erscheint als
im höchsten Grade unkünstlerisch, kompila-
torisch, zufällig. Das Buch setzt sich aus Briefen,

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Tagebuchblättern, Aphorismen und Vorträgen
zusammen, die Constables Freund C. R. Leslie
aneinandergereiht und chronologisch geordnet
hat. Aber die Kraft des Wahren, der Rhythmus
natürlichen Geschehens und die Harmonie des
faktischen Lebens sind so groß, daß der Ein-
druck des Buches stark und einheitlich ist. Bei
einem anderen hätte vielleicht dasselbe Ex-
periment einen Mißerfolg gehabt, sicherlich
bei jeder problematischen Natur.

Davon ist nun allerdings Constable das Gegen-
teil. Er erscheint als der Engländer mit allen
seinen Vorzügen, ohne seine Schattenseiten,
ruhig, phrasenlos, einfach und selbstbewußt.
Sein Wesen bleibt sich stets gleich und steckt
also in allem, was er schreibt und sagt und
malt. Deshalb sind die Lücken in seinen Briefen,
 
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