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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Bombe, Walter: Französische Bilderstürmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0405

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Französische Bilderstürmer.

wurde auf Antrag des Malers Courbet am 16.
Mai 1871 umgestürzt. Nach der Niederlage
der Kommune erhielt Courbet als Anstifter der
Zerstörung eine Gefängnisstrafe von sechs Mo-
naten, und als er 1875 auch noch zum Ersatz
der Kosten für die Wiederaufrichtung des
Nationaldenkmals — über 300 000 Franken —
verurteilt wurde, entfloh er nach der Schweiz,
wo er 1877 starb. Auch die Kunstschätze des
Louvre schwebten damals in ernster Gefahr.
Die Venus von Milo wurde heimlich in einer
großen Kiste in den Keller der Polizeipräfektur
gebracht. Einer der Kommunards machte allen
Ernstes den Vorschlag, die Schätze des Cluny-
Museums zu Gunsten der Nation zu veräußern.
Da alle Denkmäler nach dem wahnwitzigen
Programm der Kommune der Vernichtung an-
heimfallen sollten, so wurde auch der Antrag
gestellt, die Kirche Notre-Dame zu zerstören.

In einer kulturhistorischen Studie des Ungarn
Julius von Vegh (Bilderstürmer, Straßburg,
Heitz 1915) kann nachgelesen werden, wie die
Mordbrenner zu Werke gingen. „Feuer überall"
war die Parole. Man verteilte mit systemati-
scher Gewissenhaftigkeit Steinöl- und Pulver-
fässer in öffentlichen Gebäuden und Privat-
häusern ; ganze Stadtteile waren dem Unter-

gang geweiht. Auf ein Trompetensignal warfen
am 24. Mai 1871 die Soldaten der Kommune
unter General Eudes die Brandfackel gleich-
zeitig in die Feuerherde. Das Löschen war
streng verboten. Wenn nicht im letzten Augen-
blick die Regierungstruppen aus Versailles ein-
gerückt wären, so hätte das Louvremuseum
nicht mehr gerettet werden können. Unter-
dessen feierten die Häupter des Aufruhrs auf
einer Terrasse des Ministeriums den Sieg der
Revolution. Als nach Mitternacht die Kuppel
des Marschallsaales der Tuilerien einstürzte
und die Pulverlager explodierten, wurde ein
Hoch auf die Brandstifter ausgebracht.

Wenn diese mordbrennerische Absicht des
Generals Bergeret auch nicht in vollem Um-
fange verwirklicht wurde, so kann doch ohne
Übertreibung gesagt werden, daß niemals ein
Volk in der Selbstvernichtung so weit gegangen
ist, wie die Franzosen im Bilderstürmertaumel
jener fürchterlichen Pariser Maitage von 1871,
und es ist eine Ironie der Geschichte, daß ge-
rade die Nachkommen jener Mordbrenner und
Zerstörer unser Volk, das wohl mit mehr Auf-
richtigkeit als unsere Feinde den Untergang
unersetzlicher Kunstdenkmäler beklagt, der
Barbarei zeihen dürfen......walter bombe.
 
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