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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 36.1915

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Breuer, Robert: Max Slevogt, Berlin: zur III. Ausstellung deutscher Meister bei Fritz Gurlitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8676#0426

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Max Slevogt-Berlin.

PROF. MAX SLEVOGT—BERLIN.

des Begriffes: optische Novellistik. Sie ist das
selbst, wenn sie sich scheinbar damit begnügt,
ein menschliches Bildnis zu gestalten. Gerade
die Bildnisse Slevogts zeigen, was ihn von Lie-
bermann trennt: der expressionistische Drang,
das Temperament der psychologischen Ent-
hüllung, an der er den Raum, die Luft, die
Kleidung, die Bewegung des Körpers und die
Mimik des Gesichtes gleichmäßig teilnehmen
läßt. Zuweilen (so etwa bei dem Kinderbildnis,
das er erst in diesem Jahre fertigstellte) hat
man sogar den Eindruck, als ob ein Bukett
solcher Nebenreize für Slevogt zum Haupt-
thema des Bildes würde. Ähnliche Beob-
achtungen lassen sich an den meisten Bildnis-
malereien Slevogts machen; sie haben einen
unzähmbaren Trieb zur Bewegung, zur Drama-
tik, zur dekorativen Erregung, zur interessanten
Episode vom koketten Einfall bis zur monu-
mentalen Bravour. Während Liebermann die
Menschen, die er porträtiert, eher ein wenig
zurückdrängt und um einige Individualität der

GEMÄLDE »HENGST« VERLAG B. CASS1RER.

Oberfläche absichtsvoll beraubt, sucht Slevogt
solch buntes Nebenbei zu steigern. Lieber-
mann gibt den Querschnitt einer Persönlichkeit,
eine Konstante der im Licht und Laune, Um-
welt und Wollen vielfältig wechselnden Er-
scheinung. Slevogt bevorzugt die Augenblicke,
da ein launiger Zufall den Vorhang hebt und
das Modell in einem verführerischen Linienfluß
oder als einen besonders starken, farbigen
Kontrast sehen läßt. Zuweilen wählt er auch
die Höhenpunkte der Kurven, in denen das
Leben der von ihm beobachteten Akteure
schwingt. Bei allen Bildnissen Slevogts hat
man ein wenig den Eindruck, als zeigte er uns
ein Bühnenbild, eine Soloszene. Man hätte
Lust unter diese Bildnisse irgend ein anekdo-
tisches Kennwort zu setzen: der Kunsthistoriker
raucht bajuwarisch (Karl Voll), der Sammler
verzückt sich (Eduard Fuchs), der Bankdirektor
regiert die Welt (Bernhard Dernburg). Es ist
kein Zufall, daß zu den weitaus besten Men-
schendarstellungen Slevogts das Bild der Tän-

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